Missbrauch im Sport

Schutz vor Übergriffen: Kinder dürfen sich wehren

Leben
04.12.2017 15:44

Um sexuellem Missbrauch im Sport möglichst keine Chance zu geben, braucht es klare Regeln und Grenzen - auch in den Vereinen. Ein festgenommener Wiener Volleyballtrainer, ein verurteilter Schwimmtrainer in Linz und ein Judotrainer aus Wien sitzen in Haft. Und in den USA steht der ehemalige Turn-Teamarzt Larry Nassar wegen 130 Missbrauchsfällen vor Gericht.

Jeder einzelne sexuelle Übergriff ist einer zu viel. Je klarer die Regeln für das Miteinander im Sportverein definiert sind, desto weniger Chance haben die Täter.

Ein Leitbild, an das sich alle halten, dient der Sicherheit potenzieller Opfer, aber auch dem Schutz der Trainer vor falschen Anschuldigungen. Denn ohne Körperkontakt zwischen Trainern und ihren Schützlingen geht es im Sport nicht. Etliche Situationen, vom Sichern bei neuen Übungen bis zum Erlernen einer Wurftechnik, erfordern das Angreifen.

"Kinder spüren, ob eine Berührung unterstützend war"
"Ein sexueller Kontakt unterscheidet sich völlig von einem fachlichen", weiß Günter Amesberger, Geschäftsführer des Österreichischen Bundesnetzwerks Sportpsychologie. "Kinder sind sehr feinsensorisch und spüren, ob eine Berührung unterstützend war." Wichtig ist, dass das Kind sich zu sagen traut, wenn etwas unangenehm ist.

"Ein Gerücht ist schlimmer als eine Klärung"
"Wir müssen jedem Kind vermitteln: Wehr dich, wenn dir was nicht passt", sagt Amesberger. Häufig ist das Selbstbewusstsein der Opfer gering. Täter nutzen ihre Machtposition aus, arbeiten auch mit dem Deckmantel des "Geheimnisses", dem sich das Kind verpflichtet fühlt: "Da muss man klar sagen: Ein Geheimnis mit deinem Trainer, das du uns Eltern nicht verraten darfst, kann es gar nicht geben!"

Alarmglocken müssen läuten, wenn sich das Verhalten des Kindes verändert, es beginnt, sich selbst zu verletzen, oder sich zurückzieht.

Opfer oder Mitwissende können sich an Servicestellen im Sport oder Opferschutzorganisationen wenden, auch im Verdachtsfall: "Ein Gerücht ist schlimmer als eine Klärung. Und: Wer das Schweigen bricht, bricht die Macht der Täter!"

Leumundszeugnis und Ehrenkodex
"Sorgfältiger Umgang mit dem Thema muss von oben gelebt werden", so Amesberger. Jeder Verein sollte von seinem Personal Leumundszeugnisse einfordern. Christa Prets vom Verein 100% Sport: "Zudem ist es sinnvoll, dass alle Mitarbeiter einen Ehrenkodex unterzeichnen und der Klub eine Vertrauensperson, idealerweise von außen, benennt."

Garderoben und Duschen sind tabu
Für Betreuer gelten klare Prinzipien: Duschen und Garderoben sind erst nach Vorankündigung zu betreten und nur dann, wenn es die Aufsichtspflicht erfordert. Mitfahrgelegenheiten sind in der Gruppe anzubieten. Bei Übernachtungen, etwa bei Wettkämpfen, sollten Ansprechpersonen beider Geschlechter dabei sind.

Werden die Regeln beachtet, kann der Sport sein, was er ist: eine der schönsten und sinnvollsten Beschäftigungen für unsere Jugend.

INFO & SERVICE:
Sexualisierte Gewalt umfasst neben Handlungen auch sexistische Witze, obszöne Andeutungen, das Zeigen pornografischer Darstellungen und intimer Körperteile oder das Zuschauen beim Duschen.

Geeignete Ansprechstellen sind unter anderem:
100% Sport: www.100sport.at
ÖBS: www.sportpsychologie.at
Die Möwe: www.die-moewe.at
Weißer Ring: www.weisser-ring.at

Anja Richter, Kronen Zeitung

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(Bild: kmm)



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