"Fühl mich schuldig"

“Ehrenmord” in Villach: 15 Jahre Haft für Türken

Kärnten
07.07.2010 17:26
"Ich bin schuldig", sagt Emrah K. "Ich habe ihn getötet." So viel steht zu Beginn des Prozesses in Klagenfurt fest – schwieriger wird es, wenn es um die rechtliche Beurteilung der Bluttat geht. "Es war Totschlag", so der Anwalt, doch die Geschwornen sehen das anders: 15 Jahre Haft wegen Mordes (nicht rechtskräftig)!

Das Opfer war mit der Schwester des Angeklagten verheiratet. Und es dürfte keine glückliche Ehe gewesen sein. "Er hat sie geschlagen und ständig bedroht", erzählt K. und zittert heute noch vor Wut darüber, wie der Tote seine Familie behandelt haben soll.

Es ging um die Ehre
Die betroffene Witwe verweigert überhaupt die Aussage. "Mein Mandant ist ein Alevite", erklärt Verteidiger Hans Gradischnig. "Dieser Volksgruppe geht die Familie über alles. Vor allem die Mutter. Und als Mann fühlte er sich verpflichtet, die Frauen zu verteidigen. Es ging um die Ehre. Für uns scheint es unbegreiflich, es entspricht aber seiner Mentalität ganz klar." "Das rechtfertigt aber keineswegs, jemand anderen zu töten", widerspricht Staatsanwältin Doris Kügler. "Und auch das Verhalten des Opfers kann keine Entschuldigung für einen Mord sein."

Der Schwager war in einer Novembernacht in das Kebablokal des Angeklagten mitten in der Villacher Altstadt gekommen und hatte einen Streit provoziert. "Er war aufbrausend", berichtet eine Zeugin. "Ich hatte Angst vor ihm." "So wie ich auch", nickt der 29-jährige Türke, der deshalb nach einem Küchenmesser gegriffen hatte. 25 Zentimeter lang. Scharf genug, um tödlich zu sein. "Ich habe es so in der Hand versteckt gehalten", demonstriert er unbeholfen.

Mir 14 Messerstichen getötet
Er ist zwar geständig, aber Details will er keine preisgeben. Da verwickelt er sich ständig in Widersprüche. Zur Wahrheitsfindung trägt das wenig bei – denn die Geschwornen müssen schließlich entscheiden, ob der Kebabunternehmer den verhassten Schwager ermordet oder im Affekt erstochen hat. Der Gerichtsmediziner zählte 14 Messerstiche. Tödlich war letztlich der Hieb in die Halsschlagader.

Das Opfer, das sich noch auf die Straße geschleppt hatte, starb Tage später. "Ich wollte das nicht", beteuert der Angeklagte. Die Laienrichter glauben ihm nicht: 15 Jahre Haft wegen Mordes (nicht rechtskräftig).

von Kerstin Wassermann, "Kärntner Krone"

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