Wahlrechts-Reform

Briefwahl wird reformiert, Verbot für Habsburger fällt

Österreich
30.04.2011 11:07
SPÖ und ÖVP haben sich auf eine radikale Reform der Briefwahl geeinigt. Die Neuerungen sollen Missbrauch und "strategisches Wählen" verunmöglichen, so die Koalition. Im Zuge der Neugestaltung soll auch das Habsburger-Kandidaturverbot bei Bundespräsidentenwahlen fallen. Eine weitere geplante Änderung betrifft Strafgefangene. Sie sollen künftig nicht mehr so leicht vom Wählen ausgeschlossen sein.

Bisher konnten die Wahlkarten noch bis zu acht Tage nach dem Wahltag einlangen. Diese Nachfrist wird völlig gestrichen: Künftig müssen die Briefe am Wahltag bis 17 Uhr einlangen, heißt es seitens der Koalition. Die Summe der eingelangten Briefwahlkarten wird protokolliert, und die Auszählung erfolgt am darauffolgenden Montag ab 9 Uhr durch die Bezirkswahlbehörde. Verhindert werde dadurch, dass verspätet eingelangte Wahlkarten missbräuchlich miteinbezogen werden.

Mit den Änderungen sollen Probleme bei der Durchführung der Briefwahl beseitigt werden, erklärten die Verfassungssprecher der Koalitionspartner, Wilhelm Molterer (ÖVP) und Peter Wittmann (SPÖ). Vorgesehen ist demnach, dass sich Antragsteller künftig für die Ausstellung einer Wahlkarte ausweisen müssen. Dies erfolgt entweder persönlich oder im Fall eines schriftlichen Antrags mittels Dokumenten-Kopie. In Pflegeanstalten soll nur mehr eine persönliche Zustellung möglich sein.

Auch Habsburger-Verbot soll fallen
Fallen soll auch das sogenannte Habsburger-Kandidaturverbot. Ausgelöst hatte diese Debatte der in Kärnten lebende Ulrich Habsburg-Lothringen, der mit seinem Plan, vergangenes Jahr bei der Bundespräsidentenwahl anzutreten, gescheitert war. Der Wahlausschließungsgrund "Mitglied regierender Häuser oder solcher Familien, die ehemals regiert haben" bei Bundespräsidentenwahlen wird durch eine Änderung des Bundesverfassungsgesetzes sowie des Bundespräsidentenwahlgesetzes 1971 wegfallen.

Eine weitere geplante Änderung betrifft Strafgefangene. Sie sollen künftig nicht mehr so leicht vom Wählen ausgeschlossen sein - eine Reaktion auf das Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Fall des früheren Fernsehmoderators Helmut Frodl. Der bisherige pauschale Ausschluss vom aktiven Wahlrecht werde dahingehend geändert, dass der Ausschluss als Einzelfallentscheidung anhand eines Katalogs bzw. durch ein Gericht erfolgt. Die Wahlausschließungsgründe für das passive Wahlrecht sollen aufrecht bleiben. Der Antrag von SPÖ und ÖVP wurde am Freitag im Nationalrat eingebracht. Mit einem Beschluss wird noch vor dem Sommer gerechnet.

Verfassungsrechtler begrüßt Ende der Nachfrist
Der Verfassungsexperte Heinz Mayer hält die geplante Reform der Briefwahl und damit den Wegfall der Nachfrist für positiv. Dies sei allerdings nur ein Punkt, denn generell sei das Wahlgeheimnis bei der Briefwahl nicht gesichert, drängte er aber auf eine weitere Reparatur. Dass im Zuge der Neuerungen auch das Habsburger-Kandidaturverbot bei der Bundespräsidentenwahl fallen soll, begrüßt Mayer ebenfalls: "Es ist an der Zeit, dass man das macht."

Der Wahlausschließungsgrund "Mitglied regierender Häuser oder solcher Familien, die ehemals regiert haben" bei Bundespräsidentenwahlen sei zu Beginn der Republik von großer Bedeutung gewesen. Damals habe man die Sorge gehabt, dass sich jemand aus dem Herrscherhaus zum Bundespräsidenten wählen lässt und dann monarchistische Tendenzen "wach werden", meinte Mayer. Diese Gefahr besteht seiner Meinung nach heute nicht mehr, weshalb er die Abschaffung dieses Verbots gut heißt.

Positiv beurteilt er auch den Wegfall jeglicher Nachfrist bei der Briefwahl: "Das ist gescheit, weil auch da wird Unfug betrieben." Problematisch an dieser Wahlform sei nicht nur die Nachfrist, sprach sich der Verfassungsrechtler für weitere Einschränkungen aus. "Ich bin gegen die Briefwahl im Inland", so Mayer. Der Gang zur Wahlurne sei hier wohl jedem zumutbar. Zu Bettlägerigen hingegen können "fliegende" Wahlkommissionen kommen. Im Ausland werde man sie wohl zulassen und dort soll bei einer Behörde gewählt werden, welche die Korrektheit der Stimmabgabe sicherstellt.

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