Rentnerin ermordet

Täter (19) legt bei Kripo “Beichte des Grauens” ab

Österreich
24.01.2016 06:00

Er galt lange als "lieb und hilfsbereit". Bis Erdem K. auf bestialische Weise eine 72-jährige Rentnerin tötete. Bei der Kripo legte der 19-Jährige nun ein "Geständnis des Grauens" ab.

Vor wenigen Tagen, in einer Wohnung in Wien-Favoriten. Blank geputzte Parkettböden, Tischlermöbel, im Wohnzimmer eine große Ledercouch. Ersim K. (40) fällt es schwer, ruhig zu sitzen. Ständig holt er aus der Küche Wasser, das er dann mit zittrigen Händen aus einem Krug in ein Glas schüttet. "Wie konnte mein Bub so etwas Grauenhaftes tun?"

Immer wieder stellt er diese Frage. Seit am vergangenen Sonntag sein jüngster Sohn, Erdem, verhaftet wurde. Wegen Verdacht des Mordes. "Zuerst dachte ich an einen Irrtum." Längst ist die Gewissheit da: Der 19-Jährige hat "das Unbegreifliche" getan. Er hat am 15. Jänner in einem Gemeindebau, nur wenige Hunderte Meter von seinem Elternhaus entfernt, eine Pensionistin getötet.

Tatmotive wie aus einem Horrorfilm
Die Motive, die der junge Mann, der bis vor Kurzem als "völlig unauffällig" gegolten hat, für seine Wahnsinnstat nennt - sie klingen wie Passagen aus einem Horrorfilm. Am Tag des Verbrechens, gab der junge Mann den Ermittlern zu Protokoll, sei er bei seinem um drei Jahre älteren, taubstummen Bruder - einem Apothekergehilfen - und dessen Frau zu Besuch gewesen. "Wir verbrachten einen gemütlichen Nachmittag, aßen Kuchen, tranken Tee, ich spielte mit den Kindern der beiden."

Zwischendurch rauchte er im Stiegenhaus eine Zigarette. Eine Nachbarin seines Bruders, Maria S. (72), sein späteres Opfer, tadelte ihn deswegen. Und danach? "Ließ ich mir von meinem Bruder die Haare schneiden. Am frühen Abend verabschiedete ich mich von ihm und seiner Familie, ich wollte ja meine Freundin treffen. Aber draußen, am Gang, da war plötzlich wieder diese Stimme in meinem Kopf."

"Ich tötete sie - weil sie ein Dämon war"
Der Bursch klingelte an einer Türe, eine Frau öffnete, "sie hatte keine Zeit für ein Gespräch, deshalb ging ich zu einer anderen Wohnung weiter. Sie stand leer. Ich versuchte einzubrechen, was mir misslang. Also lief ich ins Dachgeschoß und klopfte bei Maria S. an. Sie sperrte auf. Ich fragte sie: Warum sprechen Sie mir nicht Ihr Beileid aus? Dafür, dass vor fünf Jahren meine Tante gestorben ist? Und dafür, dass kürzlich bei einem Terroranschlag in der Türkei so viele Menschen ums Leben gekommen sind?" Die Antwort der Pensionistin: "Mein Mann ist auch schon tot."

"Da wusste ich", so der 19-Jährige, "dass die Frau ein Dämon war. Und ich versetzte ihr einen Hieb." Die 72-Jährige fiel zu Boden, "ich schleppte sie in ihr Schlafzimmer". Erdem K. malträtierte sie dort mit Blumentöpfen, einem Schuhlöffel, einem Kürbis. Zwischen den Attacken machte er Pausen. Zog sich aus. Rauchte. Durchwühlte Kästen. "Ich fand darin Hexenbücher. Beweise dafür, dass ich Frau S. vernichten musste."

Während "Teufelchen um mich sprangen" vollendete er sein abscheuliches Werk. "Ja, Sie werden sterben, sagte ich zu Frau S. Zündete Kerzen an, um ihren Höllengeruch zu vertreiben. Holte ein Messer aus der Küche und stach auf sie ein. Bis sie sich nicht mehr rührte." Mindestens 30 Minuten verbrachte der Täter noch in der Wohnung des Opfers. Kippte ein Bett über die Leiche, wusch sich, zog schwarze Kleidung an. Anschließend tanzte er in einer Innenstadt-Disco, "die ganze Nacht durch".

Am "Tag danach" kam er zum Tatort zurück
Erst am "Morgen danach" bemerkte er, dass er seine Ausweise am Tatort vergessen hatte. Er kehrte deswegen dahin zurück, "die Wohnung war da schon von der Polizei versiegelt". Ein Einbruchsversuch scheiterte. Wieder auf der Straße, zertrümmerte der 19-Jährige die Frontscheibe eines parkenden Autos, "weil ich die Schokolade, die darin lag, essen wollte".

Ist Erdem K. geisteskrank? Gab es Vorzeichen für seine Gräueltat? Was ist seine Geschichte? "Meine Eltern", erzählt sein Vater, "stammen aus der Türkei. Ich wurde bereits in Österreich geboren." Mit 18 heiratete er dennoch im Heimatdorf seiner Familie eine junge Frau. "Sie ging mit mir nach Wien. Wir bekamen zwei Buben. Als Erdem vier Monate alt war, verließ sie uns. Weil sie nicht akzeptieren konnte, dass ich nachts oft in meinem Lokal arbeiten musste."
Seine Söhne wären fortan "liebevoll von der Oma versorgt" worden, bis er 2003 abermals eine Ehe schloss. "Ich bemühte mich sehr", beteuert die Frau, "den Kindern meines Mannes eine gute Ersatzmutter zu sein."

Wie ging Erdem K's Leben weiter? Nach Abschluss der Schule begann er eine Kochlehre in einem Nobelhotel, und er zog zu seiner betagten Oma. Um sie ein wenig zu betreuen. Und nein, niemals wäre "der hilfsbereite, nette Bub" negativ aufgefallen, durch nichts. "Rückblickend", so sein Vater, "fällt mir bloß auf, dass er in jüngster Zeit häufig an Brechdurchfällen und Fieberschüben litt."

"Manchmal gab mir eine Stimme Anweisungen"
"Im Oktober 2015", erzählte der Täter nun seiner Anwältin Astrid Wagner, habe es nämlich begonnen: "Dass mir manchmal eine Stimme Anweisungen gab. Zu rauchen, zu essen, zu beten." Zunächst hätte er sich diesen Befehlen widersetzt, "indem ich mich ablenkte. Aber irgendwann spürte ich, dass ich mich zu fügen hatte." Wem? "Einem Engel, der auch der Teufel ist."

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