Interview & Album

Chris Steger: In Mundart auf den Austropop-Thron

Musik
21.10.2021 06:00

Im zarten Alter von 17 hat der Salzburger Chris Steger unlängst den Amadeus Award für „Zefix“ zum „Song des Jahres“ eingeheimst. So jung war noch kein Preisträger vor ihm. Er macht den Dialektpop á la STS und Ambros mit Salzburger Mundart auch einer jüngeren Generation zugänglich. Und Vorsicht: Lederhose und Frisur erinnern an Gabalier, sonst aber noch sehr wenig. Im „Krone“-Interview erzählt der sympathische Shooting-Star von seinem Debütalbum „Zefix“, warum er trotz allem die HTL fertigmachen will und wie wichtig ihm Botschaften in seinen Texten sind. Der Stresslevel wird jedenfalls länger hoch bleiben.

(Bild: kmm)

„Krone“: Chris, als du unlängst den Amadeus-Award für „Zefix“ zum „Song des Jahres“ bekommen hast, warst du 17 Jahre jung. So jung, wie noch kein Amadeus-Preisträger zuvor. Wie ordnest du diesen Erfolg mit ein bisschen Distanz nun ein?
Chris Steger: Am Anfang habe ich das gar nicht so richtig überrissen, aber wenn du mir das noch einmal sagst, kommt das schöne Gefühl wieder hoch. Es macht mich sehr stolz.

Du singst nicht nur im Salzburger Dialekt, sondern führst auch deine Interviews so. War es von vornherein klar, dass du in Mundart losstarten wirst?
Eigentlich schon. Die meisten Hörer sind hier in Österreich und die Leute verstehen, was ich singe und meine. Ich kann meine Themen damit auch am besten rüberbringen.

Du bist mit unterschiedlichen Austropop-Künstlern aufgewachsen, was für einen 17-Jährigen alles andere als üblich ist...
Meine größten Vorbilder sind die „alten“ Austropop-Legenden. STS, Georg Danzer, Rainhard Fendrich und Wolfgang Ambros. Meine Generation hört jetzt Pizzera & Jaus, Edmund, Seiler und Speer und Josh., auch wenn der eher auf Hochdeutsch singt. Mich haben immer die Texte von diesen Größen fasziniert. Natürlich können wir Englisch, aber ein Lied auf Englisch hörst du ganz anders. Es ergreift dich nicht so, wie eines, das in deiner Sprache gesungen wird.

Könntest du dir vorstellen, irgendwann einmal Lieder auf Englisch zu singen?
Ich glaube, dass ich eher bei der Mundart bleibe. Ich singe schon Cover-Songs auf Englisch. Beim Singen klingt es bei mir sogar ganz gut, nur beim Sprechen bin ich nicht so versiert. Gert Steinbäcker hat glaube ich einmal gesagt, dass man die schönsten Lieder in der Sprache schreibt, die man natürlich spricht. Da kann man die Gefühle am besten rüberbringen.

Auf deinem Debütalbum „Zefix“ gibt es mit „Mach di Aug’n zu“ auch ein STS-Cover, das von Steinbäcker geschrieben und gesungen wurde. Ist das dein Favorit?
„Radio Niederösterreich“ wollte für eine Sendung ein STS-Lied und dann habe ich mich dafür entschieden. Es war eines der ersten Lieder, das ich mit der Gitarre nachspielen konnte.

Was fasziniert dich so an den Texten der Austropopper?
STS schreiben Lieder, wo so viel Inhalt drinnen ist, dass man mindestens drei Songs daraus machen könnte. Sie sagen mit jeder Zeile etwas aus und du glaubst ihnen alles, was sie singen. Nimm nur als Beispiel „Überdosis G’fühl“ - das geht richtig rein. STS spielen nicht nur, die sind so. So will ich das auch machen. Natürlich ist Geld verdienen mit der Musik schön, aber in erster Linie will ich authentisch und einfach ich sein.

STS schrieben auch Lieder wie „Das neue Vaterland“, das sich klar gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus positionierte. Auch deine Lieder sind inhaltsstark und haben meist eine Message. Ist dir das ein wichtiges Anliegen?
Das ist absolut richtig. Ein Lied sollte immer einen Sinn haben und nicht einfach so dahingesungen sein. Ich will mich mit den Inhalten identifizieren können, sonst möchte ich es gleich gar nicht singen. Ich bin erst 17 und kann nicht allen erzählen, dass ich die Weisheit mit dem Löffel gefressen habe, aber ich will meinen Blick auf die Dinge weitergeben. Wenn ein paar Leute darüber nachdenken, dann hat das alles schon was gebracht.

