Wie Sanktionen wirken

Russischer Ex-Minister: „Westen braucht Geduld“

Ausland
11.02.2023 18:15

Wladimir Milow war Vize-Energieminister unter Putin und lebt nun im Exil. Er erläutert, warum die Wirtschaftssanktionen gegen Russland wirken - und wie der Kremlchef den Westen vom Gegenteil überzeugen will.

Die Sanktionen gegen Russland wirken. „Aber“, so der ehemalige Vize-Energieminister Russlands, Wladimir Milow, „der Westen muss Geduld beweisen.“ Insgesamt acht Sanktionspakete verabschiedete die EU gegenüber Russland und Belarus. Jedes mit unterschiedlicher Wirkung.

Kremlchef Wladimir Putin wollte dem Westen weismachen, die Sanktionen würden ins Leere gehen. Milow, ehemaliger Kreml-Mitarbeiter, der sich von Putin losgesagt hat, zeigt in einem Beitrag für die Friedrich-Ebert-Stiftung, was dahintersteckt: „Offizielle Wirtschaftszahlen spiegeln nicht die tatsächliche Situation wider“, so Milow.

Das alles habe seine Ursache in den Sanktionen, sagt Ex-Vize-Minister Wladimir Milow. (Bild: Kurt Seinitz)
Das alles habe seine Ursache in den Sanktionen, sagt Ex-Vize-Minister Wladimir Milow.

Laut Moskau liegt die Arbeitslosigkeit in Russland bei 3,7 Prozent. „Das wäre absoluter Rekord“, so der Ökonom. Putin kaschiert die Zahlen mit verdeckter Arbeitslosigkeit wie Schulungen, unbezahlter Urlaub. Tatsächlich beläuft sich die russische Arbeitslosigkeit auf zehn Prozent. „Dies ist vergleichbar mit der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre, als Russland die höchsten Arbeitslosenquoten von zehn bis 13 Prozent verzeichnete“, schreibt Milow.

„Der Rubel ist tatsächlich stark“
Weiteres Argument: die starke Währung. „Der Rubel ist tatsächlich stark“, so Milow. Aber nur, weil es die Sanktionen und Putin Unternehmen erschweren, in ausländisches Geld umzutauschen. „Der angeblich starke Rubel wird durch drakonische Devisenkontrollen und einen Einbruch der Importe gestützt. Diese Politik fügt Industriezweigen wie der Stahlindustrie schweren Schaden zu: Die Produktion von Fertigstahl ging 2022 um mehr als sieben Prozent zurück“, erläutert Milow.

Laut russischem Finanzministerium schrumpft das russische BIP weniger als vom Westen erwartet, was mit der starken Wirtschaftsleistung begründet wird. „Allerdings gilt es zu bedenken, dass in dieser BIP-Zahl auch die Produktionssteigerung in der Rüstungsindustrie enthalten ist“, sagt Milow.

Die russische Armee hat bei ihrem Angriffskrieg gegen die Ukraine nach Schätzungen des US-Verteidigungsministeriums bereits die Hälfte ihrer Kampfpanzer verloren. (Bild: REUTERS/Valentyn Ogirenko)
Die russische Armee hat bei ihrem Angriffskrieg gegen die Ukraine nach Schätzungen des US-Verteidigungsministeriums bereits die Hälfte ihrer Kampfpanzer verloren.

Bereits die Hälfte der Kampfpanzer verloren
Ein neu gefertigter Kampfpanzer, der umgehend an die Front geschickt und von der Ukraine abgeschossen wird, wird dennoch als nomineller Beitrag zum russischen BIP gewertet. Und die russische Armee hat bei ihrem Angriffskrieg gegen die Ukraine nach Schätzungen des US-Verteidigungsministeriums bereits die Hälfte ihrer Kampfpanzer verloren.

Ebenfalls ein Irrglaube ist laut Milow, dass Russland durch Exporte nach Indien oder China den europäischen Absatzmarkt kompeniseren kann. „Keines dieser Länder ist daran interessiert, Russland beim Aufbau eines eigenen wettbewerbsfähigen Produktionssektors zu unterstützen.“ Russische Rohstoffe wie Gas, Erdöl, Kohle und Rundholz sind nur eben gerade sehr billig zu haben. 

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Auch bei der Sowjetunion ging es am Ende schnell.

Ex-Vize-Energieminister Wladimir Milow

Öffentliche Meinung wendet sich langsam gegen Putin
Kurz vor dem Kollaps stehe das Regime Puints jedoch noch nicht, sagt der Ex-Minister. Die organisierte Opposition ist zerschlagen. Aber die öffentliche Meinung wende sich langsam gegen Putin, meint Milow. „Auch bei der Sowjetunion ging es am Ende schnell." Was der Westen brauche, ist Geduld.

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