Syrien warnt Westen:

“US-Militärschlag würde nur Al-Kaida nützen”

Ausland
02.09.2013 12:02
Eine mögliche US-Militärintervention in Syrien wurde vertagt: Während US-Präsident Barack Obama nun im eigenen Land für ein Eingreifen in dem Bürgerkriegsland wirbt, warnt die Regierung in Damaskus vor einem US-Angriff als "Unterstützung für Al-Kaida". Ein Einsatz der USA werde den "Hass auf die Amerikaner" verstärken und den gesamten Nahen Osten destabilisieren, so der stellvertretende syrische Außenminister Faisal Mekdad (Bild) am Montag.

In einem Interview mit der britischen BBC bekräftigte Mekdad, für die Angriffe mit chemischen Waffen in Syrien seien nicht die Truppen von Präsident Assad verantwortlich, sondern vielmehr von den USA unterstützte Gruppen. Nach Informationen der US-Geheimdienste sollen Assad-Truppen für den Giftgasangriff am 21. August mit mehr als 1.400 Toten, darunter mindestens 426 Kinder, verantwortlich sein. Von UNO-Inspektoren gesammelte Proben werden seit Montag ausgewertet. Wann ein Ergebnis vorliegt, ist unklar.

Viele Einwohner von Damaskus hatten sich bereits auf einen US-Militärschlag in der Nacht zum Sonntag eingestellt. Es gab eine Reihe von Anzeichen dafür. US-Verteidigungsminister Chuck Hagel erklärte, das Militär stehe für einen Angriff bereit. Außenminister John Kerry bezeichnete Syriens Präsident Bashar al-Assad als "Gangster" und "Mörder". Stattdessen vertagte US-Präsident Obama am Samstagabend den offenbar schon geplanten Angriff. Er will sich nun erst die Zustimmung des Kongresses sichern.

Militärschlag: Rebellen weiter "optimistisch"
"Seit Tagen warten wir schon. Wir hatten so viel Hoffnung. Und jetzt müssen wir schon wieder warten", zeigte sich der Arzt Abu Akram von der Entscheidung des US-Präsidenten enttäuscht. "Es hat den Anschein, als ob sie uns sterben lassen wollen", so Akram, der Opfer des Giftgasangriffs Ende August behandelte.Verständnis für Obamas Vorgehensweise kam von Rebellen, Zweifel an einem Militärschlag haben sie nicht. Obama werde die Genehmigung vom Kongress bekommen, sagte einer von ihnen. "Ich bin optimistisch. Dies bedeutet der Anfang vom psychologischen Kollaps des Regimes."

"Die Welt schaut immer noch zu"
Der Botschafter der oppositionellen syrischen Nationalen Koalition in Doha, Nisar al-Haraki, machte sich hingegen über Obama lustig. "Alle Linien sind überschritten, die roten Linien, die gelben und die lila Linien. Und die Welt schaut immer noch zu, wie jeden Tag Syrer sterben, und unternehmen nichts." Obama hatte den Einsatz von Giftgas als rote Linie bezeichnet und muss sich nun daran messen lassen.

Wiederum andere sind sich jetzt sicher, dass es zu keinem Militärschlag mehr kommen wird. Zum ersten Mal habe sie wieder das Gefühl, ausschlafen zu können, sagt Fatima, eine fünffache Mutter und Haushälterin in Damaskus. Nach Obamas Rede sei sie sehr erleichtert gewesen. Gänzlich außer Gefahr sei sie aber wohl nicht. Sie mache sich Sorgen über einen weiteren Giftgasangriff oder sonstige Vergeltung.

Zivilisten als menschliche Schutzschilder?
Das Oppositionsbündnis erhob indes weitere Vorwürfe gegen Assad. Er missbrauche Zivilisten als menschliche Schutzschilde gegen die militärische Intervention. Soldaten sowie Raketen und Luftabwehrwaffen seien dazu in Schulen, Studentenwohnheime und Verwaltungsgebäude in den Städten verlegt worden. Zudem seien Gefangene auf Militärstützpunkte gebracht worden, teilte das Oppositionsbündnis am Sonntag in Istanbul mit. Die Regierung hoffe so, die USA vor Luftangriffen auf solche Ziele aus Angst vor zivilen Opfern abzuhalten.

Obama wirbt für Militäraktion
Obama wirbt unterdessen seit Sonntag bei den Abgeordneten um Billigung einer Militäraktion in Syrien. Nach Angaben eines ranghohen Vertreters des Weißen Hauses sprachen der US-Präsident, sein Vize Joe Biden sowie sein Stabschef Denis McDonough mit Vertretern von Repräsentantenhaus und Senat, um sie für einen Militärschlag zu gewinnen. Außenminister Kerry gab zuvor bekannt, Beweise für den Einsatz des Nervengases Sarin durch das Assad-Regime zu haben.

Nahost-Expertin glaubt nicht an US-Intervention
Die renommierte Nahostexpertin Karin Kneissl glaubt nach dem abwartenden Schwenk der USA nicht mehr an einen Militärschlag gegen das syrische Regime. "Der Rückzieher der USA kommt für mich nicht überraschend. Die Militärs versuchen, hier zu recht zu bremsen, auch Präsident Barack Obama selbst ist nicht ganz überzeugt", so Kneissl. Und die Expertin gibt zu bedenken: Im Iran-Irakkrieg, wo der Irak erhebliche Mengen an Chemiewaffen gegen den Iran eingesetzt hat, habe der Westen auch zugesehen.

Ein anderer Aspekt, auf den Kneissl am Montag hinwies, ist der Flüchtlingsstrom, der aus Syrien in den Westen zu erwarten sei. "Dass Österreich jetzt sagt, wir nehmen 500 Flüchtlinge auf (siehe Story in der Infobox), und zwar vorzugsweise Christen, dafür kann man sich als Österreicherin nur entschuldigen. Denn entweder man ist Humanist und man sagt, ich nehme 500 Menschen auf, gleich welcher Zugehörigkeit, oder man schweigt", so Kneissls Seitenhieb.

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