Nachdem ein antisemitischer Kommentar eines ORF-Redakteurs am Dienstag an die Öffentlichkeit gelangt war, zieht der Sender Konsequenzen und beendet die Zusammenarbeit mit „Am Schauplatz“-Redakteur Robert Gordon. Der Kommentar sorgte für eine Welle der Entrüstung und kostete ihn letztlich seinen Job.
„Wenn ich 2000 Jahre lang Opfer bin, dann sollte ich mir langsam überlegen, woran das wohl liegen mag“, schrieb Gordon in einem mittlerweile gelöschten Kommentar auf Facebook und sorgte damit für Schlagzeilen.
Weißmann: „Völlig inakzeptabel“
Generaldirektor Roland Weißmann kündigte bereits am Dienstag dienstrechtliche Konsequenzen an. Er bezeichnete das Posting als „völlig inakzeptabel“ und entschuldigte sich im Namen des ORF ausdrücklich für das Verhalten des Redakteurs. Am Freitag verkündete der ORF die einvernehmliche Auflösung des Dienstvertrags mit Gordon, wie es in einer Aussendung hieß.
Ich bedaure zutiefst, einen Satz geschrieben zu haben, den ich von niemandem so unwidersprochen stehen lassen würde. Dieser Satz steht gegen alles, wofür ich mich in meinem privaten und beruflichen Leben eingesetzt habe.
Ex-ORF-Redakteur Robert Gordon
Gordon wird in einer ORF-Mitteilung mit folgenden Worten zitiert: „Ich bedaure zutiefst, einen Satz geschrieben zu haben, den ich von niemandem so unwidersprochen stehen lassen würde. Dieser Satz steht gegen alles, wofür ich mich in meinem privaten und beruflichen Leben eingesetzt habe.“
„Klassische antisemitische Täter-Opfer-Umkehr“
Aus der jüdischen Community war scharfe Kritik an Gordons Aussagen laut geworden. Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Salzburg, Steiermark und Kärnten, Elie Rosen, zeigte sich über das Posting des „Am Schauplatz“-Redakteurs empört. Dessen Aussage überschreite eine rote Linie: „Wer so spricht, betreibt klassische antisemitische Täter-Opfer-Umkehr: Er deutet die Verfolgung der Juden als eine Art selbstverschuldete Geschichte. Damit werden die Opfer verhöhnt und der Antisemitismus legitimiert“, meinte Rosen.
Auch der Präsident Israelitischen Religionsgesellschaft Österreichs (IRG), Oskar Deutsch, reagierte auf den Vorfall. Auf Social Media schrieb er, es handle sich um ein „richtiges Vorgehen“ von ORF-Generaldirektor Roland Weissmann, betonte jedoch auch: „Nur fürchte ich, dass dienstrechtliche Konsequenzen nicht ausreichen. Es gilt sicherzustellen, dass antisemitische Stereotype nicht toleriert und schon gar nicht legitimiert werden.“
Oskar Deutsch bezog am Dienstag Stellung zu dem Vorfall:
Auch Israels Botschafter David Roet forderte am Donnerstag weitergehende Schritte. Eine Untersuchung dieses Falles dürfe sich nicht auf diesen einen eklatanten Vorfall beschränken. „Wie konnte beispielsweise ein leitender Journalist des ORF es für akzeptabel halten, solche Worte zu schreiben?“, fragt sich Roet und wirft dem ORF Nachsicht im Umgang mit häufig geäußerten Vorwürfen von antijüdischen und antiisraelischen Ansichten in der „Atmosphäre beim ORF“ vor.
Überdies war am Donnerstag bekannt geworden, dass der von der Anwältin Maria Windhager vertretene Humanitätsverein „Zwi Perez Chajes-Loge“ (B‘nai B‘rith) nach eigenen Aussagen eine Strafanzeige gegen Gordon bei der Staatsanwaltschaft eingebracht hat.
Gaza-Aktivisten drangen in ORF-Newsroom ein
Der ORF sieht sich jüngst im Kreuzfeuer der Berichterstattung über den Nahost-Konflikt. Erst am späten Donnerstagnachmittag drangen sechs Gaza-Aktivisten in den Newsroom am Wiener Küniglberg ein und randalierten dort laustark (siehe Linkbox unten). Während des laufenden Betriebs im ORF-Newsroom warfen die Aktivisten Flugblätter in die Luft, eine Frau schrie: „Ihr seid alle verantwortlich für den Genozid in Gaza!“ Der Protest richtete sich nach Ansicht der Aktivisten gegen eine nicht objektive Berichterstattung des ORF über den Nahost-Konflikt. Im ORF-Landesstudio Tirol kam es vor wenigen Wochen zu einem ähnlichen Vorfall.
Gordon war seit 1995 beim ORF
Robert Gordon, Verfasser des antisemitischen Postings, arbeitete seit 1995 als Redakteur bei „Am Schauplatz“. Der gebürtige Mödlinger hat in seiner beruflichen Laufbahn einige Anerkennungen und Nominierungen erhalten, darunter etwa der Claus Gatterer-Preis für sozial engagierten Journalismus und der Leopold Unger-Preis 2016. Mit seinem Posting setzte er seiner Karriere beim ORF ein jähes Ende.
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