260.000 Neuinfektionen

USA: Biker-Festival als Event der „Super Spreader“

Ausland
11.09.2020 10:54

Es könnte zum Inbegriff eines „Superverbreiter“-Events werden: Eine knappe halbe Million Biker aus allen Regionen der USA waren vom 7. bis 16. August in der idyllischen 7000-Einwohner-Stadt Sturgis am Fuße der Black Hills im Bundesstaat South Dakota zusammengekommen. Wie eine brisante Studie nun nahelegt, hat das Event für Motorradfahrer für eine erschreckende Zahl an Neuinfektionen in den USA gesorgt. Allerdings sind nicht alle, darunter auch die republikanische Gouverneurin von South Dakota, Kristi Noem, mit den Ergebnissen der Wissensschaftler einverstanden. Die ausgesprochene Trump-Unterstützerin Noem bezeichnete die Studie „als Fiktion und keine Wissenschaft“.

Es weist einiges darauf hin, dass das berühmte Biker-Fest vor einem Monat wohl für rund ein Fünftel aller Neuinfektionen verantwortlich ist, die im August landesweit in den USA registriert wurden. Das ist die Erkenntnis einer Studie von vier Wissenschaftlern aus Kalifornien, Colorado und Massachusetts unter dem Dach des Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit im deutschen Bonn. Das jährliche Spektakel für Harley-Davidson-Fans in Sturgis hatte heuer sein 80. Jubiläum gefeiert.

Handyortungsdaten machen Aktionsradius rekonstruierbar
Die vier Gesundheitsökonomen stützen sich bei ihrer Studie eigenen Angaben zufolge auf anonymisierte Handyortungsdaten der Firma SafeGraph, die den Aktionsradius der Sturgis-Besucher rekonstruierbar machen. Wie Videos beweisen, hatten die Teilnehmer fast durchweg auf Atemschutzmasken und Abstandsregeln verzichtet. Die Rede ist in diesem Zusammenhang von einer Bündelung vieler „Worst-Case-Szenarios“ bei dem Festival.

Den Forschern zufolge ist Sturgis für bis zu rund 260.000 Neuinfektionen verantwortlich, knapp 20 Prozent der rund 1,4 Millionen Corona-Fälle, die in Amerika allein zwischen dem 2. August und dem 2. September registriert wurden. Durch die Infektionen seien dem US-Gesundheitssystem Behandlungskosten in der Größenordnung von rund zwölf Milliarden Dollar entstanden, schlussfolgern die Wissenschaftler.

Die Studie bestätigt damit auch die Sorge von rund 60 Prozent der Einwohner von Sturgis, die sich im Vorfeld gegen die diesjährige Ausrichtung des Festivals ausgesprochen hatten: Aus Angst, das wirtschaftlich für die Region sehr wichtige Event, könnte der Warnung der US-Seuchenschutzbehörde CDC folgend ein Nährboden für sogenannte „Super Spreader“ werden.

Republikanische Gouverneurin sieht „Fiktion und keine Wissenschaft“
Das Festival und seine Corona-Nachwirkungen sind längst zum Politikum geworden: Während Gesundheitsbehörden in mindestens acht Bundesstaaten Corona-Fälle bestätigten, die sich zu dem Biker-Event nach Sturgis zurückverfolgen ließen, versucht South Dakotas republikanische Gouverneurin Kristi Noem die Studie als „Fiktion und keine Wissenschaft“ abzutun.

Die Parteikollegin von US-Präsident Donald Trump hatte angesichts der Bedenken von Anwohnern im Vorfeld des Biker-Events die Risiken für vertretbar gehalten und vor Alarmismus gewarnt. Die in der Studie genannte Zahl von 260.000 sei „völlig übertrieben und fachlich nicht haltbar“. Medien, die darüber berichteten, nannte die Republikanerin „verantwortungslos“.

Seit Beginn der Corona-Pandemie sind nach Statistiken der Universität Johns Hopkins in Baltimore mehr als 191.000 Menschen in den USA nach einer Infektion mit dem Coronavirus gestorben. Die Zahl der täglichen Neuansteckungen lag am Mittwoch bei mehr als 34.000. In absoluten Zahlen haben die USA weltweit die meisten Corona-Toten zu beklagen, nicht aber relativ zur Einwohnerzahl. In dieser Kategorie liegen die USA an siebenter Stelle. In der EU hat demnach nur Spanien mehr Tote pro 100.000 Einwohner zu beklagen.

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