Jugend im Abseits

Spanien: “Verlorene Generation” wächst rasant

Ausland
16.07.2013 12:00
Chancenlos, frustriert, ohne Zukunft: Noch nie ging es der spanischen Jugend so schlecht wie heute. Laut der neuesten Umfrage des Statistikamtes Eurostat gehen in Spanien derzeit fast 24 Prozent der 18- bis 24-Jährigen weder zur Schule oder Universität noch einem Beruf nach. Die in Spanien bereits als "Weder-Noch"-Generation bezeichnete Bevölkerungsgruppe ist damit deutlich größer als in anderen europäischen Mitgliedsstaaten und hat sich seit dem Einsetzen der spanischen Wirtschaftskrise im Jahre 2008 fast verdoppelt.

Besonders schlimm ist die Situation auf den Kanarischen Inseln (30,2 Prozent), in den spanischen Nordafrika-Exklaven Ceuta (36,5 Prozent) und Melilla (30,2 Prozent) sowie in Andalusien (28,7 Prozent). Der EU-Durchschnitt der Jugendlichen, die weder studieren noch einer Arbeit nachgehen, liegt hingegen bei 17 Prozent. Nur in Italien, Griechenland und in Bulgarien liegt die Quote der "Weder-Noch"-Generation höher als in Spanien.

Hohe Quote an Schulabbrechern
Ein Grund für diese Situation ist neben der Wirtschaftskrise auch der hohe Anteil von Schulabbrechern in Spanien, die mit 28,8 Prozent weit über dem europäischen Durchschnitt von 14,5 Prozent liegt. Dabei war die Zahl der Schulabbrecher vor der Krise sogar noch höher. Vor der Krise brachen noch bis zu 40 Prozent die Sekundarstufe ohne einen Abschluss ab. Das lag vor allem am schnellen Geld im Zuge des Immobilienbooms.

Auch ohne Ausbildung fand man in den Zeiten, als Spanien so viele Wohnungen baute wie Deutschland, England und Frankreich zusammen, schnell einen Job. Jugendliche, die mit 16 schon auf den Baustellen im Akkord Wände hochzogen und dafür mit 1.500 Euro ein überdurchschnittliches Gehalt hatten, machten sich damals über ihre Freunde lustig, die immer noch die Schulbank drückten, zur Uni gingen oder unbezahlte Langzeit-Praktika absolvierten. Heute finden sich die Schulabbrecher hingegen in den Schlangen vor den Arbeitsämtern wieder – ohne gute Ausbildung und ohne Schulabschluss.

Allein 600.000 Arbeitsplätze im Tourismus abgebaut
Als vor fünf Jahren die Immobilienblase platzte, verloren zuerst Bauarbeiter mit befristeten Verträgen und unqualifizierte Arbeitskräfte ihren Job, dann kamen die Bau-Zulieferfirmen an die Reihe. Mittlerweile greift die Krise aber auch auf Branchen über, die bisher kaum betroffen waren. Allein im Tourismus, der zu den Stützpfeilern der spanischen Wirtschaft gehört, wurden in den vergangenen fünf Jahren 600.000 Arbeitsplätze abgebaut.

Viele wollen aber trotz der aussichtslosen Lage nicht wieder zurück auf die Schulbank und hoffen auf ein baldiges Ende der Immobilienkrise. Aber die spanische Wirtschaft steckt auch nach fünf Krisenjahren immer noch tief in der Rezession und die Lage auf dem Arbeitsmarkt bleibt angespannt. Daran dürfte sich vorerst auch wenig ändern. Die konservative Regierung geht selbst davon aus, dass Spanien im kommenden Jahr wenig Wachstum erzielen und sich die Arbeitslosenquote kaum ändern wird. "Wir strengen uns an, unsere eigenen Prognosen zu widerlegen", machte Ministerpräsident Mariano Rajoy seinen Landsleuten vor Kurzem nur wenig Mut.

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