Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sieht den Wirtschaftsstandort Deutschland im „freien Fall“ und in seiner historisch tiefsten Krise seit Bestehen der Bundesrepublik im Jahr 1949. „Doch die Bundesregierung reagiert nicht entschlossen genug“, kritisierte BDI-Präsident Peter Leibinger.
Der BDI bangt um die Zukunft des Standorts Deutschland. Die deutsche Industrie stehe am Ende des Jahres 2025 vor einem dramatischen Tiefpunkt, sagte Leibinger der Deutschen-Presse-Agentur.
Bericht gibt Anlass zur Sorge
In einem neuen – deutschlandweiten – Bericht wird für dieses Jahr ein Rückgang der Produktion in der Industrie um zwei Prozent erwartet. Damit würde sie das vierte Jahr in Folge schrumpfen. „Das ist keine konjunkturelle Delle, sondern ein struktureller Abstieg“, mahnte Leibinger. Die deutsche Industrie verliere kontinuierlich an Substanz.
Deutsches BIP: Nur Miniwachstum für 2026 erwartet
Für die Konjunktur insgesamt sieht es ebenfalls schlecht aus. Nach zwei Jahren ohne Wirtschaftswachstum rechnen die Bundesregierung und Wirtschaftsinstitute für das laufende Jahr allenfalls mit einem Miniwachstum. Im kommenden Jahr soll es leicht bergauf gehen. Allerdings haben die sogenannten Wirtschaftsweisen ihre Erwartungen für 2026 zuletzt bereits leicht nach unten korrigiert. Die Mitglieder des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung erwarten auch im nächsten Jahr nur ein BIP-Wachstum von 0,9 Prozent.
Deutschland braucht jetzt eine wirtschaftspolitische Wende mit klaren Prioritäten für Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum.
BDI-Präsident Peter Leibinger
Schwere Zeiten in der Chemieindustrie
In einer schwierigen Lage befindet sich zum Beispiel die Chemieindustrie. Zuletzt lag dem Bericht zufolge die Auslastung der Chemieanlagen nur noch bei 70 Prozent. Auch der Maschinenbau und die Stahlindustrie seien unter Druck. Die Lage in der Bauindustrie dagegen scheint sich zu stabilisieren. In der Autoindustrie wird mit einem Produktionsplus gerechnet, die Kapazitätsauslastung ist gestiegen. Die Beschäftigung in der Automobilindustrie aber sei unter Druck geraten.
Industrie-Boss fordert mehr Investitionen von der Regierung
„Deutschland braucht jetzt eine wirtschaftspolitische Wende mit klaren Prioritäten für Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum“, sagte Leibinger. Jeder Monat ohne entschlossene Strukturreformen koste weitere Arbeitsplätze, Wohlstand und enge künftige Spielräume des Staates ein. Konkret forderte der BDI-Präsident, die Bundesregierung müsse Investitionen Vorrang vor konsumorientierten Ausgaben einräumen. Das Sondervermögen müsse transparent für zusätzliche Investitionen genutzt werden.

Schon länger gibt es Kritik daran, dass die Bundesregierung Vorhaben aus dem Kernhaushalt in das Milliarden-Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz verschiebt – um dann mit freigewordenen Mitteln Projekte wie die umstrittene Ausweitung der Mütterrente zu finanzieren.
Bürokratieabbau als Lösung?
Leibinger forderte außerdem einen konsequenten Bürokratieabbau. Zwar habe die Bundesregierung erste Schritte eingeleitet. Die Unternehmen bräuchten aber weitreichende Entlastungen, die sie im Alltag wirklich spürten.

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