Politik als Vorbild

Spanien: Bizarrer Krawatten-Streit wegen Hitzewelle

Ausland
02.08.2011 14:12
Den Kleidungsstil den Temperaturen anpassen oder die Klimaanlage der Kleidung? Nicht etwa die anhaltende Wirtschaftkrise, sondern eben diese Frage hat am Dienstag Spaniens Parlamentarier zu einer hitzigen Debatte angeregt. Bei weit über 30 Grad Hitze laufen derzeit die Klimanlagen auf Hochtouren. Industrieminister Miguel Sebastian rief deshalb zum Energiesparen auf, erschien demonstrativ ohne Krawatte zu einer Sitzung im Abgeordnetenhaus und löste dadurch einen bizarren Streit um Kleidungsvorschriften aus.

Sebastian (im Bild rechts mit Krawatte) von den regierenden Sozialisten ist davon überzeugt, dass das Tragen von Krawatten in einem im Sommer knallheißen Land wie Spanien mit einem energiebewussten Lebensstil nicht vereinbar ist. Weil er mit gutem Beispiel vorangehen wollte, kassierte er dafür prompt eine scharfe Rüge von Parlamentspräsident und Parteikollege Jose Bono. Diejenigen, die führende Ämter bekleideten, sollten den Bürgern Vorbild sein, indem sie sich angemessen kleideten, so Bono. Sebastian lenkte jedoch nicht ein: Wichtiger sei es, die hohen Energiekosten zu senken.

Krawatte nur kleines Detail der Umweltprobleme
Sein Ministerium habe ausgerechnet, dass mit jedem Grad weniger Kühlung durch Klimaanlagen sieben Prozent Energiekosten gespart würden, argumentierte Sebastian. Nach den spanischen Regelungen soll die Temperatur der Klimaanlagen in öffentlichen Gebäuden nicht auf unter 26 Grad eingestellt werden. Nur in den wenigsten Fällen wird diese Norm jedoch beachtet. Selbst im Parlament werde die Klimaanlage im Sommer so stark beansprucht, dass es sich "wie in Sibirien" anfühle, klagte Verteidigungsministerin Carme Chacon.

Für Sebastians Kritiker ist die Krawatte jedoch ein winziges Detail, wenn es darum geht, die enormen Umweltprobleme in Spanien zu bewältigen. Diese werden vor allem durch die Abgase von Fahrzeugen und die extrem hohe Abhängigkeit von importierten fossilen Brennstoffen verursacht.

Die ganze Krawatten-Debatte sei "banal", sagte Eduardo Madina, Generalsekretär der sozialistischen Parlamentsfraktion, zu der sowohl Ministerpräsident Jose Luis Rodríguez Zapatero als auch Sebastian und Bono gehören. "An einigen Tagen trage ich eine Krawatte und an anderen Tagen nicht. Es ist nicht so wichtig", meinte Madina. Selbst Männer, die führende Posten bekleideten, sollten im 21. Jahrhundert die Freiheit haben, sich zu kleiden, wie sie möchten.

Sebastian will Anti-Krawatten-Kampagne weiterführen
Solche Ansichten finden bei Parlamentspräsident Bono kein Verständnis. Als Sebastian in Erinnerung brachte, dass der frühere japanische Ministerpräsident Junichiro Koizumi Arbeiter aufgerufen hatte, ihre Krawatten im Interesse der Energieeinsparung abzulegen, erwiderte Bono: "Ich weiß nicht, ob der japanische Ministerpräsident auch (...) ohne Krawatte vor dem Kaiser erscheinen würde." Sebastian versprach jedoch, dass er seine Anti-Krawatten-Kampagne weiterführen werde, "egal was Bono oder der japanische Kaiser sagen würden".

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