Beobachter zweifeln

Kerry: “Lange nicht mehr so nah an Nahost-Frieden”

Ausland
06.12.2013 16:17
US-Außenminister John Kerry hat sich zum Abschluss seines Nahost-Besuchs optimistisch über die Aussichten auf einen Friedensschluss zwischen Israel und den Palästinensern geäußert. "Ich glaube, wir waren Frieden und Wohlstand, den alle Menschen dieser Region herbeisehnen, seit Jahren nicht mehr so nahe wie heute", sagte Kerry am Freitag nach Angaben der Zeitung "Times of Israel". Politische Beobachter hingegen zeichnen ein weitaus düstereres Bild.

Kerry rief die Konfliktparteien auf, sich bei ihren Gesprächen den verstorbenen Anti-Apartheid-Kämpfer Nelson Mandela zum Vorbild zu nehmen. "Wir alle sollten uns das Beispiel Nelson Mandelas zu Herzen nehmen, wenn wir uns der Herausforderung stellen, eine Zwei-Staaten-Lösung zu erreichen", sagte Kerry auf dem Flughafen Ben Gurion zum Abschluss eines 36-stündigen Besuchs in Israel und den Palästinensergebieten.

Dass nichts über den Stand der Verhandlungen an die Öffentlichkeit gelange, bedeute nicht, dass es keine Fortschritte gebe, betonte Kerry. Worauf sich sein Optimismus stütze, sagte der US-Außenminister jedoch nicht. Kerry hatte Israelis und Palästinenser in monatelangen Vermittlungen und unter erheblichem Druck zu den Ende Juli aufgenommenen und auf neun Monate angelegten Verhandlungen gedrängt.

Beobachter sehen keinerlei Fortschritte
Was bisher über Verlauf und Klima der Gespräche zwischen Israelis und Palästinensern an die Öffentlichkeit dringt, löste in israelischen und palästinensischen Medien eher pessimistische Töne aus. Ohne Fortschritte, von unüberbrückbaren Gegensätzen geplagt, inhaltsleer und von gegenseitigen Vorwürfen gekennzeichnet, lautete der Tenor der meisten Berichte. "Die Furcht des Scheiterns ist der eigentliche Ansporn bei Kerrys Friedensmission", schrieb etwa die Zeitung "Haaretz".

Einer der bisherigen palästinensischen Unterhändler, Mohammed Shtayeh, warf Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu sogar vor, er wolle die Zweistaatenlösung in Wirklichkeit gar nicht. Shtayeh hatte sein Amt aus Protest gegen den israelischen Siedlungsbau niedergelegt. In Netanyahus siedlerfreundlichen und rechtsgerichteten Regierung gibt es starke Kräfte, die offen gegen die Zweistaatenlösung arbeiten. Wie Wirtschaftsminister Naftali Bennett fordern sie stattdessen die Annektierung großer Teile des Westjordanlandes.

Israels Sicherheit hat "höchste Priorität"
Bei seinem letzten Besuch vor einem Monat hatte Kerry noch den israelischen Siedlungsbau kritisiert. Dieses Mal ging der US-Außenminister ausdrücklich auf Israels Sicherheitsbedenken ein. Israels Sicherheit habe sowohl bei den Friedensgesprächen mit den Palästinensern als auch bei den Gesprächen mit dem Iran über einen Vertrag zur Beilegung des Atomstreits "höchste Priorität", betonte Kerry nach einem von insgesamt drei Gesprächen binnen 24 Stunden mit Netanyahu.

US-Präsident Barack Obama habe laut Kerry den früheren Afghanistan-General John Allen beauftragt, mögliche Bedrohungen aufzuzeigen und Vorschläge auszuarbeiten. Es dürfte dabei unter anderem um die Forderung Israels gehen, die Ostgrenze eines künftigen Palästinenserstaates am Jordanfluss auch in Zukunft mit eigenen Truppen zu kontrollieren. Damit würden alle Grenzen des Palästinenserstaates unter der Kontrolle Israels bleiben. Für die Palästinenser ist dies eine kaum zu akzeptierende Forderung.

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