In Gesundheitsberufen

Mit Patienten besser reden lernen!

Gesund Aktuell
17.07.2022 17:00

Neues Projekt: Beschäftigte in Gesundheitsberufen benötigen im Umgang mit Kranken und deren Angehörigen oft besondere kommunikative Fähigkeiten. Wie sie unter Mithilfe von Schauspielern lernen, schwierige Situationen besser zu bewältigen.

Egal, ob Ärzte, Apotheker, Pflegefachkräfte, Psychologen oder Vertreter medizinisch-technischer Dienste wie Physiotherapeuten, Diätologen etc. - sie alle stehen immer wieder vor Situationen, die besondere Fähigkeiten in der Kommunikation mit Patienten oder deren Angehörigen erfordern. Ein Trainingsprogramm der besonderen Art leistet dabei wertvolle Hilfe. Dr. phil. Mag. Marlene Sator von der Gesundheit Österreich GmbH ist Leiterin eines bundesweiten Trainernetzwerks, welches Kommunikationstrainings für Gesundheitsberufe anbietet: "Im Rahmen der Übungen stellen Schauspieler als fingierte Patienten schwierige Situationen dar.

Die Kursteilnehmer haben zunächst die Aufgabe, sich dem aufgetretenen Problem zu stellen. Danach wird die bestmögliche Lösung in der Gruppe - maximal 10 Teilnehmer - gemeinsam erarbeitet.“ Zu den klassischen Beispielen zählen etwa aufgebrachte Patienten, die sich über zu lange Wartezeit beschweren. Zunächst geht es um die Frage, welches Ziel der Arzt eigentlich erreichen will. Dr. Sator: „Der Behandler möchte natürlich, dass sich sein Gegenüber beruhigt, damit er rasch helfen kann.“

Langatmige Erklärungen beruhigen Patienten nicht
Der logische Impuls ist in den allermeisten Fällen, zu erklären, warum es zu dieser Wartezeit gekommen ist. Der Patientendarsteller regt sich aber weiter auf. An dieser Stelle unterbricht die Trainerin: „Der Schauspieler bleibt Patient und meldet, wie der Versuch, ihn zu besänftigen, auf ihn gewirkt hat. Er berichtet, dass ihm die Rechtfertigung gar nicht geholfen hat.“ Nun kommt die Gruppe ins Spiel. Schlussendlich wird gemeinsam das Bild entwickelt, dass der Arzt den Patienten gleichsam als Druckkochtopf betrachten kann, der einfach erst einmal Dampf ablassen muss.

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Der Schauspieler bleibt Patient und meldet, wie der Versuch, ihn zu besänftigen, auf ihn gewirkt hat. Er berichtet, dass ihm die Rechtfertigung gar nicht geholfen hat.

Dr. phil. Mag. Marlene Sator, Gesundheit Österreich GmbH

Dr. Marlene Sator erklärt, welche Lösung der Arzt aus dieser Übungssituation für sich mitnimmt: „Er wird in Zukunft nur zuhören und etwa durch Kopfnicken das Problem der kritisierenden Person anerkennen. Nur nicht sofort rechtfertigen! Der Patient ist zu diesem Zeitpunkt noch so aufgewühlt, dass er dies nicht akzeptiert. Entscheidend ist Warten - die Beruhigung erfolgt von selbst. Dann kann wieder ein vernünftiges Gespräch stattfinden.“ Ein weiteres Krisenszenario: Die Polizei hat die Eltern davon verständigt, dass ihr Kind einen Unfall hatte und schwer verletzt ins Spital eingeliefert wurde. Weitere Angaben können nicht gemacht werden.

Die Eltern eilen ins Krankenhaus und wollen vom Arzt Bescheid wissen. Das ist auch für routiniertere Mediziner oft eine extreme Belastung. Zwei Schauspieler simulieren im Training die Eltern. Sie geben nach dem fingierten Gespräch mit dem Arzt ihre Rückmeldung, wie sie seine Erklärung empfunden haben. Zum Beispiel: „Es hätte uns geholfen, wenn Sie uns mehr Zeit gelassen und nicht so viele Informationen auf einmal gegeben hätten. Wir waren noch total mit unseren Emotionen beschäftigt und sehr rasch nicht mehr aufnahmefähig.“

Vorschläge können auch aus der Gruppe kommen
Dr. Sator: „In der Folge geht es darum, in der Gruppe Vorschläge einzuholen, wie man Betroffenen auch in fast aussichtslosen Situationen berechtigte Hoffnung lässt, aber dennoch reinen Wein einschenkt. Ein wichtiger erster Schritt des Arztes wäre, die Eltern - wenn möglich - kurz zu ihrem Kind gehen zu lassen.“ Das Training für Fachleute ist in vier Module eingeteilt:

  • Informationen verständlich vermitteln. Gut ins Gespräch starten, die Mitarbeit der Patienten fördern.
  • Mit starken Emotionen zielführend umgehen (siehe Beispiel aggressive Beschwerde).
  • SchlechteNachrichten überbringen (siehe Beispiel).
  • Motivieren und mit Widerstand umgehen. Die Patienten dazu bringen, aktiv an der Therapie mitzuwirken, notwendige Änderungen des Lebensstiles auch tatsächlich vorzunehmen.

Entwickelt wurde das Angebot aus Mitteln des Gesundheitsministeriums sowie des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger und von zertifizierten Trainern des Trainernetzwerks der Österreichischen Plattform Gesundheitskompetenz (ÖPGK) umgesetzt. Ärzte bekommen für das Mitmachen Fortbildungspunkte. Zwei typische Reaktionen von Teilnehmern:

  • „Nach 23 Berufsjahren dachte ich, ich kann kommunizieren. Jetzt kann ich es jedenfalls besser!“ (Ärztin)
  • „Das Üben mit der Schauspielerpatientin war der absolute Augenöffner!“ (Physiotherapeut).
Wolfgang Exel
Wolfgang Exel
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