„Halten Sie Ihr Wahlversprechen, Herr Kunasek!“, hallte es am Dienstag bei einer Großdemo in Graz durch die Mikrofone. Aus drei Himmelsrichtungen waren Hunderte aufgebrachte Steirer in die Landeshauptstadt angereist, um für den Erhalt ihrer Spitäler zu kämpfen. Der Löwenanteil kam aus dem Ausseerland.
Die Radkersburger waren am Dienstag um 10 Uhr die ersten, die beim vereinbarten Treffpunkt vor der Grazer Oper eintrafen. „Wir sind enttäuscht“, fasst Paul Fischer, Betriebsrat am örtlichen LKH, in drei Worten die aktuelle Stimmungslage zusammen. „Von der FPÖ, aber auch von der ÖVP. Landesrat Karlheinz Kornhäusl hat uns hoch und heilig versprochen, dass unser Krankenhaus voll erhalten bleibt – und was ist jetzt?“, schüttelt der Südsteirer den Kopf.
„Das ist ein Irrsinn“
Dass die Orthopädie am Standort Bad Radkersburg laut dem regionalen Strukturplan Gesundheit (RSG), der zeitgleich im Landtag diskutiert wurde, schon bald Geschichte sein soll, können die Betroffenen nicht verstehen: „Aktuell beträgt die Wartezeit auf eine orthopädische OP bei uns 30 Wochen, im Rest der Steiermark wartet man doppelt so lang. Und dann will man uns erklären, dass es besser ist für die Versorgung, unsere Abteilung zu schließen und eine neue in Deutschlandsberg aufzubauen – das ist doch ein Irrsinn“, sagt Christian Neuhold von der Plattform „Lebenswertes Bad Radkersburg“.
Plötzlich wird es laut. Die anwesende Polizei fährt in die Kreuzung Opernring/Girardigasse ein und sperrt den Verkehr. Die Ausseer kommen. Im Vergleich zu jenen, die aus Bruck (hier kämpft man für die Rückabwicklung der Ambulanz-Verlagerung nach Leoben) und der Region Südosteiermark angereist sind, eine Wucht. Mit zehn Bussen sind die Obersteirer nach Graz gefahren, etwa 500 Personen sind es insgesamt, Trommelweiber inklusive.
„Immerhin leben 13.500 Menschen in unserer Region, hinzu kommen mehr als 6000 Zweitwohnungsbesitzer und unzählige Touristen. Wir leben in einer exponierten Gegend, da ist ein eigenes Spital überlebensnotwendig“, ruft Gerald Loizl, ÖVP-Bürgermeister von Altaussee, am Podest vor der Grazer Burg, dem Sitz des Landeshauptmannes, ins Mikrofon. Die Menge applaudiert und pfeift.
Zum Hintergrund: Das Ausseer Landeskrankenhaus soll zwar – im Gegensatz zu den ursprünglichen Plänen eines neuen Leitspitals im Zentrum des Bezirks Liezen – wie auch die Standorte in Schladming und Rottenmann erhalten bleiben, aber wichtige Abteilungen verlieren und in erster Linie auf den Bereich Akutgeriatrie/Remobilisation reduziert werden. Das lässt im Ausseerland seit Wochen die Wogen hochgehen.
Kurz-Audienz bei Kunasek und Kornhäusl
Hören kann Mario Kunasek all das aber nicht, da parallel der Landtag in der Herrengasse tagt. Dennoch bekommen die Demonstranten Gelegenheit, mit dem FPÖ-Landeshauptmann zu reden, wenn auch nur kurz. Aus jeder Region wurde kurzfristig ein Vertreter im Landhaushof empfangen.
Wie verlief das Zusammentreffen? „Kornhäusl und Kunasek sagen halt immer das Gleiche“, fasst Herbert Angerer vom Forum „Pro LKH Bad Aussee“ zusammen. Nachsatz: „Aber das tun wir ja auch.“
Beschlossen werden soll der RSG übrigens am Freitag. Wesentliche Änderungen im Vergleich zum Entwurf sind nicht zu erwarten.
Fast zeitgleich zur Demonstration wurde im Grazer Landhaus über die Krankenhauspläne im neuen RSG debattiert. Dabei wurde offensichtlich: Speerspitze der Kritik ist die SPÖ, die bis vor einem Jahr noch Teil der Landesregierung war. „Es kommt zu Verschlechterungen im Gesundheitssystem“, betonte der rote Parteichef Max Lercher, der davor auch bei der Demo vorbeischaute. „Wenn in Bad Aussee quasi nur das Haus bleibt, dann ist Plan B ein gesprochenes Wahlversprechen.“ Plan B meint der Erhalt aller drei Spitalstandorte im Bezirk Liezen anstelle eines zentralen Klinikums in Stainach-Pürgg.
Lercher forderte erneut auf, „bestehende Systeme“ in der Spitalsgesellschaft Kages, im Gesundheitsfonds und in der Landesabteilung zu hinterfragen. „Das wäre aber der schwierige Weg, der auch vom Rechnungshof gefordert wurde. Den geht ihr aber nicht.“ Der Weg der Landesregierung sei „mut- und planlos“.
„Der Rebell ist zurück“
In den Gegenangriff ging vor allem die FPÖ. Abgeordneter Thomas Maier warf den Sozialdemokraten vor, Panik zu schüren und Mitarbeiter und Bevölkerung zu verunsichern. Klubobmann Marco Triller quittierte Lerchers Auftritt mit: „Der Rebell ist zurück.“ Triller ist laut eigenen Angaben überzeugt, das Richtige zu machen: „Geben wird dem Ganzen eine Chance.“
Auch ÖVP-Gesundheitslandesrat Karlheinz Kornhäusl wies Lerches Kritik zurück und verwies auf einige Vorhaben im RSG, etwa eine Psychiatrie in Bruck, der Aufbau eines Traumazentrums in Leoben sowie Gynäkologie-Ordinationen in Rottenmann und Hartberg. „Da von einer Verschlechterung zu sprechen, halte ich für unredlich.“
Kritik kam auch von den anderen Oppositionsparteien. Bettina Schoeller (NEOS) sieht vor allem die Verlagerung der Orthopädie von Bad Radkersburg nach Deutschlandsberg kritisch: „Qualität lässt sich nicht einfach verlegen.“ Claudia Klimt-Weithaler (KPÖ) vermisst Alternativen für Patienten, die es geben müsse, bevor etwas zugesperrt wird. Auch die Grünen unter Sandra Krautwaschl werden dem RSG nicht zustimmen, auch wenn es Ansätze gibt, die unterstützt werden.
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