Wer wirklich hilft:

Wenn ein Fremder reglos auf der Straße liegt

Österreich
05.11.2017 13:16

Neun Grad - an diesem Abend zeigt sich in Wien erstmals so richtig die vorwinterliche Kälte. Mitten auf dem Gehsteig vor der Hundezone am Naschmarkt liegt ein etwa 40-jähriger Mann. Reglos. Er atmet und hält im Liegen seinen Rucksack fest umklammert. Passanten, Wienerinnen und Wiener, Touristen gehen an diesem Mann vorbei. Nicht wenige. 20, 30. Manche schauen zumindest im Vorübergehen zu ihm hinunter auf den Boden. Wird schon nix passiert sein. Eine Hundebesitzerin zieht ihren Rasse-Vierbeiner an der Leine vorbei: "Komm, weg da."

Eine Minute später - der Bereitschaftsdienst am Kältetelefon der Caritas ist aufgrund offensichtlicher technischer Schwierigkeiten mit seinem Telefon am Handy absolut nicht zu verstehen, und die Notrufzentrale der Polizei schickt eine Funkstreife - entdeckt auch ein junges Paar diesen Mann, der in der Kälte im Dunkeln auf dem Gehsteig liegt.

Es folgen fünf Minuten, die noch lange in Erinnerung bleiben werden.

Der Bursch kniet sich sofort hin, beugt sich über den am Boden liegenden Fremden: Er sei Sanitäter und würde ihm sehr gern helfen. Ob er verletzt sei? Ob er denn Durst habe, fragt dann die junge Freundin des Sanitäters und gibt dem verwirrten Mann ihre Limonadenflasche. Beide können den vermutlich aus Ungarn oder Rumänien kommenden Betrunkenen überzeugen, dass er hier am Asphalt nicht liegen bleiben kann: "Wir bringen Sie gerne in eine Notschlafstelle."

Die Polizei kommt endlich. Nein, die Beamtin und ihr Kollege können den Mann nicht im Funkwagen in ein drei Fahrminuten entferntes Obdachlosenzentrum bringen - Vorschrift ist Vorschrift. Wir sind in Österreich.

Wir leben aber auch in einem Land, in dem so großartige junge Menschen wie dieser Sanitäter und seine Freundin unsere Zukunft mitgestalten werden. Sie helfen dem fremden Mann auf, stützen ihn und bringen ihn zu Fuß in die nächstgelegene Notschlafstelle in Wien-Mariahilf: "Natürlich, wir machen das gern." Ja, auch das ist unser Österreich - es ist ein gutes Land.

Vielleicht lesen die zwei Helfer heute auf krone.at oder später irgendwann auf Facebook diese Zeilen. Also hier nochmals: Danke.

Richard Schmitt
Richard Schmitt
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