"Klippenfall" droht

Die USA könnten die Welt in eine neue Krise stürzen

Ausland
27.12.2012 21:57
Wegen des Haushaltsstreits ist US-Präsident Barack Obama am Donnerstag vorzeitig aus dem Weihnachtsurlaub nach Washington zurückgekehrt. Gelingt Obama und Co. bis zur Silvesternacht im Tauziehen mit den Republikanern um ein Programm zum Defizitabbau kein Kompromiss, droht der Sturz von der sogenannten Fiskalklippe - das heißt, auf die Amerikaner kämen ab 1. Jänner 2013 Steuererhöhungen und automatische massive Ausgabenkürzungen von Staatsseiten zu. Experten warnen vor einer neuen US-Rezession und schweren Auswirkungen auf die Weltwirtschaft.

Während Obama vorzeitig im Weißen Haus eintraf, nachdem er mit seiner Familie Weihnachten auf Hawaii verbracht hatte, bestätigten Vertreter der Republikaner Medienberichte über eine Last-Minute-Arbeitssitzung des Represäntantenhauses. Demnach soll die Sitzung am Sonntag um 0.30 Uhr MEZ (18.30 Uhr Ortszeit) beginnen - einen Tag, bevor die Frist für eine Kürzung des Haushalts endet.

Die Mitglieder des Repräsentantenhauses würden derzeit aus den Weihnachtsferien für Sonntag nach Washington zurückgerufen, sagten republikanische Vertreter. Es sei möglich, dass die Sitzung von einigen führenden Vertretern der Republikaner in der Parlamentskammer bis Mittwoch, den 2. Jänner, fortgeführt werde. Dann endet offiziell die Arbeit des Repräsentantenhaus in seiner jetzigen Form. Der neue Kongress wird nach den Wahlen erstmals am 3. Jänner zusammenkommen.

Nicht-Einigung hätte "dramatische Konsequenzen"
"Fallen die USA von der Fiskalklippe, hätte dies dramatische Konsequenzen. Für die USA, für die Weltwirtschaft und für die Finanzmärkte, wo die Nervosität wieder deutlich zunehmen dürfte", warnte der Chef der Geldmarkt und Finanzabteilung des Internationalen Währungsfonds, Jose Vinals, in einem Interview mit der Tageszeitung "Die Welt". Die Finanzmärkte hätten ein Scheitern der Verhandlungen bisher nicht in ihren Anlageentscheidungen berücksichtigt. "Umso wichtiger ist es, dass die Politik die Märkte nicht enttäuscht."

Demokraten und Republikaner haben sich bisher im US-Kongress nicht über ein umfassendes Sparprogramm zum Schuldenabbau einigen können. Sollte bis zum Jahresende kein Kompromiss gefunden werden, laufen die Steuervergünstigungen der früheren Regierung von George W. Bush sowie die Hilfen der Regierung von Barack Obama für Arbeitslose und sozial Schwache aus. Auch geplante Etatkürzungen treten dann automatisch in Kraft. Insgesamt geht es dabei um mehr als 600 Milliarden Dollar (465 Milliarden Euro).

Die Folge wäre, dass die größte Volkswirtschaft der Welt in eine Rezession schlittert und die Finanzmärkte mit in die Tiefe reißt, was sich unweigerlich auch auf die europäischen Märkte auswirken würde. Ökonomen befürchten nun eine Krise, wie sie zuletzt bei dem Zusammenbruch mehrerer US-Großbanken im September 2008 eintrat.

USA erreichen auch Schuldenlimit
Zusätzliche Komplikationen könnte es dadurch geben, dass die USA ausgerechnet am Jahresende erneut ihr Schuldenlimit erreichen. Finanzminister Timothy Geithner teilte dem Kongress am Mittwoch mit, dass der derzeitige Rahmen von 16,4 Billionen Dollar (12,4 Billionen Euro) am 31. Dezember ausgeschöpft sei. Zwar will Geithner durch Etat-Umschichtungen einen Manövrierraum im Umfang von 200 Milliarden Dollar schaffen, womit die USA etwas Zeit gewinnen würden. Doch der Minister machte zugleich deutlich, dass auch hier die Uhr tickt - sonst könnten die USA spätestens in zwei Monaten ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen.

Vor rund eineinhalb Jahren hatten die Republikaner ihre Zustimmung zur Anhebung der Schuldengrenze mit Sparforderungen verknüpft und Präsident Obama damit massiv unter Druck gesetzt. Das Land war damals an den Rand der Zahlungsunfähigkeit geraten.

Obama will mehr Schulden machen dürfen
Diesmal drängt Obama auf eine auf zwei Jahre angelegte Anhebung der Schuldenobergrenze, und er lehnt es strikt ab, diese Frage zu einem Teil der Verhandlungen im Haushaltsstreit zu machen. Dabei geht es um ein Programm zum Defizitabbau, das sich nach den Vorstellungen Obamas ausgewogen aus Ausgabenkürzungen und höheren Einnahmen zusammensetzen soll.

Hauptstreitpunkt sind Steuererhöhungen für die Reicheren. Obama will, dass Haushalte mit einem Jahreseinkommen ab 250.000 Dollar (knapp 190.000 Euro), zumindest aber ab 400.000 Dollar künftig stärker zur Kasse gebeten werden. Steuererleichterungen für die Mittelschicht will er dagegen beibehalten.

Republikaner uneins mit Tea-Party-Bewegung
Der republikanische Verhandlungsführer John Boehner hatte zuletzt eine Grenze von einer Million Dollar Jahreseinkommen für Erhöhungen angeboten. Er war dann aber auf massiven Widerstand radikal-konservativer Abgeordneter der Tea-Party-Bewegung gestoßen, die jegliche Steuererhöhungen ablehnen. Das hat die Verhandlungen zusätzlich erschwert. Über Weihnachten fanden überhaupt keine Gespräche statt.

Weil der Zeitdruck so enorm ist, wird vor Jahresende nun allenfalls noch eine "kleine" Lösung erwartet. Obama selbst hatte am vergangenen Freitag seine Bereitschaft zu einem Kompromiss in mehreren Schritten bekundet. Demnach ist es sein Hauptziel, noch vor Silvester Steuererleichterungen für die Mittelschicht sowie Arbeitslosenleistungen zu verlängern, die sonst zum Jahresende auslaufen würden. Die drohenden automatischen Ausgabenkürzungen ab kommendem Jahr könnten in einer Art Rahmenvereinbarung erst einmal ausgesetzt und dann im Jänner Einzelheiten eines Kompromiss-Sparplans ausgehämmert werden.

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