Ihre Geschichte ging um die Welt: Drei Nonnen lassen sich nicht ins Altersheim stecken und kämpfen sich vor aller Augen in ihr Zuhause, das Schloss Goldenstein, zurück. Weihnachten feiern sie zu dritt allein und leise. Es ist ihr Rückzug ins klösterliche Leben nach einem kräftezehrenden Jahr.
Schloss Goldenstein am Fuße des Gaisbergs im salzburgischen Elsbethen liegt im Nebel. Wie schön wären jetzt ein paar Schneeflocken. Überhaupt ist dieser Heilige Abend sehr speziell. „Weihnachten bedeutete den Schwestern immer in erster Linie teilen, schenken, geben“, erzählt Christina Wirtenberger, die den Nonnen sehr nahe steht, „da ihre Konten aber nach wie vor gesperrt sind, konnten sie auch keine Geschenke machen.“
Die 65-Jährige ist der gute Geist im Kloster, ehemalige Internatsschülerin und Mitstreiterin der Nonnen von Goldenstein. Als die Augustiner-Chorfrauen im Jänner 2024 auf Veranlassung des amtierenden Prälaten in ein Pflegeheim gebracht wurden, war es Christina, die aus der Schweiz anreiste und die Schwestern besuchte. Es war Christina, die sah, wie unglücklich sie dort waren, und die entdeckte, dass den Schwestern die Vollmacht auf ihr Gemeinschaftskonto entzogen worden war.
Die spektakuläre Flucht aus dem Heim und die Besetzung ihres alten Klosters wäre ohne die furchtlose Frau Wirtenberger nicht möglich gewesen. „Dass alles so gekommen ist, haben wir dem Herrgott und der Muttergottes zu verdanken. Und unserer lieben Christina“, sagt Schwester Regina, die schweigsamste der drei Nonnen, als „Krone“-Fotograf Andreas Tröster sie kurz vor Weihnachten noch einmal besucht. Sie haben sich am runden Tisch im „grünen Zimmer“ versammelt und lassen das vergangene Jahr Revue passieren.
Es war eine kleine Kirchenrevolution, die diese drei Frauen ausgelöst haben. Bei ihrem Kampf ging es um Würde, um Selbstbestimmung und um die Angst, am Ende des Lebens, wenn man sich nicht mehr wehren kann, ausgeliefert zu sein. Immer wieder erzählen sie, dass man ihnen doch versprochen habe, sie könnten im Kloster bleiben und hier alt werden. Dass sie in gutem Glauben darauf vertraut hätten. Dass der Probst dieses Vertrauen aber missbraucht habe.
So ein Frieden ist jetzt bei uns herinnen! Ein Glück, das wir im Kloster immer verspürt haben. Alles andere, was passiert ist, müssen wir aushalten.

Schwester Bernadette (88)
Bild: Andreas Tröster
Nach Antwort aus Vatikan Instagram-Account ruhend gestellt
In einer schriftlichen Anfrage an den Vatikan baten die Nonnen Anfang Dezember um einen neuen Oberer. „Die Antwort kam bereits nach vier Tagen und war sehr positiv und wertschätzend im Ton“, berichten sie. Man bat die Schwestern, sich noch ein wenig zu gedulden. Als Zeichen ihres guten Willens haben sie ihren Instagram-Account ruhend gestellt, zuletzt folgten nonnen_goldenstein 283.000 Menschen.
Die Journalistin Edith Meinhart zeichnete diese unglaubliche Geschichte auf. Letzte Woche stellte sie mit zwei der Schwestern das Buch „Nicht mit uns!“ (Verlag Edition Lauter) in Salzburg vor, zur Überraschung vieler im Volksheim der KPÖ. Vizebürgermeister Kay-Michael Dankl betonte, dass das „K“ im Parteinamen zwar nicht für „katholisch“ stehe, aber in dem Konflikt der drei Frauen mit der Kirchenobrigkeit gehe es um „grundsätzliche Fragen, wie mit Menschen umgegangen wird.“ 4000 Stück sind bereits verkauft, die zweite Auflage ist gerade im Druck und ab Mitte Jänner wieder erhältlich.
Mit über 80 auf Herbergssuche
Weihnachten feiern die „rebellischen Nonnen“, wie sie von „New York Times“ bis „China Daily“ bezeichnet wurden, zu dritt allein und leise. Schwester Bernadette erzählt die Geschichte von Bethlehem. In gewisser Weise begaben sich die drei über Achzigjährigen ja auch auf Herbergsuche, nachdem sie aus dem Pflegeheim getürmt waren. Unvergesslich die Bilder, wie sie auf Rollatoren gestützt wieder ihr altes Kloster in Besitz nahmen.
Ein Schlüsseldienst musste die Türen öffnen, das unter Denkmalschutz stehende Gebäude war verwüstet. Zerschlagene Spiegel, zerstörte sanitäre Anlagen, der Treppenlift herausgerissen, der Klostergarten verwildert. Es war ein kräftezehrendes Jahr für die drei Frauen mit ihren leisen, gebrechlichen Stimmen. Gemeinsam sind sie 256 Jahre alt.
Ich bin froh, dass endlich Ruhe einkehrt. Dass es so gekommen ist, haben wir dem Herrgott und der Muttergottes zu verdanken. Und unserer lieben Christina.

Schwester Regina (86)
Bild: Andreas Tröster
Nun freuen sie sich auf die Gebete in ihrer geliebten Kapelle, auf die Stille und die Ruhe nach dem Sturm. „So ein Frieden ist jetzt bei uns herinnen!“, strahlt Schwester Bernadette, „ein Glück, das wir im Kloster immer verspürt haben. Alles andere, was in diesem Jahr passiert ist, müssen wir aushalten.“ Sie sei froh, dass endliche Ruhe einkehre, meint Schwester Regina. Auch wenn es dieses Jahr besonders besinnlich sein wird.
Nicht einmal Kekse haben sie gebacken. „Und wir konnten auch keine Geschenke machen, weil wir seit zwei Monaten keinen Zugriff mehr auf unser Geld haben“, wiederholt Schwester Rita, was schon Christina erzählt hat. Inwischen wurde für die Nonnen ein Treuhandkonto eingerichtet.
Kekse haben wir dieses Jahr keine gebacken. Und wir konnten auch keine Geschenke machen, weil wir seit zwei Monaten keinen Zugriff mehr auf unser Geld haben.

Schwester Rita (82)
Bild: Andreas Tröster
Der Rückzug ins klösterliche Leben geht mit viel Dankbarkeit einher. „So viele Menschen haben uns tatkräftig unterstützt, so viele Helferinnen haben unser Kloster wieder wohnlich gemacht“, sagt Schwester Rita. Auch der „Krone“ wollen sie „Danke“ sagen. „Dafür, dass ihr immer fair berichtet habt.“
Nun hoffen sie auf ein Happy End. Nicht nur für sie selber, sondern auch für viele andere Menschen, die am Ende ihres Lebens nicht abgeschoben werden wollen.
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