Neues Album

Robert Plant hat wieder zu sich selbst gefunden

Musik
12.09.2014 15:39
Während Jimmy Page sich mit unbändiger Kraft um eine Led-Zeppelin-Reunion bemüht, hat der legendäre Zep-Sänger Robert Plant längst mit der ruhmreichen Vergangenheit abgeschlossen und beweist sich im Alter als reflektierter Musiker mit überbordender Kreativität. Auf "Lullaby And... The Ceaseless Roar" gibt es auch Trance- und Afrobeat-Elemente zu vermelden.
(Bild: kmm)

Wie gerne würde er die vielleicht größte Rockband der Geschichte wieder auf Tour bringen. Die Ohren von Millionen Fans mit Live-Versionen von "Stairway To Heaven", "Kashmir" oder "Whole Lotta Love" beglücken und dabei Stadien rund um den Globus in wenigen Minuten ausverkaufen. Rechtzeitig zur Re-Release-Serie legendärer Led-Zeppelin-Alben hat Gitarrengott Jimmy Page wieder Lunte gerochen und das Feuer in sich entdeckt. Doch da hat der Gute die Rechnung leider ohne den Wirt gemacht, denn Sänger Robert Plant hat so gar keine Lust, den Ruhm der alten Tage aufleben zu lassen.

Die Weisheit im Alter
Plant hat mit 66 Jahren noch einmal einen letzten Lebenswandel hinter sich gebracht. Vorbei sind die wilden Zeiten des exaltierten Sexsymbols, Plant wirkt im Herbst seines Lebens ruhig, reflektiert und entspannt. Er zog unlängst vom Süden der USA wieder zurück nach England und residiert abgeschieden im sogenannten Black Country, einem Kohlerevier etwa 50 Kilometer von Birmingham entfernt, das schon die bekannten Rocker von Black Country Communion zur Musik inspirierte. "Was und wer einem wichtig ist, das lernt man im Alter", tat Plant unlängst in einem Interview kund. Britische Abgeschiedenheit steht also über der nostalgischen Rückbesinnung vor Tausenden von Fans.

"Lullaby And… The Ceaseless Roar" nennt sich das brandaktuelle Werk des beliebten Sängers, das erste, das er mit den Sensational Space Shifters eingespielt hat. Eine multikulturelle Band, die ausnahmslos aus Könnern ihrer Zunft besteht und abseits des Musizierens mit Plant meist auf Ethno Jazz, Trip Hop und Art-Rock-Zitate zurückgreift. Die Begleitmusiker Plants existieren aber nur auf dem Rücken der umweltfreundlich gefertigten Kartonage – am Cover setzt der Frontmann auf den Nimbus des Solohelden. "Back To The Basics" wollen einem die ersten Takte des Openers "Little Maggie" entgegenflüstern, denn das Schreien überlässt Plant seinem jugendlichen Selbst. 2014 klingt er, wie er ist: ruhig, reflektiert und entspannt.

Reflektion des Ursprünglichen
Den traditionellen US-Sound scheint er nach seinem Umzug in die alte Heimat fast schon absichtlich heraufzubeschwören. Man kann den Mann aus dem großen weiten Land holen, aber das große weite Land eben nicht aus dem Mann. "Somebody There" und "Turn It Up" sind zudem biografische Songs, in denen Plant kurzen Einlass in sein Inneres zulässt. Die Stimme hat trotz exzentrisch-ausschweifender Vergangenheit nichts von ihrer frivolen Jugendlichkeit verloren und der Sound entführt den Hörer gedanklich in weites und unberührtes Land. Keine Ode an die lebensverändernde Einsamkeit wie Eddie Vedders Referenzwerk "Into The Wild", aber eine experimentell-rockige Reflektion über die Schönheit des Ursprünglichen.

"Es ist ein wirklich festliches Album. Kraftvoll, mutig, afrikanisch – Trance trifft auf LedZep", so Plants Eigendefinition. Die afrikanischen Rhythmen sind fürwahr nichts Neues im ausufernden Klangkosmos des Mittsechzigers, doch die elektronischen, an Massive Attack erinnernden Trance-Elemente (etwa in "Pocketful Of Golden") mögen durchaus manchen Alt-Fan ein zweifelndes Runzeln in die Stirn kerben. Doch die Ängste sind unbegründet – mitsamt der kundigen Instrumentierung seiner Mitstreiter tappt Plant niemals in die Falle des Überbordenden, sondern bleibt zumindest an der Außengrenze des Fassbaren haften.

Led-Zeppelin-Zitate
Der Zeppelin-Altfan wird sich dennoch lieber an Songs wie der Single "Rainbow", "Poor Howard" oder dem Album-Highlight "Up On The Hollow Hill (Understanding Arthur)" festkrallen – vor allem letzterer Song ähnelt in gewisser Weise dem "Immigrant Song". Nur eben, dass Song und Künstler gereift und gealtert sind. Mit "Lullaby… And The Ceaseless Roar" gelingt Plant, der das Album auch im Alleingang produziert hat, tatsächlich das geschickte Wandeln über dem Abgrund.

Durch den Einsatz elektronischer Hilfsmittel beweist die Kultstimme nicht nur, dass Alterssturheit ein bloßes Klischee ist, sondern hält den Gesamteindruck seines zehnten Albums gleichermaßen frisch und traditionell. Lassen Sie sich mitnehmen, auf eine Reise in das Ungewisse. Und Led Zeppelin sind heute im Wohnzimmerschrank wohl wirklich besser aufgehoben als auf der Bühne.

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