Vorwürfe haltlos?

Libyscher Manager Zarti nicht mehr auf EU-Sanktionsliste

Ausland
17.06.2011 17:56
Die EU hat den Manager Mustafa Zarti auf Vorschlag Österreichs von der Liste der Führungspersönlichkeiten um den libyschen Machthaber Muammar al-Gadafi gestrichen. Damit hat Zarti, der einen österreichischen Pass besitzt, ab sofort wieder Zugriff auf seine Konten in Österreich. Der Geschäftsmann wurde verdächtigt, als Strohmann in Österreich Vermögen von Gadafi zu verwalten. Zarti erwägt nun eine Klage gegen die Republik.

"Die Verdachtsmomente haben sich nicht bekräftigt", sagte Alexander Schallenberg, Sprecher von Außenminister Michael Spindelegger. Zarti ist laut Medienberichten Sohn eines Diplomaten, der bei der OPEC in Wien tätig war. Sein österreichischer Pass wurde 2006 ausgestellt, er gilt bis 2016. Daher durfte sich Zarti trotz Sanktionen weiter in der EU aufhalten. Allein in Österreich wurden nach Angaben von Nationalbank-Direktor Andreas Ittner von Anfang Mai rund 1,2 Milliarden Euro an libyschen Geldern eingefroren.

Dass die OeNB die Konten per Verordnung einfror, bevor Zarti überhaupt auf die EU-Sanktionsliste kam, nannte OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny "vorauseilend. Wir haben hier raschere Maßnahmen getroffen, die dann absorbiert wurden von den EU-Sanktionen." Die OeNB habe die Vermögenswerte damals auf Basis von Informationen gesperrt, die "vonseiten des Außenamts gesammelt wurden". Prozessrisiken aus der damaligen Vorgangsweise sieht Nowotny für sein Haus keine. Im Fall von Klagen wäre die Notenbank ohnehin nicht unmittelbarer Ansprechpartner gewesen.

Erster Antrag Zartis am Freitag vom VfGH abgelehnt
Zudem hatte der österreichische Verfassungsgerichtshof zuvor am Freitag einen Antrag Zartis gegen die Verordnung der Nationalbank zur Einfrierung seiner Vermögenswerte aus formalen Gründen zurückgewiesen. Zur Begründung hieß es: Der Antragsteller müsse "aktuell" und "unmittelbar" betroffen sein. Das sei hier nicht der Fall, denn die EU habe eine "unmittelbar wirksame" Maßnahme beschlossen, die das Einfrieren von Vermögenswerten des Antragstellers umfasse.

Zarti sieht das jedoch anders und will nun eine Klage gegen die Republik Österreich anstrengen. "Nur aufgrund von zwei Zeitungsberichten mit völlig aus der Luft gegriffenen Vorwürfen" habe das Außenministerium via Nationalbank die Sperre der Konten Zartis verfügt. Auch die Aufnahme in die EU-Sanktionsliste habe ausschließlich auf falschen Informationen basiert. Deren nunmehrige Aufhebung sei eine "Blamage für das österreichische Außenministerium", so Zarti.

Zarti: "Es gab keinerlei Beweise, und alle wussten das"
Zarti sagte außerdem, er habe "als österreichischer Staatsbürger immer auf den Rechtsstaat vertraut. Allerdings ist es für mich bis heute nicht nachvollziehbar, wie in einem Rechtsstaat lediglich aufgrund zweier falscher Zeitungsberichte solche Maßnahmen verhängt werden können. Eine Schadenersatzklage behalte ich mir daher weiterhin vor."

Schon unmittelbar nach der Kontensperre habe OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny laut Zarti selbst in einem Schreiben an Bundeskanzler Werner Faymann eingeräumt, dass die OeNB keinerlei Beweise für die Vorwürfe habe und sich auf das Außenministerium verlassen müsse. Das Innenministerium sowie das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung hätten schon damals wiederholt darauf hingewiesen, dass gegen Zarti nichts vorliege.

Außenministerium verteidigt Vorgehen
Das Außenministerium verteidigte unterdessen sein Vorgehen. Informationen aus Österreich, anderen EU-Staaten und Libyen hätten "deutlich den Anschein erweckt", dass der frühere Vize-Chef des lybischen Staatsfonds LIA in Finanztransaktionen im Auftrag des Gaddafi-Regimes verstrickt sein könnte, erklärte Außenministeriums-Sprecher Peter Launsky-Tieffenthal am Freitag. Die Behörde argumentiert, dass es in der Natur von "Sicherungsmaßnahmen" liege, dass sie "rasch und mit einem gewissen Überraschungseffekt" gesetzt würden. Außerdem habe man gegenüber Mustafa Zarti klargestellt, dass es sich um eine vorrübergehende Maßnahme handle, so Sprecher Launsky-Tieffenthal.

Zarti war nach eigenen Angaben am 24. Februar als LIA-Chef zurückgetreten, weil er die "Gewalt in Libyen nicht mehr sehen" wollte. Zarti will Machthaber Muammar al-Gadafi nie persönlich nie getroffen haben. Er sei lediglich mit Gadafis Sohn Saif al-Islam befreundet. "Er ist ein fantastischer Mann", sagte er in einem Interview und lobte dessen Sicht von Demokratie und Menschenrechten.

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