Ring frei!

Nikon D80 vs. Canon EOS 400D

Elektronik
18.03.2007 14:35
Mit „Willkommen am Spielplatz“ begrüßt Canon neue EOS-400D-Benützer. „Die D80 ist eine Inspiration für jeden kreativen Fotografen“, liest man, wenn man die neue Nikon auspackt. Der Konkurrenzkampf zwischen den beiden Top-Marken, der unter Profi-Fotografen schon so manche Kollegenfreundschaft gefährdete, setzt sich nun auch wieder im Consumerbereich fort, denn mit der EOS 400D und der D80 hielten seit langem endlich wieder zwei neue Modelle gleichzeitig Einzug in die Läden. Zeit für einen Vergleich auf Leben und Tod – äh, Linse und Auslöser!

Runde 1: Ausstattung
Such die Stecknadel im Heuhaufen! Die Datenblätter einer EOS 400D und einer D80 könnte man inhaltlich austauschen und keiner würd’s bemerken. Beide Kameras verfügen über 10-Megapixel-Sensoren. Bei Nikon ist es ein CCD-Chip mit 10,2 MP, bei Canon ein CMOS-Sensor mit 10,1 MP. Der Nikon-Sensor ist um einen Tick größer (1,2 Millimeter in der Breite) was in erster Line aber mit dem Bauprinzip zu tun haben dürfte.

Das Display an der Rückseite ist bei beiden Modellen jeweils 2,5 Zoll groß und bietet hüben wie drüben 230.000 Pixel Auflösung. Beide dSLRs können mit ISO-Werten von 100 bis 1600 aufwarten, Bilder im professionellen RAW-Format ausspucken, haben einen Mini-Blitz eingebaut, verfügen über schnellen USB-2.0-Anschluss und Video-Out, können bis zu drei mittelgroße JPEGs pro Sekunde schießen… und haben den Auslöseknopf an der Oberseite des Gehäuses in der Ecke rechts oben - genug der Gemeinsamkeiten!

Man sieht, es sind die Kleinst-Details, in denen sich die beiden unterscheiden. Canons EOS 400D speichert etwa ausschließlich auf Compact-Flash-Karten, wie sie auch bei Profi-Kameras eingesetzt werden. Nikon setzt auf die kleinen SD-Karten, wie sie in Kompaktkameras zu finden sind - was wiederum den Vorteil haben könnte, dass sich Umsteiger keine neue Speicherkarte zulegen müssen. Bei der EOS 400D finden wir einen 9-Punkte-Autofokus, bei Nikon einen mit 11 Punkten. Was die Canon der Nikon in Sachen Hardware voraus hat, ist ein eingebauter Sensorreiniger, der Staub vom Chip per Ultraschall bzw. durch Vibrationen entfernt. Nikons D80 hat im Gegenzug ein kleines LCD-Fenster auf der Oberseite, das alle wichtigen Parameter anzeigt. Bei Canon muss man hierfür auf das Display sehen.

Auf der Software-Seite finden sich bei beiden alle Variationen gängiger Automatikfunktionen, Vollautomatik, Blenden-, Zeit- und Programm-automatik. Canon hat der EOS 400D noch die Einstellung A-DEP spendiert, die bei sehr hellen Lichtkonditionen Überbelichtungen (meistens ist davon der Himmel betroffen) austariert. Die EOS 400D bietet zahlreiche Belichtungsprogramme im Vollautomatikmodus und so genannte „Picture Style“-Einstellungen, die bei speziellen Motiven wie Sonnenuntergängen und dergleichen perfekte Aufnahmen ermöglichen sollen. Nikon beherrscht diese Disziplinen ebenso, wenn auch in geringerer Anzahl, setzt der Spielerei aber durch ein paar Spezialitäten aus der analogen Fotografie (zum Beispiel mit einer Mehrfachbelichtungsfunktion) noch eins drauf.

