Österreich muss, wie von der EU verordnet, Gesundheitsdaten sichern. Der Entwurf sorgt für hitzige Debatten. Die Ministerin lenkte nun ein: Es gibt Übergangsfristen und Ausnahmen. Doch Ärzte wollen vor den Verfassungsgerichtshof ziehen.
Die Angst vor dem gläsernen Patienten grassiert. Wie die „Krone“ berichtete, laufen die Vorbereitungen auf den von der EU verordneten Gesundheitsdatenraum (EHDS). Dort sollen Patientendaten gespeichert werden. Eine geplante verpflichtende Einführung einer Diagnosecodierung von Ministerin Korinna Schumann (SPÖ) rief Ärztekammer, Datenschützer und Opposition auf den Plan.
Zudem sei die geplante Regelung nicht EU-konform. Nun gibt es Zugeständnisse des Ministeriums. Zum einen Ausnahmen, etwa für Wahlärzte unter 300 Patienten, insgesamt eine Übergangsfrist von einem halben Jahr, die den Ärzten zumindest die notwendigen Systemumstellungen erleichtern soll.
Zeit für notwendige Anpassungen
Ärztekammerpräsident Steinhart sieht das Gesetz in der nun eingebrachten Form als Kompromiss, den man mittragen könne, so Verfassungskonformität und europäische Vorgaben gegeben seien. Steinhart: „Wir unterstützen grundsätzlich eine sinnvolle Diagnosecodierung. Die nun ausverhandelte Übergangsfrist von sechs Monaten begrüßen wir. Diese verschafft uns Zeit für die notwendigen Anpassungen im Ordinationsalltag und schafft Gestaltungsraum für eine praxisnahe Gesetzesanwendung.“
Mit dieser Kalmierung ist das heikle Thema aber nicht erledigt. Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Parlament, Gerhard Kaniak (FPÖ), ist sicher: Der Entwurf schaffe es weder, den EU-Vorgaben zu entsprechen, noch schaffe er es, die datenschutzrechtlichen Bedenken auszuräumen. „Die personenbezogenen Diagnosedaten werden ohne Anonymisierung an die Sozialversicherungen weitergeleitet. „Meines Erachtens ist dies ganz klar verfassungswidrig.“
„Handbuch zur Ermächtigung“
Verfassungsexperten sprechen von legistischen Fehlern. Eine dynamische Gesetzgebung, die auf ein sogenanntes Handbuch des Ministeriums verweist, würde der Ministerin weitgehende Ermächtigungen geben, in welchem Umfang Daten gespeichert werden und an wen sie weitergegeben werden dürfen. Das sieht man als hochproblematisch.
Letztlich könnte Höchstgericht entscheiden
Letztlich muss wohl der Verfassungsgerichtshof entscheiden. Denn der Linzer Arzt Michael Stelzl will dort mit einer Gruppe von betroffenen Ärzten eine Individualbeschwerde einbringen: „Unsere Kritik am Gesetz geht vom Datenschutz bis hin zum Eingriff in das besonders geschützte Verhältnis zwischen Arzt und Patient. Wir werden unsere Beschwerde sehr gut vorbereiten und im nächsten Jahr beim VfGH einbringen.“
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