In „Heit Nocht“ geht es etwa um die verlorene Liebe. Wie authentisch ist es, wenn ein 17-Jähriger darüber singt?
Ich singe das so, wie ich das sehe. Wenn ein Älterer dieses Lied hört, kann er sich ja trotzdem in das Thema hineinversetzen, weil der irgendwann auch einmal in meinem Alter war. Da kann man zurückdenken und in Nostalgie schwelgen.

Deine Generation hört eigentlich auch keine Alben mehr. Hätte es nicht gereicht, Single um Single zu veröffentlichen?
Ich finde es schon sehr cool, so ein Gesamtprodukt zu haben. Wenn ich das Album „Zefix“ in der Hand habe, bin ich schon froh und stolz, weil doch sehr viel Arbeit dahintersteckt. Vor gut einem Jahr haben wir angefangen die Songs zu schreiben und es lief dann einfach wirklich gut dahin. Also machten wir einfach ein Album.

Du gehst ja noch immer in die HTL für Zimmerei und wirst sie erst 2023 abschließen. Der Zeitdruck ist heute sicher ein anderer als vor einem Jahr?
Es ist richtig viel zu tun, aber ich sehe das nicht so als Arbeit. Nicht alles ist cool, aber das meiste macht mir so viel Spaß, dass ich es nicht mehr missen möchte. Etwa beim „Donauinselfest“ zu spielen, das werde ich nie vergessen. Ich bin überglücklich und ich weiß, dass ein gewisses Glück im Leben dafür dazugehört.

Macht das HTL-Gehen überhaupt noch Spaß, wenn man sieht, wie gut es gerade mit der Musik funktioniert?
Das stimmt sicher und das denke ich mir fast jeden Tag. Aber im Umkehrschluss muss man auch sagen, dass die Musik schnell da war und schnell zu Ende sein kann. Ich möchte gerne von der Musik leben und so weit kommen, dass das Arbeiten mein Hobby wird. Das ist jetzt fast schon so, aber die Schule will ich schon fertigmachen.

Bist du wirklich selbst so motiviert, oder ist es die Familie, die da ein bisschen hintennach ist?
Die Familie hat mir nie was aufgezwungen. Auch nicht die HTL, denn ich hätte auch locker arbeiten gehen können. Eine Ausbildung ist immer etwas Gutes und ich will die Schule für mich fertigmachen. Ich gehe ja nicht für meine Eltern da hin. Ich wollte immer Zimmerer werden, weil mein Papa das auch macht. Haus planen oder selber einen Dachstuhl aufstellen würde mir großen Spaß machen. Holzarbeit hat mich immer interessiert, weil es schön zu greifen ist und man körperlich auch was tut. Vom Gitarrespielen kriegst nicht so viel Schmalz in den Armen. (lacht)

Im Opener „Oans, zwoa, drei“ geht es um ein ganz interessantes Thema - Alkohol am Steuer am Land. Ich als Steirer weiß, die Sache ist nach wie vor omnipräsent.
Bei uns am Land ist das schon sehr gefährlich. Ich muss 0,0 Promille haben, weil ich den Führerschein noch nicht lange habe, aber das passiert bei uns bei manchen Leuten schon ab und zu. Lasst euch doch einfach abholen, denn bei uns daheim ist auch schon oft was passiert, wenn jemand rauschig mit dem Auto fährt. Das Leben ist was wert. Da gehe ich lieber mal eine halbe Stunde zu Fuß heim, bevor ich mit dem Auto im Graben lande.

Für einen 17-Jährigen ist auch eine Nummer wie „Leicht kennt ma’s hom“ nicht üblich. Die dreht sich um Frieden, Zusammenhalt und Zwischenmenschlichkeit. Solche Sorgen macht man sich in diesem Alter normal eher selten…
Den Song habe ich auch mit Christof Straub zusammengeschrieben. Es ist mein Lieblingslied, weil es darin richtig um was geht. Ich erkläre den Leuten nicht, warum und weshalb Dinge passieren, sondern hinterfrage sie. Ich weiß ja selbst nicht, warum in der Terrornacht von Wien jemand einfach so auf Leute schießt. Der hat die Menschen noch nicht einmal gekannt. Ich kann solche Aktionen nicht nachvollziehen und im Refrain kommt die Botschaft, dass wir uns das Leben leichter machen könnten, wenn wir alle an einem Strang ziehen würden.

