Bisher verboten

Malta stimmt für Einführung der Scheidung

Ausland
29.05.2011 15:59
Im tief katholischen Malta sollen nach dem Willen einer Mehrheit von 53 Prozent der Bürger Scheidungen künftig möglich sein. Dies sei das Ergebnis des am Samstag zu der Frage abgehaltenen Referendums, teilte der Regierungschef der Mittelmeerinsel, Lawrence Gonzi, am Sonntag in Valletta mit. Das Parlament werde jetzt ein Gesetz zur Einführung von Scheidungen erarbeiten und dann darüber abstimmen.
"Das ist nicht das Ergebnis, das ich mir gewünscht hätte", fügte Gonzi hinzu, der im Vorfeld der Volksbefragung für ein Nein geworben hatte. "Aber der Wille der Bevölkerung muss respektiert werden." In allen anderen EU-Ländern gibt es gesetzliche Scheidungsregelungen, in Malta waren Scheidungen bisher jedoch verboten. Nach dem Referendumsvorschlag sollen sie künftig möglich sein, wenn die beiden Ex-Partner vier Jahre getrennt gelebt haben und keine Aussicht auf Versöhnung besteht.

Auf Malta leben etwa 400.000 Menschen, 95 Prozent von ihnen sind römisch-katholisch, der Katholizismus ist Staatsreligion. Neben der Regierung unter der christdemokratischen Nationalist Party hatte allen voran auch die Kirche die Gläubigen aufgerufen, bei dem Referendum mit Nein zu stimmen.

Gesetzmäßige Trennung bereits möglich
Malta und die Philippinen sind heute die einzigen Staaten, welche die Scheidung von Ehepartnern verbieten. Ein maltesisches Paar kann sich zwar gesetzmäßig trennen. Dann muss es aber vom Staat bezahlte Mediationskurse absolvieren und Unterhaltszahlungen sind weiterhin fällig. Ohne die seltene und langwierige Annullierung einer Ehe durch die römisch-katholische Kirche ist außerdem eine Wiederverheiratung nicht möglich. Ausnahmen gelten nur für im Ausland lebende Malteser und Malteser, die mit einem Ausländer verheiratet sind.

Die oppositionellen Sozialisten von der Labour-Partei hatten ihren Anhängern kein bestimmtes Abstimmungsverhalten vorgegeben. Parteichef Joseph Muscat machte aber deutlich: "Ich möchte in einem europäischen Land leben und das heißt, europäische Werte zu haben." Es gebe andere ethische Werte als solche, die auf der Religion basieren; die Scheidung sollte rational betrachtet werden und nicht als religiöses Dogma. Das Nein-Lager wiederum sieht die Familie gefährdet und befürchtet eine Scheidungswelle.

Referendum nicht bindend für Regierung
Umfragen hatten ein knappes Referendums-Ergebnis vorhergesagt. Das Votum, dessen genauen Ausgang Premier Gonzi nicht bekannt gab, ist für die Regierung oder das Parlament nicht bindend. Beobachter gehen aber davon aus, dass das Parlament dem Votum der Malteser folgt. Die Beteiligung betrug 72 Prozent. Malta gehört seit 2004 zur EU.

Die katholischen Bischöfe des kleinen Inselstaates entschuldigten sich in einer nach Schließung der Wahllokale veröffentlichten Erklärung, sollten Mitglieder der Kirche in der Debatte jemanden verletzt haben. Sie versprachen zugleich, unabhängig vom Ausgang der Abstimmung dabei zu helfen, junge Leute besser auf die Ehe vorzubereiten, und Paare besser beim Gelingen ihrer Ehe zu unterstützen. Papst Benedikt XVI. hatte die Malteser bei seinem Besuch im vergangenen Jahr für ihre strikt konservative Haltung gelobt. Für viele Malteser steht hinter der Scheidungsfrage auch die Frage, welche Rolle und welchen Einfluss die Kirche in der Gesellschaft haben soll.

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