„Keine One-Woman-Show“

Einzige Frau an Spitze eines Landeskriminalamts

Tirol
07.03.2021 11:00

Im Jahr 1992 sah Katja Tersch einen Fernsehbericht über die ersten Frauen bei der Wiener Polizei. Heute ist die Niederösterreicherin österreichweit die einzige Frau an der Spitze eines Landeskriminalamts. Ein Gespräch mit einer Frau, die „nichts geschenkt haben wollte“ - und dabei alles erreicht hat.

Der Mensch muss auf die Stelle passen, nicht das Geschlecht, sagt Katja Tersch immer wieder - fast „gebetsmühlenartig“, schmunzelt sie. Seit sie im Vorjahr die Leitung des Landeskriminalamts Tirol übernommen hat, will das mediale Interesse nicht abreißen. „Das enorme Echo hat mich wirklich überrascht“, sagt die Niederösterreicherin. Denn für sie sei die Ernennung einfach Folge ihres Werdegangs bei der Polizei. Ein Blick auf die Zahlen zeigt aber - trotz ihrer Bescheidenheit -, es ist eben doch eine Besonderheit. Denn der Frauenanteil bei der Polizei liegt bei 20 Prozent. Und je weiter oben, desto dünner wird es. Nur 30 von 500 Offizieren sind weiblich. Die erste davon in Tirol - Tersch.

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Dann habe ich mich zu meinen Eltern umgedreht und gesagt, das ist es. Das mache ich.

Katja Tersch

Seit Beginn ihrer Karriere sei sie immer „eine der Ersten gewesen“, sagt sie. Denn erst seit 1991 können Frauen bei der Polizei die gleiche Ausbildung machen wie Männer. Und das tat sie. Sie könne sich noch gut daran erinnern, sagt die Niederösterreicherin, als sie vor mehr als 30 Jahren einen Bericht darüber im Fernsehen sah. „Dann habe ich mich zu meinen Eltern umgedreht und gesagt, das ist es. Das mache ich.“ Sie sehe es noch genau vor sich, wie aufgeregt sie selbst, wie wenig begeistert ihre Eltern waren. Aufhalten ließ sich Tersch aber schon damals nicht. Im Juni Matura, im September Polizei.

Als eine der ersten Frauen in Uniform auf Streife
Seither fuhr sie Streife, arbeitete bei der Wirtschaftspolizei, war im Referat für Einbruchsdiebstahl, engagierte sich in der Kriminalprävention, ermittelte in Mordfällen, führte stellvertretend die Personalabteilung des Landespolizeikommandos Tirol, schloss zwei Studiengänge ab, ist Führungskräftetrainerin, Leiterin des „Disaster-Victims-Identifications-Teams Tirol“ und seit einem Jahr eben Chefin des Landeskriminalamts Tirol mit 140 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen.

Eine „One-Woman-Supershow“ sei sie aber wirklich nicht, schmunzelt sie. Vielmehr habe sie immer Vorgesetzte gehabt, die sie „gefordert und gefördert“ haben. Das sei ihr auch wichtig gewesen, denn „ich wollte nie etwas geschenkt bekommen oder eine Sonderstellung haben. Weil wenn ich da bin, gebe ich mein Bestes und möchte die gleichen Aufgaben. Natürlich gibt es unterschiedliche Stärken, aber das ist persönlichkeits- nicht geschlechterabhängig.“

„Ich weiß ja nicht, wie sich ein Mann fühlt“
Aber klar, es müsse einem bewusst sein, dass man in der Auslage steht, wenn man in der Unterzahl ist, sagt Tersch: „Es ist ein langsames Reinwachsen, sowohl für einen selbst als auch für die Organisation.“ Ob sie sich als Frau anders fühlt, wenn sie etwa in einem Frauenmord ermittelt, wird Tersch immer wieder gefragt - und antwortet gelassen: „Ich weiß ja nicht, wie sich ein Mann fühlt.“ Wie solle man das auch vergleichen? „Ich kenne unendlich empathische Männer, die wahnsinnig gut mit Kindern und Frauen als Gewaltopfern umgehen können, und ich kenne auch Frauen, die das nicht können - und auch nicht wollen.“ Wieder: persönlichkeits-, nicht geschlechterabhängig.

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Wenn eine junge Frau sich denkt, wenn sie das geschafft hat, schaffe ich das auch - das gefällt mir.

Katja Tersch

Nicht geplant, aber passiert: Vorbild sein
Fragen dieser Art empfinde sie aber nicht als diskriminierend - sondern „interessant, dass man sie im Jahr 2021 noch immer stellt“. Wenn das nicht mehr der Fall ist, „dann haben wir es geschafft“, sagt Tersch. Und wenn das gelingt, liegt das vielleicht auch ein bisschen an Menschen wie ihr. Denn für sie selbst sei das zwar surreal, aber „es ist wohl so“, sagt die 49-Jährige, „dass man so die ein oder andere junge Frau erreichen kann. Und wenn die sich dann denkt, ja warum eigentlich nicht; wenn die sich denkt, wenn sie das geschafft hat, schaffe ich das auch - das gefällt mir“, sagt Tersch - und man sieht ihr an, dass diese Freude echt ist.

Anna Haselwanter
Anna Haselwanter
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