Runde 2: Bedienbarkeit- Handling
Während Canon bei der EOS 400D auf eine aufgeräumte Bedienoberfläche am Kameragehäuse setzt, bietet Nikon ein paar Direktzugriffs-Möglichkeiten mehr. Beim manuellen Fotografieren wird das zu einer Geschmackssache: Der Canon-Fotograf muss sich wesentlich mehr „Tastenkombinationen“ einprägen, dafür muss sich der Nikon-Fotograf merken, wo die einzelnen Knopferl am Kameragehäuse sitzen. Dinge wie Blitzzeitpunkt, Belichtungskorrektur usw. werden bei Nikon aber noch in Untermenüs festgelegt. Canon hat hierfür ein eigenes Sammel-Menü, genannt Individualfunktionen, das man aber erst einmal durchschauen muss. Hier punktet Nikon mit Übersichtlichkeit, denn obwohl man für manche Einstellungen in bis zu drei Menüebenen wandern muss, ist man am Ende schneller als bei Canon, wo man erst nach einer kurzen Schrecksekunde weiß, in welcher Gasse man sich hier eigentlich befindet.

Die D80 ist eine Kamera, die angefasst werden will. Das Gehäuse ist kaum schwerer als bei der EOS 400D, von den Ausmaßen her aber beträchtlich größer. Durchschnittshände können den Griff der D80 komplett umfassen, alle fünf Finger liegen zur Gänze auf. Bei der 400D rächt sich hier die Spielplatz-Kompaktheit. Man bekommt den Kleinen Finger kaum um den Griff, was bei einer längeren Fototour relativ unangenehm werden kann, da sich ab zwei-, dreihundert Aufnahmen ein unangenehmes Ziehen im Kleinen Finger einstellt. Das Ziehen steigert sich proportional zum Gewicht des Objektivs.

Das beim manuellen Fotografieren essentielle Navigationskreuz, mit dem sich Autofokus-Punkte anwählen lassen und sämtliche Parameter editiert werden, ist bei der Nikon etwas zu schwergängig geraten. Man muss richtig fest drücken und bekommt wenig Feedback vom Schalter. Es ist aber gut möglich, dass dies nur eine Spezifik unseres Testgerätes war. Canon beugt bei seinem Navigationskreuz einer vorzeitigen Ermüdung des Daumens gleich von Anfang an vor. Die Tasten sind leichtgängig und rasten unter Druck spürbar ein. Dasselbe gilt bei Canon auch für das Drehrad, mit dem man bei beiden Modellen im manuellen Modus die Belichtungszeit einstellt. Hier rutscht das Nikon-Rad wiederum zu leichtfüßig, andererseits rattert es nicht so wie bei Canon, wenn man größere Wege zurücklegt. 

Beim wichtigsten Knopf auf der Kamera, dem Auslöser, ist kein Unterschied zwischen den beiden Modellen festzustellen. Das Fokussieren wird mit leichtem Druck erledigt, zum Schnappschuss wird draufgepresst. Insgesamt ist die Verarbeitung bei beiden Kameras auf Top-Niveau: Es wackelt nichts, Klappen und Deckel für Akku, Anschlüsse und Speicherkarte sitzen bombenfest, die mitgelieferten 
Trageriemen sind stabil, wie überall sonst dürftig gepolstert und werden mit stabilen Metall-Ösen am Gehäuse festgemacht.

Runde 3: Bundle-Objektive
Wir testeten die Canon EOS 400D in Kombination mit dem höherwertigen EF-S-Objektiv mit einer Brennweite von 17 bis 85 Millimetern und Offenblende 4,0 bzw. 5,6 in Teleposition. In den meisten Läden wird die EOS 400D allerdings mit der günstigeren 18-55-Millimeter-Optik feil geboten. Mit diesem Teil hätte sich aber kein fairer Vergleich zur Nikon anstellen lassen, somit entschieden wir uns für das bessere aber teurere Bundle. An der Nikon befand sich das im Vergleich zu Canon etwas lichtstärkere und in Sachen Brennweite deutlich umfangreichere 18-bis-135-Millimeter-Objektiv mit f/3,5-4,5.

Die Canon-Optik genießt einen guten Ruf als so genanntes „Immerdrauf“ und stammt aus der hochwertigen EF-S-Serie, die nur mehr durch die Profiklasse mit dem „L“ dahinter übertroffen wird. Dementsprechend hochwertig auch die Abbildungsleistung. Der eingebaute mechanische Bildstabilisator leistet hervorragende, deutlich zu bemerkende Arbeit. Der eine Blendenschritt, den die Nikon-Optik voraus hat, wird vom „Image Stabilizer“ vollständig neutralisiert.

