Die heimische Halbleiterindustrie steht gut da, braucht aber noch Milliarden für weiteres Wachstum. Die Stärkung der Branche stand heute im Mittelpunkt des „Mikrochip-Gipfels“ im Bundeskanzleramt, zu dem Karl Nehammer (ÖVP) Vertreterinnen und Vertreter der Branche wie Infineon-Chefin Sabine Herlitschka und AT&S-Chef Andreas Gerstenmayer geladen hat. „Mikrochips in Österreich soll so ein Begriff werden wie Lipizzaner und Mozartkugeln“, so der Kanzler.
„Mikrochips sind auch die Motoren der Transformation“, betonte Nehammer am Donnerstag in der an das Treffen anschließenden Pressekonferenz mit Blick auf Digitalisierung und Energiewende. „Klimaschutz geht nicht ohne Digitalisierung, Halbleiter sind essenziell für viele Klimaschutz-Technologien. Egal ob für Windkraft, Photovoltaik, E-Autos oder Energienetze - überall finden sich Chips“, bekräftigte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne). „Chips machen möglich, dass wir in eine klimafitte Zukunft gehen.“
Branche wurde mit Hunderten Millionen gefördert
In den vergangenen 15 Jahren habe das Klimaschutzministerium bereits über 530 Millionen Euro an Förderungen investiert. „Wir haben investiert und wir wollen das auch weiterhin tun - der nächste Schritt ist der European Chips Act, die Umsetzung des European Chips Act.“ Jetzt werde die sogenannte erste Säule umgesetzt - ein Arbeitsprogramm zur Forschungs- und Innovationsförderung im Gesamtumfang von 3,3 Milliarden Euro im Zeitraum 2023 bis 2027. Die Summe werde im freien Wettbewerb vergeben. Das heißt, die besten Projekte kommen zum Zug.
„Mikrochips halten unsere Welt am Leben und vor allem auch am Laufen“, strich der Kanzler die zentrale Bedeutung der Mikroelektronik für die österreichische Standort- und Industriepolitik hervor. Das ist auch bereits im Regierungsprogramm verankert. Die Halbleiterindustrie, die derzeit rund 72.000 Arbeitsplätze schafft, will bis 2030 knapp 7 Milliarden Euro am Standort Österreich investieren, wie aus einer Potenzialerhebung des Industriewissenschaftlichen Instituts (iwi) hervorgeht. Dadurch sollen 26.500 zusätzliche Arbeitsplätze und im laufenden Betrieb noch einmal knapp 10.000 Jobs geschaffen werden.
Dafür brauche es gute Rahmenbedingungen und eine Stärkung der Technologie-, Innovations- und Umsetzungskapazitäten, war man sich auf dem Gipfel einig. Die „Kombination hohe Energiekosten, Inflation und Fachkräftemangel“ stich Herlitschka als Herausforderungen hervor.
„Wir haben im vergangenen Jahr in Österreich rund 9 Milliarden Chips produziert. Damit haben wir dazu beigetragen, dass 7 Millionen Tonnen CO2 eingespart wurden - das entspricht der Hälfte der jährlichen Pkw-Emissionen in Österreich“, verdeutlichte die Managerin, die auch Vizepräsidentin der Industriellenvereinigung und Obmann-Stellvertreterin des Fachverbands der Elektro- und Elektronikindustrie (FEEI) ist, die Bedeutung der Branche für den Klimaschutz.
Schwerpunkt im nächsten Budget
Halbleiter werden laut Bundeskanzleramt einen Schwerpunkt im nächsten Budget darstellen. Für die Branche sei eine gezielte Forschungs- und Wirtschaftsförderung im Rahmen des European Chips Act vorgesehen. „Im Rahmen der Budgetverhandlungen werden wir dafür ein Paket schnüren und im Herbst vorstellen“, kündigte Nehammer an. Auch nicht-monetäre Maßnahmen, die die Rahmenbedingungen verbessern, sollen Teil des „Halbleiterpakets“ werden. Ein Aktionsfeld sei auch der Ausbau der Resilienz entlang der Liefer- und Wertschöpfungsketten.
„Die Chipindustrie ist ein wichtiger Motor in der Wirtschaft und schafft Beschäftigung“, hielt auch Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) fest. „Wir sind ein führender Standort in der Welt, was die Produktion von Halbleitern und Mikrochips betrifft.“ Der heutige Gipfel sei der „Startschuss für die Umsetzung des European Chip Act. “Die Bundesregierung gibt ein klares Bekenntnis ab, die Branche zu stärken„, so der Minister. Im Zuge des Treffens wurden die Potenziale Österreichs ausgelotet.
Förder-Wettlauf um Chipfabrikanten
Die Zeit drängt. Denn im globalen Vergleich hinkt Europa mit großem Abstand hinter anderen Weltregionen wie etwa Asien mit großem Abstand hinterher. Mit dem European Chips Act will die Europäische Kommission den Anteil Europas am internationalen Halbleitermarkt bis 2030 von 10 auf 20 Prozent erhöhen. Europaweit sind insgesamt 43 Milliarden Euro für den Ausbau der Halbleiterindustrie vorgesehen. Der Großteil muss national, also in den einzelnen Mitgliedstaaten, finanziert werden. „Deshalb ist es auch so wichtig, dass Österreich hier auch in die Gänge kommt“, vermerkte Herlitschka.
Das heimische Wirtschaftsministerium startet den nationalen Förderprozess, der die Investitionen der Branche begleitet, durch die Einleitung einer Interessensbekundung. Unternehmen sollen ihr Interesse an einer Förderung ihrer Investition in Österreich online bekanntgeben. „Das aws hat heute eine Website freigeschaltet“, gab Kocher bekannt. „Danach beginnt der Prozess der Budgeterstellung.“ Parallel dazu wird eine Expertengruppe mit Vertretern des Wirtschafts- und des Umweltministeriums sowie der Förderagenturen FFG und aws und des Fachverbands für Elektro- und Elektroindustrie als Beratungsgremium eingerichtet, das die Expertise der Branche strukturell in den Prozess einbinden soll. „Wir werden intensiv mit der Branche in Kontakt bleiben und uns auf Spitzenebene weiter austauschen“, sagte der Wirtschaftsminister.
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