"Krone"-Rezension

Scorpions feiern 50-Jahre-Jubiläum mit neuem Album

Musik
20.02.2015 17:00
Vor fünf Jahren wollten sie sich in allen Ehren verabschieden - nun erscheint mit "Return To Forever" ein weiteres neues Studioalbum. Die deutschen Rock-Legenden Scorpions haben noch lange nicht genug - und wollen es jetzt noch einmal wissen. Ein spätherbstliches Alterswerk, das sich nicht im Glanz der alten Tage sonnt, sondern immer noch frisch und juvenil wirkt.
(Bild: kmm)

An die Mär vom großen Karriereende glaubt ohnehin schon lange niemand mehr. Vor mehr als fünf Jahren, genauer gesagt am 24. Jänner 2010, gaben die legendären Scorpions das erste Mal bekannt, endgültig zurückzutreten. Es folgte nicht nur ein starkes Studioalbum ("Sting In The Tail"), sondern auch eine Welttournee nach der anderen. Mehr als 300 Konzerte ist die "Farewell"-Tour seither alt. Zuerst als "Final Sting Worldtour", dann als "Rock'n'Roll Forever Tour" und aktuell als "50th Anniversary Tour" – der aufmerksame Leser erkennt schon bei den Tourbezeichnungen, wie sich die Hannoveraner Rocklegenden klammheimlich aus der Verantwortung des Endenden gestohlen haben.

Kreative alte Recken
Andererseits – die Scorpions müssen keinem was beweisen, haben immer noch Spaß an der Sache und stecken immer noch voller Kreativität. Dass man justament zum 50-jährigen Bandjubiläum mit dem 18. Studioalbum aufwartet, könnte den stacheligen Norddeutschen natürlich als beinhartes Kalkül ausgelegt werden. Ob dem so ist oder nicht, ist aber egal, denn auch altgediente Recken wie die Scorpions müssen sich am Ergebnis messen lassen - und solange das so ohrenschmeichelnd und gelungen wie auf "Return To Forever" ist, gibt es wenig zu bekritteln.

In vollem Bewusstsein ihrer Bedeutung für die Rock-Welt, lassen Rudolf Schenker und Co. eine silberne Krone vom Cover-Artwork blitzen. Somit kehren die Scorpions schon vor dem Beginn des Hörvergnügens ihr enormes Selbstvertrauen nach außen. Gestählt von immer noch großen Verkaufszahlen, stets ausverkauften Stadionkonzerten und dem bemerkenswerten Paradoxon, ein immer jüngeres Publikum binden zu können, gehen sie noch einmal in die Vollen. Oder wie unlängst schon Gitarrenheld Schenker selbst sagte: "50 Jahre sind eine lange Zeit. Das haben außer uns höchstens die Rolling Stones, die Beach Boys oder The Who geschafft. Insofern ist das Timing für das neue Album perfekt."

Album aus Zufall
Er muss es schließlich wissen. Die Vorab-Singleauskoppelung "We Built This House" hat schon im Vorfeld des Albums Großes erhoffen lassen. Die weitläufige Fan-Klientel war ob der Mischung aus traditionellem Rock-Riffing und der frischen Produktion mehr als erfreut, der Lackmus-Test für das Album war erfolgreich bestanden. Ein Album, das als solches gar nie geplant war, denn ursprünglich wollten die Scorpions nur alte Songideen zusammenfassen, neu einspielen und ohne großen Aufwand für die Fans veröffentlichen. Aus diesen alten Ideen waren schnell acht Songs fertig, danach ging es aber Schlag auf Schlag. "Während der Arbeit kamen immer mehr neue Songideen dazu. Von unserer Seite genauso wie von den unseren beiden schwedischen Produzenten Mikael Nord Andersson und Martin Hansen", erzählt Gitarrist Matthias Jabs, "wir steckten plötzlich mitten im Songwriting-Prozess und am Ende wurde es ein brandneues Scorpions-Album."

Drucklos an die Arbeit
Das Zitat spiegelt einmal mehr die sympathisch-patscherte Unbedarftheit wider, mit der sich die Band in den letzten Jahren immer stärker vom eigenen Ende distanzierte. Musikalisch haben die Scorpions natürlich einen eklatanten Vorteil – sie müssen absolut niemandem auch nur irgendetwas beweisen und können somit völlig locker und frei von der Leber zur Tat schreiten. Neben zuvor angeführter Single werden sich vor allem drei weitere Songs ihren Platz in der Live-Setlist erspielen. Einerseits der eröffnende Stadion-Rocker "Going Out With A Bang", die programmatische Mitgröl-Hymne "Rock My Car" und die streichelweiche Ballade "House Of Cards", bei der Klaus Meine einmal mehr sein gewaltiges Stimmtimbre in den Vordergrund kehrt.

Nach dem abwechslungsreichen Eröffnungsdrittel greifen die Deutschen in die Nostalgie-Kiste und kramen im bekömmlichen Rockbereich. "All For One" klingt noch etwas verkrampft-bemüht, aber mit "Rock'n'Roll Band" und "Hard Rockin' The Place" folgen kurz darauf zwei absolute A-Klasse-Rocker, die so viel 80er-Jahre-Feeling schnuppern, dass man sich unweigerlich in die Vergangenheit zurückversetzt fühlt. Dazu bleibt sogar Platz für die eine oder andere Überraschung. In "The Scratch" geben sich die Scorpions partiell sogar dem Swing hin und das abschließende "Gypsy Life" zielt wohl nicht ganz unbeabsichtigt auf das "Wind Of Change"-Publikum.

Stärken im Spätherbst
Mit "Return To Forever" bestätigen die Scorpions ihre Daseinsberechtigung, wenn sie auch erwartungsgemäß kaum aus den gängigen Pfaden ausscheren. Im Gegensatz zu den dürftigen Alben aus der jüngeren Vergangenheit gelingt Klaus Meine und Co. nun aber bereits das zweite starke Studioalbum in Serie. "Return To Forever" ist ein akustisches Beweisstück für kompositorische Stärken im Karriere-Spätherbst. Und bei den zu erwartenden weiteren Tourneen werden sich so einige neue Songs mit Sicherheit gut in die Setlist einfügen.

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