Lokalaugenschein

Sternsinger 2021: Weihrauch, Myrrhe und Maske

Tirol
03.01.2021 10:00

Wie geht Sternsingen ohne Singen und mit Reisebeschränkungen? Die „Krone“ begleitete Mario, David und Lukas aus Landeck. Die drei Weisen aus dem Tiroler Oberland entpuppten sich als stoische Könige mit Sinn fürs Wesentliche.

Landeck, Samstagvormittag 9 Uhr. Die Straßen leer, die Geschäfte zu, die Menschen daheim. Es ist kalt, es ist viel zu ruhig für die Urlaubszeit – es ist Lockdown.

Und dann, ganz langsam geht am Platz vor der Pfarrkirche Maria Himmelfahrt ein Stern auf. Es ist der Stern von Mario Föger, David Walch und Lukas Posch. Die drei 13-Jährigen sind erfahrene Sternsinger und rücken trotz Corona-Beschränkungen auch heuer aus. „Is’ ja für einen guten Zweck“, meint Mario ganz erwachsen und zieht seinen Mund-Nasen-Schutz etwas nach oben.

Die biblischen Weisen mögen Gold, Weihrauch und Myrrhe im Gepäck gehabt haben, die Könige im Jahr 2021 reisen mit Abstand, Maske und einem Fläschchen Desinfektionsmittel. „Die Vorbereitungen waren schon aufwändig. Die Kinder durften sich ja nicht einmal bei der Kleiderausgabe treffen“, erklärt Jugendbetreuer Johannes Königsecker und zählt fast 80 Sternsinger auf, die in den drei Pfarren der Oberländer Bezirkshauptstadt jedes Jahr ihres Amtes walten.

420.000 Kilometer sind heuer nicht zu schaffen
Tirolweit folgen in normalen Jahren 10.000 Könige dem Stern und bringen die Weihnachtsbotschaft in die Häuser. Heuer sind deutlich weniger Kinder unterwegs. Auch Heilige müssen sich an Reisebeschränkungen halten. Üblicherweise legen Caspar, Melchior und Balthasar in Österreich 420.000 Kilometer zurück, umrunden umgerechnet zehnmal die Erde. Heuer ist der Aktionsradius deutlich kleiner. Viele Pfarren haben sich Alternativen zu Hausbesuchen überlegt. Videobotschaften wurden verfasst, Segenspakete geschnürt, himmlische Post verschickt.

Die Könige werden im Garten empfangen
Mario, David und Lukas gehören zu denen, die trotzdem ausrücken. Mittlerweile sind sie bei ihrer ersten Station angelangt. Die Tür steht offen – aber keiner ruft „nur herein“. Diesmal kommt die Familie vors Haus. Bei minus 5 Grad ist der Garten nicht das gemütlichste Plätzchen. „Aber was soll man machen. Wir freuen uns trotzdem auf den Besuch der Sternsinger“, meint Hausherrin Maria Posch und lauscht dann der kurzen Darbietung der drei Buben, von denen einer ihr Sohn ist.

Die Maske verschluckt so manches Wort – wie ein Bart, den die 13-Jährigen noch nicht haben. Was sie sagen wollen, das wissen die Gastgeber ohnehin. Der königliche Segen für das neue Jahr und die Bitte um Spenden für Menschen in den ärmsten Ländern der Welt wird gehört – auch im Corona-Jahr.

Nicht singen passt für die drei Buben auch
(Stern)-Singen fällt heuer aerosolbedingt aus. Die drei Landecker Könige scheint das nicht wirklich zu stören – auch wenn sie beteuern, kein Problem mit der Tonleiter zu haben. Um es in den Worten von David zu sagen: „Singen? Passt eh!“ Nicht zu singen, passt für Mario, David und Lukas auch. Sie stehen über den verordneten Dingen, bleiben stoisch, nehmen’s locker.

Es geht schließlich um etwas Wichtigeres als um den perfekten Auftritt. 500 Hilfsprojekte in Afrika, Asien und Lateinamerika können jedes Jahr mit den Spenden aus der Sternsingeraktion unterstütz werden.

Wunsch nach Normalität und etwas Neuschnee
Auf Landecks Straßen sieht man inzwischen nicht mehr nur drei Könige von Haus zu Haus ziehen, vor der Tür Segenssprüche aufsagen und den Zuhörern eine Spendenbox hinhalten. Die Friedensbotschaft erreicht auch im Lockdown die Menschen. Kinder und Jugendliche liefern sie frei Haus. Und was wünschen sie sich vom neuen Jahr? „Dass Corona endlich vorbeigeht“, beginnt Mario. „Dass wir wieder ganz normal leben können“, ergänzt David. Lukas schaut seine Freunde an und nickt zustimmend. Dann meint er mit einem befreienden Lachen: „Und dass bei uns noch Schnee fällt – fürs Skifahren.“

Claudia Thurner, Kronenzeitung

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