"Rückschritt"

Schmied weist ÖVP-Schulmodell zurück

Österreich
04.11.2007 10:37
Im Schulstreit zwischen SPÖ und ÖVP ist vorerst kein Ende in Sicht. Nachdem Freitagabend das Modell von VP-Chefverhandler Johannes Hahn die Öffentlichkeit erblickte, holte Unterrichtsministerin Claudia Schmied am Samstag zum Gegenschlag aus. Das Papier der Volkspartei gehe "bildungspolitisch 50 Jahre in die Vergangenheit zurück", ärgerte sich die Ressortchefin. Hahn sprach in seiner Entgegnung von "Theaterdonner". Verhandlungsbereitschaft signalisierten trotz der unfreundlichen Töne aber beide Seiten.

Schmied erzürnt besonders, dass es nach VP-Vorstellungen jährlich zu einer Abstimmung an den Schulen käme, wo zwei Drittel der Lehrer, Eltern und Schüler vor Ort einer Fortsetzung des Schulversuchs zustimmen müssten. Falsch, sagt dazu Hahn. Wenn - wie von der ÖVP gewünscht - an den Schulstandorten auch die Regelschulen, also AHS und Hauptschule, angeboten würden, bräuchte es selbstverständlich keine jährliche Verlängerung. Dann könne man die Versuche zur gemeinsamen Schule ruhig auch vier oder acht Jahre laufen lassen.

Ein weiterer Kritikpunkt Schmieds betrifft ein verstärktes Mitspracherecht des Finanzministers bei den Testversuchen. Auch hier komme Hahn mit der Kritik der Ministerin nicht mit. Denn es sei ja wohl klar, dass der Finanzminister mitreden wolle, wenn es um außerbudgetäre Maßnahmen gehe. Dass er bildungspolitisch mitzubestimmen habe, sei ja von der ÖVP nicht gefordert worden.

Schmied: "Ausweitung des parteipolitischen Einflusses"
Unterschiedlich interpretiert wird auch jener Passus des ÖVP-Modells, wonach die Schulversuche von einer Evaluierungskommission unter Einbeziehung unter anderem der Lehrer und der Ministerien bewertet werden müssten. Für Hahn ist es logisch, dass ein Versuch auch bewertet werden müsse. Schmied wiederum vermutet durch die Zusammensetzung des Gremiums eine "Ausweitung des parteipolitischen Einflusses in den Schulen".

Neben all den kleinen Zwistigkeiten sieht Hahn als Knackpunkt der Verhandlungen, ob Schmied eine Vielfalt an Versuchen zulassen wolle oder nur ein von ihr auserwähltes Modell dekretieren wolle. Da werde die ÖVP sicher nicht mitmachen, umso mehr als man das Konzept der Unterrichtsministerin in Wahrheit ja bis heute nicht kenne.

Bei den Schulversuchen an sich sollen die Vorschläge nach Idee der Volkspartei ja gar nicht von Schmied kommen, sondern von den Landesschulräten. Freilich müssten die dann auch noch von der Unterrichtsministerin genehmigt werden. Wenn sich Schmied über dieses Modell beschwere, müsste er sich wundern, so Hahn. Sie werde doch wohl von ihrem eigenen Konzept so überzeugt sein, dass sie einen Landesschulrat finde, der das dann auch für sein Bundesland übernehme.

Beide Seiten verhandlungsbereit
Verhandlungsbereitschaft demonstrierten trotz aller Streitereien beide Seiten. Schmied betonte, dass die Gespräche aber auf Basis jenes Papiers stattfinden müssten, das sie zuletzt dem Koalitionspartner übermittelt habe und das von diesem auch positiv angenommen worden sei. Hahn meinte, es lägen nun zwei Konzepte am Tisch und man müsse jetzt eben die Gemeinsamkeiten herausfiltern. Zur Einigung bleibt den beiden freilich nicht mehr viel Zeit. Am Mittwoch soll die Gesetzesvorlage durch den Ministerrat, sollen die Versuche schon im Herbst 2008 starten.

Einer, von dem man es nicht unbedingt erwartet hätte, geht davon aus, dass es sich mit dem Zeitplan ausgehen könnte. VP-Bildungssprecher Fritz Neugebauer meinte am Samstag, für Länder mit ausgereiften Plänen werde es sogar möglich sein, die Versuche bereits im kommenden Schuljahr zu starten. Die anderen würden noch mehr Zeit brauchen, meint der Gewerkschafter.

Opposition kritisiert Regierungsscharmützel
Kritik am Verhalten der Koalition in der Sache kam von der Opposition. Es sei eine "ungeheuerliche Frechheit", ausgerechnet auf dem Rücken der Kinder parteitaktische Spielchen auszutragen, meinte FP-Generalsekretär Herbert Kickl. Sein BZÖ-Pendant Gerald Grosz befand, dass sich kein Volksschüler jemals so kindisch verhalten würde wie die beiden zuständigen Fachminister.

Kritik bloß an der ÖVP kam vom Grünen Bildungssprecher Dieter Brosz: "Außer Schikane und Blockade fällt der ÖVP zur Schule überhaupt nichts mehr ein." Im Wesentlichen einig ist er hier mit dem Vorsitzenden der Schmiedschen Expertengruppe, dem früheren ÖVP-Politiker Bernd Schilcher, der die Ministerin anhielt, keinesfalls auf den Vorschlag der Volkspartei einzugehen. Damit fing er sich heftige Kritik der AHS-Lehrergewerkschaftschefin Eva Scholik ein, die Schilcher den Ruhestand empfahl.

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