In TV-Interview

Ukraine: Putin warnt vor “ethnischen Säuberungen”

Ausland
17.11.2014 06:48
Der russische Präsident Wladimir Putin hat nach seiner vorzeitigen Heimreise vom G20-Gipfel in Brisbane seine Politik in der Ukraine-Krise verteidigt und die Rolle des Westens kritisiert. In einem am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Günther Jauch" ausgestrahlten Interview sagte Putin, bei der Eingliederung der ukrainischen Halbinsel Krim in die Russische Föderation handle es sich nicht um einen Bruch des Völkerrechts. Außerdem zeigte sich der Kremlchef besorgt über die Zukunft der Ukraine, wo er "ethnische Säuberungen" befürchtet.

Russische Soldaten hätten die auf der Krim stationierten ukrainischen Streitkräfte lediglich blockiert, damit die dort lebenden Menschen unter militärischem Schutz per Volksabstimmung über ihre Zukunft entscheiden konnten. Es sei darum gegangen, "Blutvergießen zu vermeiden", meinte Putin.

Im Gegensatz zum Kosovo, wo die Unabhängigkeit nur durch einen Parlamentsbeschluss erklärt worden sei, habe es auf der Krim ein Referendum gegeben, bei dem sich eine überwältigende Mehrheit für die Aufnahme durch Russland ausgesprochen habe, sagte Putin. In Fragen der Selbstbestimmung sei ein Volk, das auf einem bestimmten Territorium lebe, nicht verpflichtet, die Zentralregierung des Staates nach deren Meinung zu fragen.

"Gefahr, dass Ukraine in Richtung Neonazismus abdriftet"
Putin äußerte sich besorgt, dass es in der Ukraine - "ein eigenständiger, unabhängiger, souveräner Staat" - zu "ethnischen Säuberungen" kommen könnte. Es bestehe die Gefahr, dass die Ukraine in Richtung "Neonazismus" abdrifte. "Das wäre eine Katastrophe für die Ukraine und das ukrainische Volk." Es seien "ja Menschen mit dem Hakenkreuz am Ärmel unterwegs". Auf den Helmen von Kampfeinheiten im Osten seien "SS-Symbole" zu sehen, sagte er. Doch die Regierung in Kiew schaue weg.

Zur Minsker Waffenstillstandsvereinbarung von Anfang September sagte Putin, bei deren Umsetzung gebe es Probleme. Tatsächlich würden einige Ortschaften im Südosten der Ukraine, aus denen bewaffnete Truppen der Milizen abziehen sollen, nicht geräumt. Das liege daran, dass die Menschen, die dort gegen die ukrainische Armee kämpfen, diese Dörfer als ihre Heimat sähen. Sie befürchteten, bei ihrem Abzug würden "nationalistische Bataillone" einmarschieren und ihre Angehörigen töten. Andererseits räume auch die ukrainische Armee bestimmte Gebiete nicht, die sie räumen solle, so Putin.

Erneut scharfe Kritik an Vorgehen der Regierung in Kiew
Zum Umsturz auf dem sogenannten Euromaidan in Kiew im Februar sagte Putin, ein "großer Teil des Landes" habe den Machtwechsel in der Erwartung unterstützt, ein Assoziierungsabkommen mit der EU werde Grenzen öffnen und die Arbeitsaufnahme in der EU ermöglichen. Ein anderer Teil der Ukraine habe den Umsturz nicht unterstützt und die aus ihm hervorgegangene prowestliche Regierung nicht anerkannt.

Statt einen Dialog einzuleiten, habe die Regierung Menschen verhaften lassen. Als Reaktion darauf hätten die Menschen im Südosten der Ukraine zur Waffe gegriffen. Daraufhin habe die ukrainische Regierung "eine Armee" entsandt, kritisierte Putin. Was die Bewaffnung der Gegner Kiews betreffe, so würden "Menschen, die einen Kampf führen und die diesen Kampf aus der eigenen Perspektive als gerecht empfinden, immer Waffen finden".

"Suche nach gemeinsamen Lösungen notwendig"
Moskau wünsche ebenso wie Berlin eine "Beruhigung der Situation" und die "Einhaltung der Minsker Vereinbarungen", fuhr Russlands Präsident fort. Allerdings bekomme Russland stets zu hören: "Da sind prorussische Separatisten, sie müssen dies tun, sie müssen jenes tun, nehmen Sie Einfluss, machen Sie das so." Er, Putin, frage dann immer: "Und was haben Sie gemacht, um auf Ihre Klientel in Kiew Einfluss zu nehmen?" Notwendig sei die "Suche nach gemeinsamen Lösungen".

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