Anwälte zweifeln

Aliyev-Tod: Kein Hinweis auf Fremdverschulden

Österreich
25.02.2015 17:58
Nach dem Ableben des kasachischen Ex-Botschafters Rakhat Aliyev, der am Dienstag erhängt in seiner Zelle in der Justizanstalt Josefstadt aufgefunden wurde, deutet alles auf Selbstmord hin. "Aufgrund des vorläufigen Obduktionsergebnisses gibt es keinen Hinweis auf Fremdverschulden", erklärte Gerhard Jarosch, stellvertretender Leiter der Staatsanwaltschaft Wien, am Mittwoch. Aliyevs Anwälte sehen das aber anders und fordern eine Überprüfung des Obduktionsergebnisses.

Der Tote wurde vom erfahrenen Gerichtsmediziner Daniele Risser obduziert, der bei der Leichenbeschau keine Anzeichen für eine äußere Gewalteinwirkung fand. Aliyevs Anwälte Rechtsanwälte Manfred und Klaus Ainedter sehen bei Risser allerdings einen möglichen Anschein von Befangenheit gegeben.

Anwälte fordern erneute Obduktion
Dieser wäre im Doppelmord-Prozess gegen Aliyev, der die Entführung und Ermordung zweier kasachischer Banker bewerkstelligt haben soll und der sich deswegen nach Ostern vor einem Schwurgericht zu verantworten gehabt hätte, als Gutachter und damit als "Belastungszeuge gegen Aliyev" aufgetreten. Die beiden Anwälte fordern daher eine Überprüfung der Obduktion "durch einen internationalen Sachverständigen."

Für Manfred Ainedter ist es schlicht nicht vorstellbar, dass Aliyev seinem Leben ein Ende gesetzt haben soll: "Er hat sich gerade neue Brillen bestellt gehabt. Am Dienstag hatte er noch einen Friseurtermin. Und da soll er sich umbringen?"

Toxikologisches Gutachten steht noch aus
Offen ist noch das Ergebnis eines toxikologischen Gutachtens, das grundsätzlich fixer Bestandteil justizieller Obduktionsgutachten ist. Mit der Untersuchung des Blutes wäre nachweisbar, ob Aliyev neben den Medikamenten gegen seine Herzerkrankung, die er in der Justizanstalt verschrieben bekommen hatte, zum Zeitpunkt seines Ablebens sonstige giftige Substanzen in sich hatte.

Das Ergebnis der toxikologischen Untersuchung soll "in einigen Tagen" vorliegen, meinte Jarosch. Die endgültige Todesursache wird wohl erst aus dem schriftlichen Obduktionsgutachten hervorgehen, wobei Jarosch davon ausgeht, dass das Wiener Department für Gerichtsmedizin den Fall Aliyev "vorrangig" behandeln wird.

Kein Hinweis auf angebliches Tagebuch
Aus der Untersuchung der Zelle durch die Tatortgruppe des Wiener Landeskriminalamts sowie der Auswertung der Videobänder in der Justizanstalt hätten sich ebenfalls keine Anzeichen ergeben, dass Aliyev von fremder Hand zu Tode gebracht worden wäre, so Jarosch.

Keinen Hinweis gibt es vorerst auf ein Tagebuch, das Aliyev in seiner Zelle geführt haben soll. Den Angaben eines Chefinspektors der Polizei zufolge, der rund um eine angebliche Erpressung des ehemaligen kasachischen Botschafters in Wien ermittelt hatte, soll dieser darin ihm im Gefängnis widerfahrene Einschüchterungen festgehalten haben. "Von einem Tagebuch wissen wir nichts", sagte Jarosch. Das habe für die Klärung der Todesursache aber auch nicht erste Priorität.

Pigl: "Für mich war es eindeutig Selbstmord"
Die Leiterin der Justizanstalt Josefsstadt, Helene Pigl, sieht sich in den jüngsten Obduktionsergebnissen bestätigt. "Für mich war es eindeutig Selbstmord", sagte Pigl am Dienstag unter Hinweis auf sogenannte Türstandsanzeigen. Diese Technik registriere jegliche Bewegungen des Zelleneingangs.

Demnach habe sich die Tür zur Einzelzelle Aliyevs zuletzt am Montag um etwa 17.30 Uhr geschlossen. Der Ex-Diplomat sei dann beim nächsten Öffnen Dienstag früh um 7.20 Uhr in seiner Zelle mit Mullbinden auf einem Kleiderbügel erhängt aufgefunden worden, erklärte Pigl weiter. Es sei also "eindeutig, dass er in dieser Zeit alleine war".

Wer hat Aliyev zuletzt besucht?
Unterdessen nahm sich Mittwochmittag das Wiener Landeskriminalamt das "Häftlingsbuch" in der JA Josefstadt vor. Dort werden sämtliche Besuche, die ein Häftling erhält - egal, ob von Verwandten, Freunden, Anwälten oder Sozialarbeitern - festgehalten. Die Kriminalisten wollen klären, welche Besucher Aliyev zuletzt empfangen hatte. Diese sollen dann als Zeugen zu allfälligen Wahrnehmungen über suizidale Tendenzen beim 52-Jährigen oder ein mögliches Bedrohungsszenario vernommen werden, das Aliyev zur Sprache gebracht haben könnte.

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