Keine kostenlose Öffi-Jahreskarte mehr für sehbehinderte und gehörlose Menschen – diese Nachricht sorgte für Empörung in Wien. Jetzt der Befehl von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ): Betroffene dürfen weiterhin gratis fahren!
Es war ein zweiseitiger, seelenloser Brief, ausgerechnet von einer Institution, die das Wort Sozial im Namen trägt, an die Blinden, die sich das Schreiben natürlich vorlesen lassen mussten: Der Fonds Soziales Wien informierte „mit freundlichen Grüßen“, dass die Betroffenen nicht mehr kostenlos mit den Wiener Linien fahren dürfen – sondern eine „Jahreskarte Spezial“ erhalten, die zwar günstiger ist, aber keine 100-prozentige Förderung mehr enthält.
2700 blinde, schwerst sehbehinderte und gehörlose Menschen fielen aus allen Wolken. Ausgerechnet bei ihnen will die Stadt also sparen!
Auch wir haben darüber berichtet. Die „Krone“ hat in den vergangenen Tagen zudem hinter den Kulissen mit dem Bürgermeisterbüro und den zuständigen Stadträten gesprochen: Kann man denn wirklich nichts für diese Menschen machen?
„Halten an Gratis-Jahreskarte fest“
Die Antwort: Doch! Das Machtwort kommt vom Stadtchef persönlich: „Mobilität ist eine zentrale Voraussetzung für soziale Teilhabe“, so Michael Ludwig (SPÖ). „Wir halten an der Gratis-Jahreskarte für stark sehbehinderte, blinde und gehörlose Menschen fest. Gleichzeitig erweitern wir mit der Jahreskarte Spezial das Angebot, damit künftig mehr Menschen mit Behinderungen von leistbarer Mobilität profitieren können.“
Der Bürgermeister erklärt, was das im Detail bedeutet: „Ab 3. November 2025 gibt es für Menschen mit Behinderung mit ihrem österreichischen Behindertenpass und ab einem Grad der Behinderung von 70% die neue Jahreskarte Spezial bei den Wiener Linien. Diese Jahreskarte wird ab 1. Jänner 2026 gültig sein und erweitert die Zielgruppe.“
Wir halten an der Gratis-Jahreskarte für stark sehbehinderte, blinde und gehörlose Menschen fest
Michael Ludwig (SPÖ)
Heißt zusammengefasst: 2700 Blinde und Gehörlose fahren weiterhin kostenlos, 26.600 Wiener mit Behinderung ab 70% Grad vergünstigt – nämlich um 300 Euro pro Jahr.
Es sind wohl auch die Geschichten, wie jene von Peter M., die den Stadtchef bewegt haben: Der Favoritner hat in einer Druckerei gearbeitet und ist vor ein paar Jahren wegen einer Erbkrankheit vollständig erblindet. Seit 2017 musste er deswegen in Frühpension gehen – kann ohne die Hilfe anderer im Alltag nicht überleben.
Und der Stadtchef hat auch im Wahlkampf viel mit blinden Menschen gesprochen. Für die „Krone“ stellten sich alle Spitzenkandidaten ihren größten Ängsten. „Ich bin ein Mensch, der gerne liest, und das wäre für mich ein Schicksalsschlag“, berichtete Michael Ludwig im April. „Die Gefahr, sich wo anzustoßen oder in eine Grube zu fallen, ist groß.“
„Das macht mich glücklich“
Michael Ludwig ließ sich damals von der blinden Ayse in Ottakring durch einen dunklen Raum führen, absolute Finsternis überall, keine Konturen, Umrisse, nichts – aufgenommen mit einer Nachtsichtkamera. Sein Fazit damals: „Zum einen habe ich, wie ich meine, zu Recht Angst zu erblinden. Weil man ja viele Dinge verliert. Also nicht nur das Lesen, sondern Menschen nicht erkennen, Räume, Farben.“
Nun also die frohe Botschaft für alle Betroffenen. Die Wiener Linien bleiben für sie kostenlos. Insgesamt geht es um ein finanzielles Volumen von 1,4 Millionen Euro. Einer der Ersten, der von der „Krone“ davon erfahren hat, war Peter M.: „Ich freue mich über diese Nachricht. Das macht mich glücklich.“
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