Auch die Nikon-Optik ist nicht von schlechten Eltern und bietet für die 50 Millimeter mehr an Brennweite (bei solchen Zoom-Werten ist das immer eine Kompromiss-Frage, da mehr Distanz üblicherweise die Abbildungsleistung mindert, sprich Verzerrungen im Bild begünstigt) mehr als akzeptable Fotos. Die Canon-Optik weist in der Weitwinkelstellung und bei großer Blende kleinste Verzeichnungen (Verzerrungen an den Bildrändern) auf, dafür verlieren die Fotos in der äußersten Telestellung an der Nikon deutlich an Schärfe an den Bildrändern. Hierbei glänzt die Canon-Optik.

In Mittelposition sind die Abbildungsleistungen beider Objektive in etwa gleich hochwertig, obwohl die Canon-Optik einen Tick schärfer erscheint. Beim Autofokus benutzen beide Ultraschallmotoren, die – hier ist der Name Programm – ultraschnelles Zoomen ermöglichen. Beim Canon-Objektiv geht das ein Alzerl schneller. Die Nikon-Optik ist bei beweglichen Motiven auch etwas nervöser und „verfokussiert“ sich auch schon mal in der Hitze des Gefechts, was allerdings durch ein Intensiv-Studium der zahlreichen AF-Modi (es sind fast doppelt so viele, wie bei der Canon) durchaus zu beseitigen sein soll.

In Sachen Verarbeitungsqualität hat die Nikon-Linse das Nachsehen, was sich nicht zuletzt auch durch den höheren Preis der Canon-Linse erklärt. Die Nikon-Optik ist zwar deutlich leichter als das Canon-Objektiv, letzteres fühlt sich aber spürbar besser an und macht einen weitaus weniger filigranen (weil weniger Plastik) Eindruck. Die fast 50 Millimeter Brennweite plus des Nikon-Objektivs sind allerdings ein nicht zu unterschätzender Bonus bei Ein- und Umsteigern.

Runde 4: Fotoqualitäten
Betrachtet man die Fotnges Rauschverhalten festzustellen. Bei ISO 800 hat die EOS 400D mit dunklen Farbtönen schon Probleme, während das bei Nikon noch ganz ordentlich aussieht. Jenseits der 1000 ist aber bei beiden schnell der Punkt erreicht, an dem die Bilder unbrauchbar werden, weil das Grundrauschen die Farben zu sehr verfälscht.

Apropos Farben: Hier lehrt die Canon der Nikon auf den ersten Blick das Fürchten. Bei Aufnahmen im Freien (bei 1A-Tageslicht) beeindruckt die EOS 400D durch ungleich sattere und differenzierte Farbwiedergabe. Der Bildprozessor der 400D (im Canon-Slang DIGIC II genannt) packt einfach mehr Sättigung und Leuchten drauf, während Nikon bei der D80 auf ein Nachbearbeiten am Computer setzt bzw. die manuelle Setzung der Parameter fordert. Mit dem besseren Erstresultat punktet die EOS 400D natürlich beim ambitionierten Amateur, der die Farbenpracht gleich auf dem Display sehen will und nicht erst am Computer das Grün in die Blätter und das Blau in den Himmel zaubern möchte. Fährt man über die Nikon-Fotos aber einmal mit der Bearbeitungssoftware drüber bzw. frickelt an den entsprechenden Parametern im Menü herum, lässt sich das Canon-Niveau auch erreichen.

Deutlich effektiver greifen bei Canon allerdings die diversen „Picture Style“-Voreinstellungen, die klare Anleihen aus dem Kompaktkamera-Segment sind. Nikon setzt hier eher auf manuelle Einstellungen und das Know-How des Fotografen. Beim automatischen Weißabgleich ist kein sichtbarer Unterschied zwischen den beiden Kameras erkennbar. Eine Gretchenfrage für sich ist die Benützung des Mini-Blitzes bei digitalen Spiegelreflexkameras. In der Regel handelt es sich um aus dem Kompaktsegment übernommene Teile, die durch ihre starre Position meist nur suboptimale Ergebnisse erzielen. Wie zu erwarten auch die Resultate bei der EOS 400D und der D80. Als Aufheller im Freien oder Gegenlichtmaßnahme taugen sie auf alle Fälle. Geht es um Porträts oder Schnappschüsse in Innenräumen im Automatikmodus, so entstehen bei beiden die typischen überbelichteten Gesichter, die Partygäste bereits beim Empfang aussehen lassen, als hätten sie schon das eine oder andere Trinkspiel hinter sich.

