Nach Moratorium

Erste deutsche Atomkraftwerke sind vom Netz

Ausland
17.03.2011 18:40
Nach dem Atom-Moratorium der deutschen Regierung sind in unserem Nachbarland die beiden ersten Reaktoren vom Netz. Der Energiekonzern EnBW schaltete in der Nacht auf Donnerstag wie angekündigt zwei seiner vier Atomreaktoren ab. Neckarwestheim 1 (im Bild) sei um 22.41 Uhr vom Netz gegangen, Philippsburg 1 um 4.28 Uhr. Selbst der umstrittenen Atommeiler Isar 1 ist nun vom Netz. Der Betriebszustand der Meiler sei nach dem Herunterfahren vergleichbar mit dem während einer Revision, teilte das Unternehmen mit.

Block 1 des Kernkraftwerks Neckarwestheim bei Heilbronn war seit 1976 in Betrieb und soll nun dauerhaft abgeschaltet bleiben. Block 1 in Philippsburg bei Karlsruhe ging 1979 ans Netz und könnte nach dem dreimonatigen Moratorium wieder hochgefahren werden.

Nach der Katastrophe in Japan hatte die deutsche Regierung gemeinsam mit den Ministerpräsidenten der deutschen Bundesländer mit Atomkraftwerken angekündigt, dass sieben Reaktoren, die vor 1980 ihren Betrieb aufnahmen, zumindest vorübergehend abgeschaltet werden.

Verwirrung um Isar 1: Abschaltung angeordnet
Verwirrung gab es hingegen um den umstrittenen Atommeiler Isar 1 in Niederbayern, der knapp 100 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt im Landkreis Landshut liegt. Erst kündigte Eon an, das Atomkraftwerk werde heruntergefahren, dann ließ der Energiekonzern die Anlage auf niedriger Leistung weiterlaufen, wie ein Sprecher am Mittwochnachmittag bestätigte. Am Donnerstag ordnete der bayrische Umweltminister Markus Söder allerdings die vorläufige Abschaltung des AKWs für die Dauer des dreimonatigen Moratoriums an.

Eine endgültige Stilllegung könne das deutsche Bundesland jedoch rechtlich nicht durchsetzen. Laut Artikel 19 des Atomgesetzes heißt es nämlich im dritten Absatz, dass ein Kernkraftwerk "einstweilen" oder "dauerhaft" abgeschaltet werden kann, wenn der Betrieb den Vorschriften widerspricht oder "sich durch die Wirkung ionisierender Strahlen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachgüter ergeben können". Eine Änderung sei daher nur per Bundesgesetz oder durch eine Vereinbarung mit den Betreibern möglich, sagte Söder. "Ich persönlich kann mir das aber gut vorstellen." Der Politiker verwies darauf, dass Isar 1 nicht gegen den Absturz großer Verkehrsflugzeuge gesichert sei. Bauliche Veränderungen, um das sicherzustellen, seien aber "schwer umzusetzen".

Merkel für einheitliche Sicherheitsstandards
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel drängt indes auf einheitliche europäische Sicherheitsstandards für Atomkraftwerke in Europa und weltweit. "Ich unterstütze die Initiative für einen EU-weiten Stresstest für Kernkraftwerke", sagte Merkel am Donnerstag in einer Regierungserklärung im Bundestag. "Wir brauchen in der gesamten EU hohe Sicherheitsstandards." Gemeinsam mit Frankreichs Präsident Nicholas Sarkozy werde sie eine Initiative für sichere Kernenergie in die Beratungen der 20 größten Industrie- und Schwellenländern (G20) einbringen.

Die zumindest vorläufige Abschaltung der sieben ältesten Atomkraftwerke und des AKW Krümmel in Deutschland verteidigte Merkel erneut. "Was wir brauchen, ist ein Ausstieg mit Augenmaß", so Merkel. Weitergehenden Forderungen der Opposition hielt sie entgegen, ein Industrieland wie Deutschland könne nicht sofort auf Kernkraft verzichten. "Wenn in einem so hoch entwickelten Land wie Japan das scheinbar Unmögliche möglich (...) wurde, dann verändert das die Lage", sagte sie zugleich. Deswegen habe die Bundesregierung gehandelt. "Es gilt der Grundsatz: Im Zweifel für die Sicherheit."

Merkel betonte, sie lehne es weiter ab, Kernkraftwerke in Deutschland abzuschalten und Strom aus anderen Ländern mit womöglich geringeren Standards zu beziehen. Die vorläufige Abschaltung sei die Anwendung des Atomgesetzes in einer neuen Lage. Juristische Tricks könnten nicht unterstellt werden. Nach dem dreimonatigen Moratorium werde weiter entschieden. "Wir wollen so schnell wie möglich das Zeitalter der erneuerbaren Energien erreichen", sagte Merkel. Sie forderte eine Beschleunigung des Stromnetzausbaus zugunsten erneuerbarer Energien.

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