Lange Fehlerkette

Schwere Vorwürfe nach Ebola-Ausbruch in Spanien

Ausland
08.10.2014 11:55
Eine lange Fehlerkette werfen spanische Medien insbesondere jener Klinik in Madrid vor, in der sich eine Krankenschwester bei einem inzwischen verstorbenen Ebola-Patienten angesteckt hatte. Das Krankenhaus sei schlecht vorbereitet gewesen, klagen Mitarbeiter, doch auch die Erkrankte soll gravierende Fehler gemacht haben. So befinden sich neben ihrem Ehemann nun schon drei weitere Menschen zur Beobachtung auf der Isolierstation, 50 Personen werden insgesamt überwacht.

Teresa Romero Ramos (kleines Bild) ist Krankenschwester im Spital Carlos III in Madrid. Sie hatte das Zimmer des spanischen Geistlichen Manuel Garcia Viejo, der sich in Sierra Leone angesteckt hatte, nur zweimal betreten - einmal zur Pflege, einmal kurz nach seinem Tod zur Reinigung des Zimmers.

Wann und wie sich die 40-Jährige ansteckte, ist bisher nicht eindeutig geklärt. Eigentlich gibt es strenge Sicherheitsprotokolle. Da Ebola nur durch direkten Kontakt übertragen wird, sehen Experten das Entfernen der Schutzkleidung als gefährlichsten Teil beim Kontakt mit Infizierten an. Beim Ausziehen des dritten der überlappenden Schutzanzüge könnte sich Romero angesteckt haben, ließen Quellen gegenüber der spanischen Zeitung "El Pais" wissen. Ramos habe damals aber berichtet, es habe weder Probleme mit dem Anzug noch mit den Handschuhen gegeben.

Der zweite Fehler, so spanische Medien: Romero wurde direkt nach der Behandlung Urlaub gewährt. Die einzige Auflage der Klinik: Die Frau sollte zweimal pro Tag ihre Temperatur messen. Dies galt für alle Angestellten, die in Kontakt mit Viejo gekommen waren. Sollte sie eine Veränderung bemerken, müsse sie sich beim Spital melden, hieß es.

Aufnahmeprüfung trotz Krankheitssymptomen
Das allerdings tat die 40-Jährige offenbar nicht. Schon nach wenigen Tagen habe sie sich krank gefühlt, so "El Pais". Das habe sie aber nicht davon abgehalten, am 27. September an einer Aufnahmeprüfung für Stellen im öffentlichen Dienst teilzunehmen - zusammen mit 20.000 anderen Menschen.

Erst am 29. oder 30. September habe sich Romero - mit erhöhter Temperatur und matt - beim Spital gemeldet, hieß es. Dabei kam es zum nächsten schweren Fehler: Romero sei nicht als eine der Personen, die mit einem Ebola-Kranken in Kontakt gekommen waren, identifiziert worden. Daher seien ihr einfach Bettruhe und ein Schmerzmittel verordnet worden. Man hätte damals wohl nicht nach den Vorschriften gehandelt, erklärte das Gesundheitsministerium - man hätte die Frau eigentlich schon zu diesem Zeitpunkt auf die Isolierstation verlegen müssen.

Haarspalterei um Fieber erzürnt Kollegen
Die Krankheitsanzeichen seien allerdings vage und das Fieber niedrig gewesen - die "erforderlichen" 38,6 Grad hatte Romero zu diesem Zeitpunkt angeblich noch nicht überschritten. Solche Haarspalterei regt die Kollegen der Krankenschwester auf. Diese Grenze solle für die Allgemeinheit gelten, aber doch nicht für Personen in direktem Kontakt mit Ebola-Kranken, beschwerten sie sich gegenüber "El Pais". "Warum haben sie sie nicht früher behandelt?", lauteten die Vorwürfe im Spital.

Was danach passierte, darüber variieren laut Zeitung die Angaben. Romero habe das Krankenhaus weiterhin über ihre Temperatur informiert - etwa am 2. Oktober habe sie die "magische Grenze" überschritten. Dennoch seien keine erhöhten Sicherheitsmaßnahmen vorgenommen worden, so Insider - offiziell heißt es hingegen, die 38,6 Grad seien erst am 6. Oktober erreicht worden.

Überführung in andere Klinik - ohne Schutzmaßnahmen
Zu diesem Zeitpunkt habe Romero im Spital angerufen, weil sie sich "hundeelend" fühlte - dort habe man ihr aber gesagt, sie solle sich an den Notruf und ein anderes, für sie zuständiges Krankenhaus wenden. Das tat die 40-Jährige auch: Sie wurde in die andere Klinik überführt, allerdings ohne Sicherheitsmaßnahmen und Schutzanzüge für ihre Helfer. Dabei sei diese Klinik nicht einmal auf Ebola spezialisiert, so "El Pais". Und zu allem Überfluss habe Romero dort auch noch stundenlang auf der Notfallambulanz zugebracht.

Ein Teil der Personen, die während dieser Zeit mit der Krankenschwester in Kontakt kamen, steht nun unter Beobachtung. Dabei habe Romero sogar noch gewarnt, so Mitarbeiter: "Ich fürchte, ich habe Ebola." Mehr als Handschuhe und Mundschutz sei trotzdem nicht verwendet worden. Erst nach über sechs Stunden sei die Ebola-Erkrankung Romeros offiziell bestätigt und sie ins Carlos III überstellt worden.

Mit den vielen Fehlern wird sich Spanien vermutlich noch Monate beschäftigen - vor allem, da inzwischen neben Romero und ihrem Ehemann drei weitere Menschen auf der Isolierstation liegen: Eine Pflegehelferin, eine Krankenschwester der Intensivstation sowie ein spanischer Ingenieur, der aus Nigeria gekommen war. Bei diesem sei der Test allerdings negativ ausgefallen, teilten die Behörden Mittwochmittag mit. Dazu kommen mindestens 45 weitere Personen unter Beobachtung.

Behörden wollen Hund einschläfern lassen
Während sie alle nun zumindest auf bestmögliche Behandlung hoffen können, hat der Hund der Familie Romero vermutlich weniger Glück: Die Behörden wollen "Excalibur" vorsorglich einschläfern lassen. Der Ehemann der 40-Jährigen hat dagegen von der Isolierstation aus eine Online-Petition gestartet. Er habe dem Hund vor seiner Einweisung ins Krankenhaus genug Wasser und Futter zu Hause gelassen und die Tür in den Garten geöffnet, damit das Tier sein Geschäft erledigen könne, so Javier Limon Romero.

Die Behörden sollten das Tier nicht einschläfern, sondern ebenfalls unter Quarantäne stellen und beobachten, so das Herrchen. "Aber natürlich ist es mit einem Hund leichter, der zählt nicht so viel." Unter dem Hashtag #SalvemosAExcalibur (Retten wir Excalibur) hat sich inzwischen eine Protestbewegung gebildet - und die Online-Petition zur Rettung des Hundes haben inzwischen über 290.000 Menschen unterschrieben (siehe Infobox).

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