Aufregung in Italien
Linke lässt sich für EU-Wahl in Ketten abbilden
Ein Foto der in Budapest inhaftierten Linksaktivistin Ilaria Salis in Ketten vor Gericht ist auf einem Wahlplakat der italienischen Linkspartei „Alleanza Verdi e Sinistra“ (Allianz Grüne und Linke/AVS) für die EU-Wahl zu sehen. Die 39-jährige Volksschullehrerin, die im Zusammenhang mit einem Angriff auf zwei Neonazis im vergangenen Jahr in Budapest vor Gericht steht, ist AVS-Spitzenkandidatin in einem norditalienischen Wahlkreis.
„Ist das das Europa, das wir wollen?“, ist auf dem Wahlplakat der Partei zu lesen. „Ilaria Salis ist eine italienische Staatsbürgerin, die seit Februar 2023 im Budapester Gefängnis unter unmenschlichen Bedingungen eingesperrt ist, die die Grundrechte eines jeden Menschen verletzen. Wir müssen unseren Teil dazu beitragen, Ilaria aus der ungerechten Haft zu befreien, und ihr ein faires Verfahren garantieren, um die Rechtsstaatlichkeit in der gesamten Europäischen Union wiederherzustellen“, heißt es auf dem Wahlplakat.
Linke rufen zum Wählen auf
Die Partei rief die Wähler auf, Salis und die AVS in allen Wahlkreisen zu wählen, um die Situation in der EU zu ändern. Eine hohe Wahlbeteiligung sei notwendig, um Salis ins EU-Parlament zu bringen, denn dafür müsse die Vier-Prozent-Sperrklausel überschritten werden.
Gegen die Norditalienerin hatte im Jänner in Budapest ein Prozess begonnen, bei dem sie in Hand- und Fußfesseln in den Gerichtssaal gebracht wurde. Das hatte in Italien für Aufsehen gesorgt. Der Frau drohen bis zu elf Jahre Haft. Ihr Vater hatte mehrmals über angeblich unmenschliche Bedingungen berichtet, unter denen seine Tochter in einem Gefängnis in Budapest festgehalten werde.
Lehrerin soll „Hammerbande“ angehören
Die italienische Lehrerin bezeichnet sich selbst als Antifaschistin. Ihr wird zur Last gelegt, mit anderen Beteiligten aus der linken Szene im Februar vergangenen Jahres eine Gruppe von Rechtsextremen gewaltsam angegriffen zu haben, die bei einer Aktion der Waffen-SS und ungarischer Soldaten des Jahres 1945 gedenken wollten. Dabei wurden nach Angaben der Behörden neun Menschen verletzt, sechs von ihnen schwer. Die Lehrerin hat auf nicht schuldig plädiert.
Salis und ein deutsches Ehepaar sollen der Gruppierung „Hammerbande“ rund um die deutsche Linksextremistin Lina E. angehören, die in der Vergangenheit mutmaßliche Neonazis und Rechtsextremisten angegriffen und verletzt hatte. Einige der deutschen Aktivisten waren deswegen verurteilt worden.
Meloni will sich für Heimkehr einsetzen
Die italienische Regierung hatte sich in Ungarn dafür eingesetzt, dass Salis unter Hausarrest gestellt wird. Premierministerin Giorgia Meloni, die gute Beziehungen zu ihrem ungarischen Amtskollegen Viktor Orban pflegt, betonte, die Kandidatur der Mailänderin für die EU-Wahl, die in Italien am 8. und 9. Juni stattfindet, ändere nichts an den Bemühungen der Regierung für eine Heimkehr von Salis. „Eine Politisierung der Angelegenheit hilft nicht“, betonte Meloni. Die Regierungsparteien kritisierten Salis‘ Kandidatur für das EU-Parlament.
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