Runde 5: Preis/Leistung und Folgekosten (=Zubehör)
Das Canon-Bundle mit der EF-S-Linse ist in Österreich um gesehene 1.242,- Euro erhältlich. Für ungefähr 1.700 Euro bekommt man ein Zwei-Objektive-Paket mit einem 70-bis-300-Millimeter-Telezoom. Günstigste Variante ist eine EOS 400D mit dem 18-55-Millimeter-Standdard-Objektiv. Das gibt’s um gesehene 708,- Euro, womit die EOS 400D einen auf den ersten Blick niedrigeren Einstiegspreis erzielt. Allerdings zoomt man mit 55 Millimetern Maximalbrennweite nicht die Biene im Blütenkelch heran, was unweigerlich zum Zweitobjektiv führt.

Im Preis/Leistungs-Verhältnis (und darauf kommt es letztendlich an) kommt die Nikon besser weg: Das D80-Bundle mit dem 18-135-Millimeter-Objektiv für alle Fotografenlebenslagen kostet im freien Handel 1099,- Euro. Ein passendes Einsteiger-Zoom-Objektiv aus der Serie AF-S DX mit ausreichenden 55 bis 200 Millimetern Brennweite ist für einen Straßenpreis von 199,- Euro separat erhältlich.

Der Lieferumfang ist bei beiden Kameras derselbe: Akku, Ladegerät, USB-Kabel, Trageriemen, Objektiv mit Schutzdeckel, Kameragehäuse, Okkularabdeckung und eine Bedienungsanleitung. Letztere kommt bei Canon ausgedruckt, bei Nikon nur als elektronische PDF-Beigabe. Fotosoftware liefern beide mit, wobei die Programme mehr dem Importieren auf den PC, Betrachten und Archivieren dienen als der konkreten Bearbeitung. Gegenlichtblenden sind bei beiden Objektiven nicht enthalten. In der Zubehörabteilung sind die Preise absolut ident: Ein Canon-Ersatzakku kommt beim günstigsten Marktschreier auf zirka 50 Euro, bei der D80 kostet er 55 Euro. Den passenden Hochformatgriff mit der doppelten Akku-Power gibt’s zur EOS 400D für runde hundert Euro ohne Akku. Bei Nikon kostet er exakt dasselbe.

AAAND… THE WINNER IS:
Am Spielplatz mag es zwar recht lustig zugehen, doch Nikons D80 hat dieses spannende Objektiv-an-Objektiv-Rennen für sich entschieden. Es sind aber nicht etwa technische Features, die der Nikon den Sieg beschert haben – wer sich für gutes Geld ein Präzisionsinstrument kauft, der will was in der Hand haben. Und beim Handling hat die EOS 400D das Nachsehen, denn sowohl Bedienbarkeit als auch das einen Tick verständlicher konstruierte Menü der Nikon-Kamera schneiden in Summe besser ab. Auch das 18-bis-135-Millimeter-Objektiv beschert der Nikon Bonuspunkte, dies sich die EOS 400D mangels 
entsprechendem Bundle derzeit nicht abholen kann.

Dass die EOS 400D am Ende durch - wohlgemerkt! - Erschöpfung k.o. ging, ergibt sich aber auch aus Canons Preisgestaltung beim Bundle mit dem höherwertigen EF-S-Objektiv. Der beim Paket mit der kleinen 18-bis-55er-Linse noch vorhandene Preis/Leistungs-Vorteil wird hier verspielt. Würde man die Karten neu mischen und die Gehäuse mit einem Fremdhersteller-Objektiv testen, das für beide Modelle erhältlich ist, ginge sich wohl ein Unentschieden aus.

Fazit: Beide Kameras befinden sich auf höchstem technischen Niveau, und es zeigt sich einmal mehr, warum alle anderen Hersteller (sowohl im Profi- als auch im Consumerbereich) diesen beiden Marken nicht und nicht das Wasser reichen können. Aber Nikon und Canon haben das Feld im ewigen Kopf-an-Kopf-Rennen so weit hinter sich gelassen, dass sich die Unterschiede zwischen den beiden kaum mehr an Zahlen und technischen Feinheiten festknoten lassen. Da kommt es nicht von ungefähr, dass auch der Kundschaft die Entscheidung schwerfällt. Wobei: Man könnte ruhigen Gewissens auch die Münze werfen – einen Fehler würde man bei keiner der beiden begehen.


Christoph Andert

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