Live im Gasometer

Metalcore-Express rüttelte an der Besinnlichkeit

Musik
08.12.2014 01:45
Das herbstliche Adventwetter und die ständige Dunkelheit außen vor lassend, feierten Sonntagabend mehr als 3.000 Fans im Wiener Gasometer ihre Heroen Heaven Shall Burn und Parkway Drive ab. Für das begeisterte Publikum dachten sich die beiden Bands eine besondere Vorgehensweise aus und überzeugten auch ohne neues Material mühelos.
(Bild: kmm)

Überpünktlich werden den etwa 3.200 anwesenden Fans die letzten Nikolo-Schokolade-Reste akustisch rausgeprügelt, denn bereits um 19.45 Uhr starten am regnerischen Sonntagabend die beiden Bands Heaven Shall Burn und Parkway Drive zu ihrer eigenen Auffassung einer Doppel-Headliner-Show. Werden üblicherweise die Slots Abend für Abend vertauscht, hat sich das Deutsch-Australische Gespann für die vorweihnachtliche Europa-Tour etwas Besonderes einfallen lassen – abwechselnd spielen beide Truppen je ein 30-Minuten-Set, um die Fans somit nach gut zwei Stunden und ohne Verschnaufpause in den Schoß der Besinnlichkeit zurückkehren zu lassen.

Messerscharfe Eile
Ein riskantes, aber interessantes Konzept, das sich vor allem ob der wechselseitigen Popularität der Hauptdarsteller als voller Gewinn erweist. Nur die frühe Beginnzeit stellt so manch Anwesenden vor logistische Probleme. Als Parkway Drive die letzten Akkorde des Openers "Wild Eyes" abspielen, stürmen die vornehmlich jungen Fans zu Dutzenden panisch in die Halle. So mancher hat sich bei der Anreisezeit verkalkuliert, oder sich zu lange am Bierstand gelabt. Dem australischen Metalcore-Express ist das freilich egal, denn der hämmert seine messerscharfen Riffsalven ohne Unterlass in die tobende Menge.

Auffallend bei dieser Sub-Spielart des Metal – nicht die Gitarren, sondern das Schlagzeug erweist sich als treibende Kraft für die einzelnen Songs. Vor allem bei den musikalisch eher stumpf ausgerichteten Parkway Drive, die in fast jedem Song auf den inflationären Einsatz der Doublebass bauen und keine Scheu davor haben, den Aggressionslevel über die genormte Skala hinauswachsen zu lassen. Dass sich die Band laut dem exaltierten Sänger Winston McCall noch niemals auf einer so großen Tour befand, scheint auch für die Extraportion Motivation zu sorgen. Songs wie "Sleepwalker", "Karma" oder "Idols And Anchors" sind zweifellos Filetstücke des populären Genres.

Durchbruch: gelungen
Kurios – obwohl die Australier im ersten Set die besten Songs verbraten, steigt die Stimmung erst im zweiten in höchste Sphären. Tausende springende Menschen, zahllose Mosh- und Circle-Pits, während denen Schuhe, Mobiltelefone und Kundenkarten durch die Luft wirbeln – Leidenschaft, die manchmal Leiden schafft. Nach den auf zwei Hälften aufgetrennten 60 Minuten weiß man nicht so genau, wer jetzt glücklicher ist – die Fans ob der schweißtreibenden und fehlerlosen Show ihrer Helden, oder die Band selbst, denen derzeit wohl der endgültige Durchbrauch in europäischen Gefilden gelingt.

Die Thüringer Heaven Shall Burn sind im Vergleich dazu gern gesehene Stammgäste, kreuzen quasi alljährlich den Alpenstaat und haben vor einigen Jahren sogar eine DVD im Gasometer mitschneiden lassen. Eine grenzüberschreitende Liebesbeziehung, die auch Sänger und Straight-Edge-Veganer Marcus Bischoff freut. "Es tut gut, wieder zuhause zu sein, denn Wien ist für uns ja fast wie ein Heimspiel". Mit einem lauten Knall und dem superben "Voice Of The Voiceless" als Einstand trägt das Quintett auch das Seine zum anhaltenden Erfolg bei. Während andere Bands überbordende Werbemaßnahmen benötigen, um ihre Hallen zu füllen, brauchen Heaven Shall Burn dafür nicht einmal ein neues Album.

Mehr Metal, weniger Stimmung
Hits wie "The Omen", "Counterweight" oder "Like Gods Among Mortals" haben längst schon den Status der Zeitlosigkeit erreicht, im Direktvergleich zu den Kollegen von Parkway Drive ist bei Heaven Shall Burn ein wesentlich höherer Metal-Anteil und eine unverkennbare Liebe zu Melodien vorhanden, die dem skandinavischen Melodic Death Metal entstammen. In punkto "Wumms" haben die Kollegen vom fünften Kontinent aber klare Vorteile, weshalb die Stimmung bei den deutschen Nachbarn zwar stark, aber nicht grandios ist. Spätestens beim Konfettiregen zum abschließenden "Endzeit" rotieren aber auch vorderen Reihen noch einmal kräftig und lassen so manch Schwäche vergessen.

Etwa den – einmal mehr – matschigen Sound im Gasometer und den Konzertbeginn der ersten Band Northlane um 18 Uhr, obwohl auf Tickets und Internet 18.30 Uhr als Start angekündigt wurde. Ein sich leider oft wiederholendes Problem, das vor allem von weit her angereisten Fans sauer aufstößt. Das Modern-Metal-Duo legte aber dennoch eine beeindruckende, wenn auch etwas zu kurz geratene Machtdemonstration vor. Nächstes Mal hoffentlich mit brandneuen Songs.

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