Themen wie die Klimakrise, politische Strömungen und das Gesellschaftliche im Allgemeinen beschäftigen dich sicher auch?
Jeder weiß, dass der Klimawandel real ist, denn das Thema ist omnipräsent. Ich finde, dass wir dringend was tun müssten. Es sollte natürlich im Verhältnis stehen, denn ich will auch nicht ganz aufs Auto verzichten und nur Bus fahren. Ich bin nicht der volle Hippie, aber man muss auf jeden Fall etwas tun und ich trage gerne dazu bei.

Lässt du dich von zeitgeistigen oder doch zeitlosen Themen inspirieren? Ein bisschen hat ja beides auf dem Album „Zefix“ seinen Platz.
Man schnappt etwas auf und denkt sich, dass man darüber ein Lied schreiben könnte. Manchmal fliegen einem die Themen einfach so zu. Meistens ist die Melodie da und dann überlegt man sich, welche Thematik dazupassen könnte. Das ergibt sich oft schon aus dem Klang. Manchmal gibt es ein Wort und aus dem baut man ein ganzes Lied aus.

Dein Album ist eine Mischung aus schnellen Mundart-Popnummern und langsamen Balladen und ausgeruhten Momenten. In welcher Ausrichtung fühlst du dich wohler?
Für mich macht das keinen Unterschied. Zum Livespielen sind die Nummern, die abgehen, natürlich die besten. Vor allem dann, wenn der Schlagzeuger so richtig reinhaut. Balladen, die ich alleine mit der Gitarre spiele sind aber genauso schön, weil ich da die Gefühle so richtig gut transportieren kann. Ich kann selbst schlecht beurteilen, wie das Album als Ganzes klingt, aber wenn du es durchgemischt hörst, finde ich das gut. Viele Künstler haben einen Song und die anderen klingen fast gleich. Das wollte ich unbedingt vermeiden.

Einen Quasi-STS-Moment gibt es auch in „Der Beste“. Ein Song, der sich um deinen Opa dreht, der dir so viel bedeutet. Also deine Version vom „Großvater“.
Es ist eine Mischung aus meinen beiden Großeltern. Einen Opa habe ich fast gar nicht gekannt. Er verstarb schon, als ich nur ein Jahr alt war und ich kenne nur Geschichten von ihm. An ihn denke ich sehr oft und natürlich auch an den anderen, mit dem ich so viele coole Sachen gemacht habe. Was wäre gewesen, wenn der eine Opa länger gelebt hätte? Man muss die Zeit mit den Großeltern schätzen. Ich möchte auch nicht immer mit ihnen zusammenhängen, aber manchmal ist das einfach nur schön. Meine Uroma wohnt einen Stock unter mir und freut sich immer, wenn ich bei ihr vorbeischaue.

Großeltern haben eine ganz besondere Bindung zu ihren Enkeln. Was haben dir deine Besonderes mitgegeben?
Bei den Großeltern darf man immer ein bisschen mehr tun als bei den Eltern. Ich möchte die Zeit nicht missen und das Essen ist auch unschlagbar. (lacht)

Das Lied „Zefix“ hat dich von Null auf Hundert katapultiert. Spürst du den Druck, an diesen Erfolg anschließen zu müssen?
Da sprichst du etwas an, was mich persönlich tatsächlich sehr beschäftigt. Manche nennen mich schon „Zefix“ und nicht mehr Chris Steger. (lacht) Ich mache mir natürlich Druck. Was ist, wenn ich nie mehr ein größeres Lied als dieses zusammenbringe? Andererseits bin ich extrem stolz darauf und kann dadurch sehr viel Musik spielen. Ich sehe das prinzipiell positiv, weil mir das Lied so viele Türen eröffnet hat. Wenn mir jemals wieder so ein Erfolg gelingt, dann ist das natürlich schön.

Warum springen die Leute so extrem auf „Zefix“ an?
Es liegt einfach am Wort. Es ist ein bisschen ein Schimpfwort und lange war nicht sicher, ob man das auch so im Radio bringen kann. Auslegungssache. „Zefix, i steh auf di“ ist ein Song, bei dem man super mitsingen kann und es ist gleich klar, worum es geht. Ich spüre auch beim Livespielen immer, wenn die Leute textsicher mitsingen und sich damit identifizieren können. Das macht das Lied vielleicht so erfolgreich.

