Kalaschnikow & Co.
Sanktionen: EU verschont russische Rüstungs-Bosse
Mehr als vier Monate nach Beginn der russischen Invasion in der Ukraine sind zentrale Figuren der russischen Rüstungsindustrie noch immer nicht Ziel westlicher Sanktionen. Dazu gehört auch der Eigner des Kalaschnikow-Konzerns - Originalhersteller der gleichnamigen Gewehre. Das Unternehmen steht für fast die gesamte russische Produktion von Maschinen- und Scharfschützengewehren, Pistolen und anderen Handfeuerwaffen.
Die USA, die EU und Großbritannien haben zwar Sanktionen gegen den Konzern verhängt, gegen den mit einem Anteil von 75 Prozent größten Aktionär Alan Luschnikow bisher aber nicht, wie Recherchen der Nachrichtenagentur Reuters zeigen.
Ähnlich verhält es sich mit dem Produzenten von Kalibr-Raketen, die laut dem Verteidigungsministerium in Moskau in der Ukraine bei Angriffen auf militärische Ziele zum Einsatz kommen. Gegen das Unternehmen Almas-Antej haben die Vereinigten Staaten und die Europäische Union zwar Strafmaßnahmen erlassen, Konzernchef Jan Nowikow blieb davon aber verschont. Gegenüber Reuters gaben die genannten Unternehmen und Geschäftsleute keine Stellungnahmen ab.
„Es hat einen Preis, Kollaborateur zu sein“
Mit Sanktionen gegen Unternehmen sollen deren Geschäfte durch fehlende Kunden und Bauteile aus dem Ausland erschwert werden. Strafmaßnahmen gegen Personen hinter den Konzernen gehen einen Schritt weiter: Die Unternehmer können nicht mehr in bestimmte Länder reisen, Behörden ihre Villen und Jachten beschlagnahmen. Solche Maßnahmen zeigen klare Wirkung. „Sie bekommen es sehr persönlich zu spüren“, sagt Max Bergmann vom Washingtoner Zentrum für strategische und internationale Studien. Man schaffe so im Dunstkreis des Kreml eine ganze Klasse verärgerter Menschen und „zeigt, dass es seinen Preis hat, ein Kollaborateur des Regimes zu sein“.
Die EU-Kommission und das US-Finanzministerium wollten sich zu den Recherche-Ergebnissen nicht direkt äußern, verteidigten aber die geltenden Sanktionen als wirksam. Reuters übermittelte ihnen vor einiger Zeit eine detaillierte Liste mit mehr als 20 Unternehmen und über drei Dutzend Vertretern der russischen Rüstungsindustrie, die nicht sanktioniert waren.
Westen uneinig bei Sanktionen
Am Dienstag verkündeten die USA dann - parallel zum G7-Gipfel in Bayern - neue Sanktionen gegen acht der Waffenhersteller und zwei der Manager auf der Liste. Dazu gehört die Nummer zwei des Industrie- und Rüstungsriesen Rostec, Wladimir Artjakow. Auch der Hersteller von Tupolew-Kampfflugzeugen kam neu auf die US-Sanktionsliste. Von der EU und Großbritannien werden der Manager und das Unternehmen weiter verschont.
Zuletzt erklärte die EU-Kommission, dass man sich um eine Übereinstimmung der Sanktionslisten bemühe, soweit dies rechtlich möglich sei. Weitere Strafmaßnahmen könnten folgen, wenn der EU ausreichend Beweise vorlägen. Bei verschiedensten Rüstungsunternehmen, die unter anderem auch Artillerie herstellen, gibt es Unterschiede zwischen den schwarzen Listen der westlichen Verbündeten. Mindestens 14 russische Rüstungsbetriebe, darunter mehrere Munitionshersteller, werden weder von der EU, noch den USA oder Großbritannien sanktioniert.
Keine EU-Sanktionen gegen Raketen-Konzern
Selbst bei international geächteten Waffen herrscht unter den NATO-Partnern keine Einigkeit. Nach Angaben der UN und der Ukraine setzte Russland am 24. März Uragan-Raketenwerfersysteme ein, um Streubomben auf Charkiw abzufeuern. Acht Zivilisten starben, 15 weitere wurden verletzt. Das Unternehmen, das Uragan produziert, ist von den USA mit Sanktionen belegt, nicht aber von der EU und Großbritannien.
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