Ein Interview, das nie geführt wurde und Ende Mai um die Welt ging, brachte mich auf den Plan: Ich will ein echtes Interview mit Clint Eastwood! Ich telefonierte, faxte, schrieb (digital geht gar nichts). Seither sind sieben Wochen vergangen. Funkstille! Sogar mit dem Papst lief es besser.
Der wortkarge Westernheld hat sein Herz nie auf der Zunge getragen. Interviews mit Clint Eastwood gelten in der Branche als aussichtslos.
Dass zu seinem 90. Geburtstag ein „Interview“ mit ihm erschien, und das ausgerechnet in einer österreichischen Zeitung, stachelte meinen Ehrgeiz an. Und außerdem hat die „Krone“ einen Hollywood-Korrespondenten. Christian Thiele reagiert nach zehn Sekunden auf meine WhatsApp-Nachricht, obwohl es in Los Angeles Nacht ist. „No way!“, schreibt er. Eine „Mission Impossible“ also.
Als bei ihm die Sonne aufgeht, schickt mir Christian ein Foto seines verstorbenen Vorgängers Dierk Sindermann mit Clint Eastwood, es stammt aus dem Jahr 2019, sie lächeln beide in die Kamera. Entstanden ist das Bild bei einem Promotion-Termin für seine letzte Produktion, ein Interview wurde nicht daraus.
Er rät mir, die „Mission Ranch“ von Clint Eastwood in Carmel am Pazifischen Ozean zu kontaktieren. Von dort kommt ein freundliches Mail, Absender „General inquiries“: „Thank you for contacting the Mission Ranch. Unfortunately we do not accept any email, packages, or phone calls for Mr. Eastwood. You may forward any correspondence to his production company: Mal Paso Productions, 4000 Warner Blvd. Bldg 16, Burbank CA 91522.“
Ich suche vergeblich eine Mailadresse, finde aber nur eine Telefon- und eine Faxnummer. Wo gibt es bitte noch Faxgeräte?
Mein Anruf kommt auf einen automatischen Anrufbeantworter. Ich erkläre mit samtener Stimme und in meinem bestmöglichen Englisch, dass ich Journalistin bin, seit fast 40 Jahren Interviews führe und dass ein Gespräch mit Clint Eastwood so etwas wie die Krönung meiner Karriere wäre. Außer dem „Piep“ am Schluss kommt da nichts zurück, auch nicht in den darauffolgenden zwei Tagen.
Ich erkundige mich noch bei Österreichs Regiemeister Robert Dornhelm, ob er mir einen Kontakt zu Clint Eastwood herstellen könne. Er bedauert. Niemand hat direkten Kontakt zu ihm.
Also schreibe ich meine Interviewanfrage auf „Krone“-Briefpapier. Vor meinen Text stelle ich ein Zitat von Charly Parker über Mozart. Eastwood liebt Jazz, er komponiert teilweise selbst (so wie einer seiner Söhne), und Charlie „Bird“ Parker gilt als das vielleicht größte Genie des Jazz. Eastwood produzierte den viel beachteten Film über sein Leben und gewann damit den „Golden Globe“.
Die Technik richtet mir extra eine Faxleitung ein, denn diese Art der Kommunikation ist sogar im Tanker „Krone“ längst stillgelegt. Es piepst, aber es geht nicht durch. Ich fahre auf eines der letzten Postämter Wiens, die noch Faxe annehmen, aber auch der sehr verwunderte, aber nette Postmann hat kein Glück.
Bleibt also der Postweg. 48 Euro kostet mich, express und eingeschrieben, der Brief an Eastwoods Produktionsfirma Mal Paso. Sie ist für Filme wie „Erbarmungslos“, „Million Dollar Baby“ und „Gran Torino“ verantwortlich.
Datum des Briefkopfes: 5. Juni 2025. Poststempel: 7. Juni 2025. Seither sind sieben Wochen vergangen.
Sogar mit dem Papst lief es besser
2021 erfüllte ich sämtliche Kriterien einer offiziellen, von der Botschaft des Heiligen Stuhls unterstützten Interviewanfrage an die „Sala Stampa della Santa Sede“, das Presseamt des Vatikans. Handgeschrieben auf Papst-Briefpapier (das ist jenes schwere cremefarbene Papier, das auch der Vatikan verwendet), violette Tinte, natürlich italienisch, ebenfalls express und eingeschrieben.
Zwei Wochen später kam ein Brief von Direttore Matteo Bruni an „Gentilissima Signora Bishofberger“, in dem ich sehr diplomatisch, aber auch liebenswürdig, zumindest vertröstet werde. Das unterscheidet den (ehemaligen) Papst von Clint Eastwood.
Gut, der Hollywoodstar ist jetzt auch schon 95 und hat vielleicht gar keine Lust mehr, die Briefe oder Pakete von irgendwelchen Journalisten oder Fans zu öffnen. Ein Lebenszeichen gab es nach dem erfundenen Interview aber sehr wohl von ihm: Er habe „nie“ mit jemandem von einer deutschsprachigen österreichischen Zeitung „Kurier“ gesprochen, erklärte er in einem Statement, das der „Guardian“ veröffentlichte, und nannte das Ding eine „komplette Fälschung“.
Vielleicht hat er meinen Brief ja kurz in die Hand genommen und nur „Austria“ gelesen. In diesem Fall ist er wohl im Papierkorb gelandet.
Kommentare
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.