Regierung dialogbereit

Handelsverband will strengere Regeln für Amazon

Digital
15.12.2020 17:51

Der stationäre Handel war heuer stark durch die Coronakrise beeinträchtigt, wohingegen der Online-Handel einen Boom gesehen hat. Hauptprofiteur war jedoch nicht der heimische E-Commerce, sondern Internetriesen wie Amazon. Um unfaire Wettbewerbsbedingungen zu unterbinden, fordern Vertreter des Handelsverbandes, der Gewerkschaft GPA und von Greenpeace erneut die Politik auf, die Regeln für Amazon deutlich zu verschärfen. Die Regierung verweist auf die bereits eingeführte Digitalsteuer und signalisiert Dialogbereitschaft.

Es könne nicht sein, dass Amazon zum großen Krisengewinner wird, sind sich der Geschäftsführer des Handelsverbandes Rainer Will, die GPA-Vorsitzende Barbara Teiber und Alexander Egit, Geschäftsführer von Greenpeace in Zentral- und Osteuropa, einig. „Die Marktmacht von Amazon nimmt mittlerweile ein ungesundes Ausmaß an, da kann die Politik nicht tatenlos zuschauen“, sagte Teiber bei einer Online-Pressekonferenz am Dienstag.

Stärkere Besteuerung von Amazon gefordert
Konkret fordern die Vertreter eine stärkere Besteuerung von Online-Konzernen wie Amazon, die keine Betriebsstätte in Österreich haben. Da aufgrund des fehlenden Firmensitzes in Österreich derzeit keine Gewinnbesteuerung möglich ist, könnte man jedoch auf eine fiktive Gewinnbesteuerung auf Basis des Umsatzes ausweichen. Teiber schlägt fünf Prozent des Umsatzes vor.

Mittelfristig betrachtet wäre es jedoch wichtig, die digitale Betriebsstätte einzuführen, mit der auch eine Gewinnbesteuerung von Unternehmen möglich wäre, die nur online in Österreich präsent sind, so Will. Die Ausgestaltung dessen werde aber noch einige Zeit dauern. Laut Berechnungen der Uni Wien brächte die Einführung einer digitalen Betriebsstätte rund 300 Millionen Euro an Steuereinnahmen für Österreich.

Kritik an Fake-Produkten auf Amazon
Weiters kritisierte der Handelsverband-Geschäftsführer das hohe Aufkommen an Fake-Produkten oder falsch deklarierten Produkten, die über den Online-Handel versendet werden. Die Schadenssumme für Österreich belaufe sich auf rund 5 Milliarden Euro. Oft kämen solche Pakete aus Asien. Dieses Problem könne nur mit stärkeren Zollkontrollen und der (EU-weiten) Abschaffung der Mehrwertsteuerfreigrenze von 22 Euro behoben werden. Zudem müsse es eine Form der Plattformhaftung im Falle von Fake-Produkten geben, so Will.

Eine Plattformhaftung müsse es außerdem für die Einhaltung der Verpackungsverordnung durch die Händler geben, um Amazon in Bezug auf den vom Konzern produzierten Verpackungsmüll stärker in die Verantwortung zu ziehen. „Wir fordern, dass die Entsorgungskosten bei Amazon über Plattformhaftung zu entrichten ist“, sagte der Greenpeace-Geschäftsführer. Weiters spricht sich Egit gegen die Vernichtung von zurückgeschickten Paketen bei Amazon aus. Rund 1,3 Millionen retournierte Pakete würden in Österreich jedes Jahr vernichtet.

Bessere Arbeitsbedingungen gefordert
Egit, Teiber und Will fordern außerdem bessere Arbeitsbedingungen für die Angestellten bei Amazon. Der Großteil der Angestellten bei dem US-Konzern seien Leiharbeiter, die auch rasch wieder entlassen werden könnten. Zudem werde betriebsrätliche Arbeit unterbunden. Teiber sprach von einem Missbrauch des Leiharbeitersystems durch den US-Konzern, den die Regierung mit stärkeren Kontrollen der arbeitsrechtlichen Standards unterbinden müsse. Zudem sollte der zulässige Anteil an Leiharbeitern in einem Unternehmen begrenzt werden sowie eine fixe Anstellung nach etwa einem Jahr Arbeit als Leiharbeiter ermöglicht werden.

Man sei wegen der geforderten Maßnahmen in ständigem Kontakt mit der Politik. Die Vertreter fordern eine rasche Umsetzung der Forderungen, die auch nicht neu wären. Die Politik dürfe sich zudem nicht darauf ausreden, dass die Maßnahmen auf EU-Ebene stattfinden müssten. Es müsse auch auf nationaler Ebene gehandelt werden, so Teiber weiter.

Amazon weist Vorwürfe aus Österreich zurück
Amazon selbst wies die Vorwürfe zu geringer Steuerzahlungen zurück. „Amazon zahlt alle anwendbaren Steuern in allen Ländern, in denen wir agieren“, heißt es in einem Statement eines Amazon-Sprechers. Auf Kritik rund um die Arbeitsbedingungen entgegnete der Online-Händler: „Tatsache ist, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Amazon bereits von exzellenten Löhne, exzellenten Zusatzleistungen und exzellenten Karrierechancen profitieren - und das alles in einer sicheren, modernen Arbeitsumgebung.“

Kogler und Blümel unterstützen Forderungen
Vizekanzler Werner Kogler ließ über Twitter wissen, dass das Signal der Handelsvertreter ernst genommen werde. „Gerne nehmen wir den Dialog zu weiteren Schritten auf“, so Kogler. Man werde den „Druck gegen Steuerverschiebungen und -vermeidung bzw. gegen jede Art von Missbrauch und Steuerbetrug“ international erhöhen, so Kogler auf Twitter.

Erfreut zeigt sich Finanzminister Gernot Blümel über den nationalen Schulterschluss im Kampf gegen die Bevorzugung internationaler Online-Konzerne. „Für die globalen Online-Giganten müssen die gleichen Regeln gelten wie für heimische Unternehmen. Wir sind mit der Einführung der Digitalsteuer europaweit Vorreiter bei der Besteuerung großer Online-Plattformen. Seit 1. 1. 2020 gilt diese erstmals und die Einnahmen entwickeln sich weit besser, als von uns erwartet.“ Die Einnahmen verwende man unter anderem für die Corona-Hilfen für die Wirtschaft. Blümel fordert alle Parteien dazu auf, sich für eine einheitliche internationale Regelung einzusetzen.

Auch SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer begrüßte die heute gestellten Forderungen des Handelsverbandes und der Gewerkschaft. Die SPÖ fordere schon seit langem, dass internationale Online-Konzerne gerecht besteuert werden.

Handel fordert 500-Euro-Shopping-Gutschein
Um dem heimischen Handel weiter auf die Beine zu helfen, fordert Will einen Shopping-Gutschein in Höhe von 500 Euro für Personen, die freiwillig an den Corona-Massentests in Österreich teilnehmen. Die „Österreich-Schecks“ würden einen Anreiz bieten, zu den Tests zu gehen und gleichzeitig den heimischen Handel wieder stärker ankurbeln.

Bereits im Frühjahr und Sommer hatte der Handelsverband aufgrund der Coronakrise ein „Helikoptergeld“ in Höhe von 500 Euro pro Person gefordert, um den Konsum in Österreich anzukurbeln. Der damalige Vorschlag war aber nicht mit einem Coronatest verbunden.

Mit dem bisherigen Weihnachtsgeschäft ist der Handelsverband-Geschäftsführer nicht zufrieden. Die erhofften Nachholeffekte seien bisher ausgeblieben.

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