Das Leben eines Diplomaten zeichnet der Grazer Autor Florian Dietmaier in seinem Debütroman „Die Kompromisse“ nach. Glamourös oder gar actiongeladen ist dieses Leben jedoch nicht - die Lektüre ist dennoch mehr als lohnend.
Wenn in Romanen Diplomaten auftreten, kann man sich normalerweise sicher sein, dass man einen Agententhriller in der Hand hält, der einen atemlos von einem internationalen Schauplatz welthistorischer Skandale zum nächsten führt. Doch der Grazer Autor Florian Dietmaier schlägt mit seinem Debütroman einen ganz anderen Weg ein. In „Die Kompromisse“ erzählt er schlaglichtartig aus dem Leben eines Diplomaten, dessen Alltag kaum grauer und bürokratischer sein könnte.
Jahrzehnte an den Strippen
Peter heißt dieser Mann, Jahrgang 1929, der ab den 1960ern in unterschiedlichen Funktionen durch die Welt tingelt und zum Zeugen großer und kleiner historischer Begebenheiten - von der Apartheid in Südafrika über den Südtiroler Sprachenstreit bis hin zur Waldheimaffäre - wird. Doch Peter ist nicht mitten im Geschehen, sondern sitzt am Rande, zieht diskret im Hintergrund die Strippen und verhandelt - oft faule - Kompromisse.
Diese titelgebenden Kompromisse muss Dietmaiers Held (den man freilich nie als solchen bezeichnen könnte) auch im Privatleben eingehen. Denn so wie auf dem diplomatischen Parkett kann Peter sich auch zu Hause - bei Frau und Familie - nicht alle Bedürfnisse erfüllen.
Weltgeschehen und Innenleben
Auf spannende Weise schafft Dietmaier in seinem Debüt eine Figur, anhand der er einen Spagat zwischen Weltgeschehen und Innenleben, zwischen politischer Analyse und Selbstreflexion vornehmen kann. Denn Peter ist zwar kein sympathischer Held, aber Dietmaier macht nicht nur seine diplomatischen Verpflichtungen, sondern auch seine Selbstzweifel sichtbar und ihn dadurch trotz aller Rätselhaftigkeit zu einer nachvollziehbaren Figur.
Schlaglichtartig folgt der Autor diesem Peter durch sein Leben und eröffnet damit auch neue Blicke auf das Weltgeschehen der vergangenen Jahrzehnte. Mit „Die Kompromisse“ liefert Dietmaier ein erstklassiges Debüt, das auch als großes Versprechen für die Zukunft dieses Autors gelesen werden darf.
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