Keine Koalition

Regierungsbildung in Athen gescheitert – Neuwahlen fix

Ausland
16.05.2012 07:37
In Griechenland ist am Dienstag auch der letzte Versuch zur Regierungsbildung gescheitert. Damit steht das Euro-Land vor Neuwahlen, die voraussichtlich am 17. Juni stattfinden. Die Anführer der griechischen Parlamentsparteien übten sich nach dem Scheitern der Gespräche in gegenseitigen Schuldzuweisungen.

Bereits am Mittwoch will Staatschef Karolos Papoulias einen interimistischen Ministerpräsidenten und ein Übergangskabinett ernennen. Laut griechischer Verfassung kann der Staatspräsident durch ein Dekret Neuwahlen veranlassen. Dieses muss von der Übergangsregierung ratifiziert werden, daraufhin muss der Urnengang binnen 30 Tagen erfolgen. Als wahrscheinliches Datum für die Wahlen gilt der 17. Juni.

"Schlimme Bedingungen" für Neuwahlen
Sozialistenchef Evangelos Venizelos sprach nach dem Krisentreffen von "schlimmen Bedingungen" für Neuwahlen. Einige Parteien stellten die Parteiinteressen über das Wohl des Landes, sagte er, ohne Namen zu nennen. Jeder Grieche habe die Pflicht, die Protokolle der Krisensitzung zu lesen und für sich selbst über die politischen Manöver zu urteilen, meinte er weiter. Außerdem rief er die Bevölkerung zum Urnengang bei der kommenden Wahl auf. "Um Himmels willen, marschieren wir in Richtung von etwas Besserem, nicht etwas Schlechterem", so Venizelos.

Ablehnung weiterer Einschnitte
Der Parteichef der Unabhängigen Griechen (ANEL), Panos Kammenos, erklärte, der Konservative Antonis Samaras habe alle Vorschläge seiner Partei abgelehnt, da er sich bei Neuwahlen eine größere Mehrheit für seine Neue Demokratie (ND) ausrechne. Hingegen habe Sozialistenchef Venizelos den Forderungen seiner Partei entsprochen und die von der EU geforderten weiteren Budgeteinschnitte abgelehnt. ANEL hatte sich vor den Wahlen vom 6. Mai von der Neue Demokratie abgespalten.

Kammenos verurteilte laut Reportern der Zeitung "Kathimerini" die EU-Sparvorgaben an Griechenland als Werk der deutschen Kanzlerin Angela Merkel. "Wollen wir Griechen weiterhin unter den Drohungen Merkels leben, bei Lohnkürzungen und Sparauflagen?", fragte er nach dem Scheitern der Gespräche.

Kouvelis: "Aus Eigeninteresse zu Neuwahlen"
Der Chef der Demokratischen Linken (DIMAR), Fotis Kouvelis sagte, einige Parteien hätten sich aus Eigeninteresse zu Neuwahlen entschieden. Er deutete laut "Kathimerini" an, sein Vorschlag wäre weitreichend genug gewesen, um auch die Zustimmung der linken Partei SYRIZA für eine Regierung der nationalen Einheit zu sichern. Seine Partei, eine Abspaltung der SYRIZA, hatte auf die Eintritt beider Parteien in eine Regierung der nationalen Einheit mit ND und der sozialistischen PASOK bestanden.

Beobachter sehen linke und rechte Parteien auf Überholspur
Beobachter gehen davon aus, dass bei Neuwahlen linke und rechte Parteien weiter erstarken könnten. Aus der Abstimmung am 6. Mai war die SYRIZA von Parteichef Alexis Tsipras als zweitstärkste Kraft hervorgegangen. Tsipras will das Sparprogramm des pleitebedrohten Landes auf Eis legen. Bei den Neuwahlen könnte seine Partei nach Umfragen vom Montag mit 20,5 bis 25 Prozent der Stimmen sogar stärkste Partei werden.

Spindelegger: "Wort der Wähler ist zu respektieren"
Österreichs Außenminister Michael Spindelegger kommentierte das Scheitern der Regierungsbildung in Griechenland mit den Worten, dass ausschließlich die Menschen in Griechenland über ihre politische Vertretung und die Zusammensetzung des Parlaments zu entscheiden hätten. Doch dürfe niemand "in die Illusion verfallen", dass an den Bedingungen für die EU-Hilfe gerüttelt werden könne. "Die Konditionen für die Hilfe sind klar", sagte der Minister am Dienstag nach einem Treffen der EU-Reflexionsgruppe in Wien.

Westerwelle besorgt über Ereignisse in Athen
Sehr besorgt zeigte sich der deutsche Außenminister Guido Westerwelle angesichts des Scheiterns der Regierungsverhandlungen. Am Rande des Treffens der EU-Reflexionsgruppe betonte er die Bedeutung einer stabilen griechischen Regierung, um das national und international notwendige Vertrauen in die Euro-Zone wiederzufinden.

Er wolle möglichen Neuwahlen nicht vorgreifen, es sei jedoch klar, "dass es nicht mehr nur um die Frage gehen wird, wer Griechenland zukünftig regieren wird. Es geht jetzt auch um das Bekenntnis zum Euro und zu Europa", so Westerwelle. Er denke jedoch, dass dies auch die griechischen Bürger wüssten, und vertraue deshalb darauf, dass bei Neuwahlen "die richtige, pro-europäische Entscheidung getroffen wird".

Deutschland sei bereit, Griechenland zu helfen, sagte der deutsche Außenminister weiter, dazu müsse Griechenland aber auch bereit sein, sich helfen zu lassen. Es stehe außer Frage, dass wirtschaftliches Wachstum notwendig sei, "aber wir müssen erkennen, dass Wachstum nicht von neuen Schulden kommt, sondern Wachstum kommt von Wettbewerbsfähigkeit".

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