Man braucht natürlich immer neue Schubladen und deine Musik füllt jetzt den „Alpin-Pop“. Bist du näher an Hubert von Goisern oder Andreas Gabalier?
Ich brauche keinen großen Überbegriff, finde aber schon, dass es eher Pop-Lieder sind. Schlager ist nicht schlecht, denn viele klingen wie Pop-Songs. Deshalb ist das mit den Begriffen immer schwierig. Andreas Gabalier macht ganz andere Musik als ich. Ich mag ihn aber als Person sehr gerne. Wir haben beide Lederhosen an und das wird ja wohl noch erlaubt sein. (lacht) Meine Vorbilder sind STS und ich sehe mich in dieser Richtung verortet. Allerdings will ich niemanden kopieren, sondern meine eigene Sache machen. Ich habe von STS leider noch niemanden getroffen, hoffe aber, dass sich das mal ausgeht.

Im Song „Der Präsident“ geht es um diese höher/schneller/weiter-Mentalität, von der unsere Leistungsgesellschaft durchzogen ist. Auch damit hätten viele bei dir wohl nicht gerechnet.
Wenn man mal genug von allem hat, muss man weg. Ich bin normal nicht so der Urlaubsreisende, aber zwischendurch muss man raus und ans Meer oder sonst wo hin. Früher hast du dir noch ausmachen müssen, wo du dich mit jemandem triffst und musstest pünktlich sein. Heute kannst du dich mit dem Handy und einer SMS sofort entschuldigen und den anderen vertrösten. Das klingt komisch, aber die älteren Werte sind schon wichtig. Ich kenne sie selbst nicht, aber sie wurden mir erzählt und beigebracht. Man sollte sich öfter bewusst machen, was im Leben wirklich zählt.

Wie hat sich dein Leben in deiner Heimatgemeinde St. Martin am Tennengebirge verändert, nachdem du so durch die Decke geschossen bist?
Ich habe immer noch dieselben Freunde und sie freuen sich über ein cooles Lied von mir. St. Martin ist ein 1500-Einwohner-Ort. Da hat mich vorher jeder gekannt und es hat sich nichts geändert. Außer, dass ich viel weniger Zeit für alle habe und wir öfter über meine Musik reden. Wenn ich fortgehe oder woanders bin, dann wollen die Leute Fotos, aber das ist doch was Schönes. Daheim habe ich meine Ruhe und jeder ist normal zu mir.

Deine zweite große Leidenschaft ist Fußball, da könnte sich mit 17 doch noch eine Profikarriere ausgehen?
Ich glaube, dass der Zug dort schon abgefahren ist. (lacht) Früher habe ich nicht so schlecht gespielt. Ich war in einem Leistungsausbildungszentrum, aber heute ist das eher eine Gaudi. Ich spiele meistens links oder rechts vorne. Ich bin nicht so langsam, aber ein bisschen aus dem Training draußen. (lacht)

Bist du Red Bull Salzburg-Anhänger oder bevorzugst du den Traditionsklub, die Austria Salzburg?
Ich bin natürlich ein bisschen patriotisch. Ich freue mich, wenn Red Bull Salzburg und das österreichische Nationalteam Erfolge feiern. Ansonsten halt die Klassiker, die wirklich schönen Fußball spielen: Real Madrid und andere. Ich bin kein Ultra, aber ich liebe es, Fußballspiele zu schauen und selbst zu spielen.

Leidest du mit den Leistungen des österreichischen Nationalteams im Moment?
Das Nationalteam ist die Mannschaft, mit der ich am meisten mitfiebere. Da sind wir Fans untereinander nicht so zerstritten, sondern alle halten zusammen. Wenn die dann so blöd verlieren, ärgert man sich natürlich. Wir hätten ja so tolle Spieler, aber dann verletzen sich auch wieder welche. Ich glaube der Trainer kann gar nicht so viel dafür, es ist alles nicht so einfach.

Was bringt das Jahr 2022 dir? Beruflich als auch privat.
Ich mache mit der Musik weiter. Ich versuche viele Konzerte zu spielen, vielleicht sogar eine Tour. Am 16. April darf ich mit Edmund in der Wiener Stadthalle spielen, darauf freue ich mich extrem. Da kommen ganz viele Leute. Ansonsten will ich Lieder schrieben und vielleicht machen wir ein Album und ansonsten ein paar Singles. Ich lasse die Dinge auf mich zukommen und mache mit Freude weiter.

Live in Wien
Am 16. April kann man Chris Steger im Vorprogramm von Edmund in der Wiener Stadthalle live erleben. Alle weiteren Infos und Karten erhalten Sie unter www.oeticket.com. Weitere Auftritte werden sicher folgen.

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