Stopline-Bericht

Kindesmissbrauch im Web: Meldungen stark gestiegen

Digital
08.05.2025 15:52

Die Meldestelle Stopline hat 2024 89.908 Meldungen zu sexuellen Missbrauchsdarstellungen Minderjähriger und nationalsozialistischer Wiederbetätigung im Web erhalten. Damit hat sich die Zahl der Hinweise im Vergleich zu 2023 (33.349 Fälle) fast verdreifacht.

Allerdings konnten fast 66.000 Meldungen nicht überprüft werden, da die Websites technisch nicht zugänglich waren, teilte Stopline-Leiterin Barbara Schloßbauer bei einer Pressekonferenz am Donnerstag mit.

Von den etwa 24.000 analysierten Meldungen zeigten 47 Prozent tatsächlich illegale Inhalte. Das sei ein „gewaltiger Anstieg zu den Vorjahren“, sagte Schloßbauer. Die allermeisten der als illegal eingestuften Inhalte betrafen Darstellungen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger (11.169 Fälle). In 93 Fällen wurde ein Zusammenhang mit NS-Wiederbetätigung festgestellt, zeigte der Jahresbericht. 2023 waren es nur 22 bestätigte Fälle. Den starken Anstieg der Zahlen führten Schloßbauer und Stefan Ebenberger, Generalsekretär der Internet Service Providers Austria, auf einen Mix an Ursachen zurück: Die Meldestelle Stopline sei bekannter geworden und es gebe ein stärkeres Bewusstsein der Bevölkerung. Zudem vermute man, dass sich Melder auch technischer Hilfsmittel bedienen, um Websites nach illegalen Inhalten abzusuchen. Dass die Meldungen gestiegen sind, sei grundsätzlich gut, denn das führe auch dazu, dass mehr illegale Inhalte gelöscht werden können „und das ist das Hauptziel“, sagte Ebenberger.

Ausreißer im Februar und Dezember
Ausreißer in der Statistik gab es im Februar und Dezember 2024. Im Februar seien mit fast 2500 nicht nur überdurchschnittlich viele Hinweise eingegangen. Ungewöhnlich war auch, dass sehr viele der Inhalte in Österreich gehostet wurden. Denn normalerweise zähle Österreich nicht zu den häufigsten Ursprungsländern. Die 2480 Meldungen zu sexuellen Missbrauchsdarstellungen Minderjähriger ließen sich aber auf einen Fall zurückführen, bei dem eine Plattform mit tausenden illegalen Inhalten über einen österreichischen Hosting-Provider lief. Die Meldungen kamen von der britischen Partner-Hotline Internet Watch Foundation, welche alle Bilder und Videos als einzelne Meldungen gezählt hatte. Alle Inhalte konnten sehr schnell gelöscht werden, hieß es.

Im Dezember gab es eine weitere unübliche Situation: Innerhalb weniger Stunden habe die Meldestelle knapp 66.000 Meldungen erhalten. Die Hinweise führten zu vier Filesharing-Plattformen, man gehe davon aus, dass sie von einem Absender stammen. Das Problem: Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bei Stopline hatten keinen Zugriff auf die Plattformen und konnten die Meldungen nicht überprüfen. Man habe versucht, Zugang zu bekommen und Provider bzw. Plattformbetreiber gebeten, die Inhalte zu überprüfen, war damit aber nicht erfolgreich. „Es gibt auch Fälle, in denen wir erkennen müssen, dass wir an unsere Grenzen stoßen und als private Meldestelle nicht weiterkommen“, sagte Schloßbauer.

Ursprungsländer in Europa
Auch wenn 2024 Österreich durch den statistischen Ausreißer an der Spitze der Ursprungsländer steht, stehen eigentlich die Niederlande seit mehreren Jahren ganz vorne. Auch die Ukraine zähle seit zwei bis vier Jahren zu den Haupt-Hosting-Ländern. Man vermute bei Stopline allerdings, dass es sich dabei um virtuelle Server handle und sich die Infrastruktur nicht tatsächlich in der Ukraine befinde. Obwohl die Partner-Hotlines in diesen Ländern sehr engagiert wären, gebe es das Problem des „Bulletproof Hostings“: Provider würden es sich gut bezahlen lassen, illegale Inhalte nicht zu entfernen und auch Verwaltungsstrafen in Kauf nehmen. Es sei sehr schwer, diesem Geschäftsmodell Herr zu werden, sagte Ebenberger.

Selbsterstellte und KI-generierte Inhalte
In den vergangenen sieben bis acht Jahren stoße man zudem auf mehr Inhalte, von denen man annimmt, dass sie von Kindern und Jugendlichen selbst erstellt wurden. Während es sich früher in so gut wie allen Fällen um Darstellungen von Missbrauch handelte, hätten viele Jugendliche heute keine Scheu mehr, Fotos von sich ins Internet zu stellen, auf denen sie eindeutig identifizierbar sind, sagte Schloßbauer. Den Anteil der Inhalte schätzt sie auf etwa ein Drittel der Meldungen. Es brauche viel Aufklärung und Bewusstsein – auch bei Eltern – dass diese Fotos und Videos unkontrolliert weiterverbreitet werden können. Auch wenn Jugendliche die sexuellen Darstellungen selbst erstellen, sei es illegal, sie an größere Gruppen weiterzugeben oder auf Plattformen hochzuladen. Auch KI-generierte Inhalte würden ein Thema werden, derzeit sei es aber meist noch möglich, sie von realen Fotos und Videos zu unterscheiden. Wenn das der Fall ist, sind die Inhalte nicht strafrechtlich relevant.

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