Schiiten im Irak

Amnesty: Auch IS-Gegner begehen Kriegsverbrechen

Ausland
14.10.2014 07:10
Amnesty International erhebt schwere Vorwürfe gegen schiitische Milizen im Irak: Die Gruppen, die aufseiten der Regierung in Bagdad gegen die Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS) kämpfen, würden "schwere Kriegsverbrechen" begehen, erklärte die Menschenrechtsorganisation am Dienstag. Demnach hätten die Milizen als Vergeltung für den IS-Vormarsch Dutzende sunnitische Zivilisten entführt und ermordet.

Der Menschenrechtsgruppe zufolge wurden zahlreiche Sunniten entführt und ihre Familien zur Zahlung von Lösegeld gezwungen. Viele Geiseln würden weiter vermisst, und teilweise seien Entführte ermordet worden, obwohl das geforderte Geld gezahlt wurde, erklärte Amnesty. "Die wachsende Macht der schiitischen Milizen hat zu einer allgemeinen Verschlechterung der Sicherheit und zu einer Atmosphäre der Gesetzlosigkeit beigetragen", kritisiert Amnesty. Die Milizen würden den Kampf gegen den Terror als Vorwand für Angriffe auf Sunniten nutzen.

Besonders in den Städten Bagdad, Kirkuk und Samarra hätten die konfessionellen Gewalttaten durch die Milizen zugenommen. Amnesty zitiert aus Zeugenaussagen von Opfern, Medizinern und Regierungsbeamten sowie internationalen Helfern. Die NGO legt in dem Bericht Bilder von mit Handschellen gefesselten Leichen mit Schusswunden im Hinterkopf vor, die an verschiedenen Orten gefunden worden waren. Amnesty vermutet dahinter "ein Muster gezielter Hinrichtungen".

Konflikt im Irak ein "Bürgerkrieg"
Der Konflikt im Irak müsse inzwischen als "Bürgerkrieg" betrachtet werden, heißt es weiter. Es handle sich bei dem Handeln der Milizen um Kriegsverbrechen, so Amnesty. Die Organisation rief den neuen irakischen Ministerpräsidenten Haydar al-Abadi auf, die schiitischen Milizen unter Kontrolle zu bringen und nicht länger als Hilfstruppen gegen die Dschihadisten einzusetzen.

Den IS-Kämpfern wiederum werden ihrerseits schwere Kriegsverbrechen, Menschenrechtsverletzungen und die brutale Verfolgung der Schiiten sowie religiöser Minderheiten wie Christen und Jesiden vorgeworfen. Erst am Montag brüstete sich die Extremistengruppe damit, jesidische Frauen als Sklavinnen an ihre Kämpfer verteilt zu haben.

Anti-IS-Allianz ringt um Kurs
Unterdessen ringt die internationale Anti-IS-Allianz weiter um einen gemeinsamen Kurs gegen die Terrorgruppe. Parallel zu hochrangigen Beratungen von Militärs über das weitere Vorgehen streiten sich die USA und die Türkei weiter über die Nutzung von Stützpunkten in dem NATO-Land. Ankara hatte am Montag US-Angaben dementiert, wonach sich die türkische Regierung bereit erklärt habe, Stützpunkte zur Verfügung zu stellen (Bericht siehe Infobox).

Am Dienstag soll in den USA ein erstes Bündnistreffen fortgesetzt werden, bei dem es um eine langfristige Strategie gegen den IS im Irak und in Syrien geht. Berichten zufolge setzten die Extremisten ihren Vormarsch im Westen des Iraks fort und griffen auch die Kurden in Kobane erneut an. Dennoch meldeten diese am Montag, man habe Teile der Stadt wieder zurückerobert.

Türkei will gegen Assad vorgehen
Das Anti-IS-Bündnis will die Türkei seit Längerem enger einbinden. Die Regierung in Ankara sträubt sich jedoch dagegen und pocht unter anderem auf ein gemeinsames Vorgehen, das sich auch gegen das Regime des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad richtet. Daran wiederum hat der Westen bisher kein Interesse. Die Türkei spielt eine entscheidende Rolle, weil das Land unmittelbar an Gebiete grenzt, die von den IS-Extremisten kontrolliert werden.

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte am Montag, es gebe noch keine Einigung, dass die internationale Allianz die türkischen Stützpunkte für den Kampf gegen den IS nutzen könne. Er dementierte damit Aussagen von Susan Rice, der Sicherheitsberaterin von US-Präsident Barack Obama. Cavusoglu bestätigte aber, dass es eine Einigung über die Ausbildung gemäßigter syrischer Rebellen auf türkischem Territorium gebe.

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