Experten-Kabinett
Neue italienische Regierung unter Monti vereidigt
Der 68-jährige Monti setzt auf eine ausschließlich aus parteiunabhängigen Fachleuten bestehende Regierung. Das vergleichsweise kleine Kabinett mit 16 Ministern besteht aus einer Reihe Experten der Mailänder Wirtschaftsuniversität Bocconi sowie Fachleuten der Notenbank.
Monti will sich persönlich um die wirtschaftspolitische Linie zur Bewältigung der Schuldenkrise kümmern, daher übernimmt er selbst das Wirtschaftsministerium. Als prominentester Name in der Regierung gilt der Großbanker Corrado Passera, Chef der zweitgrößten italienischen Bank Intesa Sanpaolo. Als künftiger Industrieminister wird sich Passera intensiv um den Wirtschaftsaufschwung Italiens kümmern müssen.
Drei Frauen in Schlüsselpositionen
Drei Frauen übernehmen Schlüsselpositionen im neuen Kabinett: Die Polizeichefin Anna Maria Cancellieri rückt zur Innenministerin auf, während die Juristin Paola Severino die Führung des Justizministeriums übernimmt. Die Fachfrau im Bereich Pensionen, Elsa Fornero, wird das Arbeits- und Sozialministerium leiten und auch für Frauenpolitik zuständig sein.
Die neue Regierung wird sich am Donnerstag der Vertrauensabstimmung im Senat stellen, am Freitag findet das Vertrauensvotum in der Abgeordnetenkammer statt. Monti wird von einer breiten Koalition unterstützt, der unter anderem die Mitte-rechts-Partei "Volk der Freiheit" um seinen Vorgänger Silvio Berlusconi und die Mitte-links-Kraft "Demokratische Partei" angehören. Einzige große Oppositionspartei zur Regierung Monti ist die rechtspopulistische Lega Nord.
Hartes Sparprogramm: "Blut und Tränen"
Monti feilt an einem Regierungsprogramm, das allein im kommenden Jahr Sparmaßnahmen in Höhe von 25 Milliarden Euro vorsieht. Er will sich dabei an den klaren Forderungen orientieren, die die EU-Kommission in den vergangenen Wochen Italien gestellt hat. Montis Herausforderung besteht darin, ein Italien aufzubauen, das zugleich seine Finanzen fair angeht, das die Produktivität erhöht und das auf dem Weltmarkt wieder wettbewerbsfähig ist. Um diese ambitionierten Ziele zu erreichen, wird "Super-Mario" auf eine Schocktherapie setzen müssen, die den Italienern "Blut und Tränen" nicht ersparen dürfte.
Erwartet wird, dass Monti mit einer einmaligen Vermögensabgabe die Schuldenlast Italiens senkt. Die Italiener bangen zudem um die Wiedereinführung der von seinem zurückgetretenen Vorgänger Silvio Berlusconi 2008 abgeschafften Immobiliensteuer, die Eigentumswohnungen belastet. Da 72 Prozent der Italiener eine Eigentumswohnung besitzen, sollten mit der Steuer schätzungsweise 3,5 Milliarden Euro eingetrieben werden. Monti will auch den Verkauf staatlicher Immobilien beschleunigen, was den Staatskassen in drei Jahren fünf Milliarden Euro bescheren sollte.
In Städten und Gemeinden soll zudem die Privatisierung kommunaler Tochterunternehmen forciert werden. Monti muss außerdem Pensionsreformpläne umsetzen. Demnach soll das Antrittsalter auf 67 Jahren erhöht werden. Ferner plant er offenbar, mit einer Liberalisierungsoffensive das Wirtschaftswachstum anzukurbeln und das Kündigungsrecht zu reformieren. Um den Ausbau von großen Infrastrukturprojekten zu beschleunigen, sollen Firmen bei Bauplänen Steuern teilweise oder komplett erstattet werden.
Monti trotz Widerstands im Parlament zuversichtlich
Im Parlament dürften Montis Pläne trotz allgemeinen Wohlwollens auf Widerstand stoßen. Die linke "Demokratische Partei" stemmt sich gegen eine Lockerung des Kündigungsschutzes, in der Mitte-rechts-Partei "Volk der Freiheit" wiederum ist eine Vermögensabgabe äußerst umstritten. Die föderalistische Lega Nord geht von vornherein in die Opposition und prophezeit Montis Regierung ein kurzes Leben. "Sie wird von einer bunten Mischung von Parteien unterstützt und wird wenig zustande bringen", meinte Parteichef Umberto Bossi.
Doch Monti zeigte sich am Mittwoch zuversichtlich. Er vertraue auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit den gesellschaftlichen und politischen Kräften des Landes, um einen Ausweg aus der Krise Italiens zu finden. Die Parteien seien sich der schwierigen Lage bewusst und zur Kooperation bereit, um Lösungen für die Schuldenkrise zu finden. Die Gruppierungen hätten ihm verschiedene Vorschläge zur Krisenbewältigung unterbreitet und hätten Opferbereitschaft gezeigt.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.