Gründer aus Wien

Direktbank N26 ging gegen Betriebsratsgründung vor

Digital
13.08.2020 15:57

Die von zwei Wienern gegründete Direktbank N26 mit Sitz in Berlin versucht offenbar, die Gründung eines Betriebsrats zu verhindern: Beim Arbeitsgericht hatte das Management eine einstweilige Verfügung erwirkt, um - offiziell wegen mangelnder Hygiene - ein Mitarbeitertreffen zur Bestimmung eines Wahlvorstandes zu verhindern. In internen Mails betonte man, ein Betriebsrat verstoße „gegen fast alle Werte, an die wir glauben“.

Eigentlich sollte das Treffen der N26-Mitarbeiter in einem Berliner Bierlokal am Donnerstag und Freitag über die Bühne gehen. Durch eine einstweilige Verfügung des Arbeitsgerichts wurde jedoch zunächst nichts daraus. Der Arbeitgeber hatte das Gericht eingeschaltet - offiziell wegen mangelndem Hygienekonzept für die Mitarbeiterversammlung. Sobald ein solches vorgelegt werde, könne auch ein Wahlvorstand gewählt werden, betonte ein Sprecher der 2013 von den Wienern Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal gegründeten Direktbank gegenüber Heise.de.

Treffen doch möglich - zeitgleiches Management-Meeting
Laut einem Bericht des Fintech-Blogs „Finance Fwd“ soll es den Mitarbeitern nach Erhalt der einstweiligen Verfügung mit Unterstützung der Gewerkschaft Verdi zwar gelungen sein, trotzdem ein Treffen einzuberufen. Allerdings habe das Management zeitgleich ein eigenes Meeting angesetzt, in dem es über Möglichkeiten einer „alternativen Arbeitnehmervertretung“ diskutieren wollte. „Wir ermutigen euch alle, zum Kick-off-Event für die ‚alternative Mitarbeitervertretung‘ morgen zu kommen“, zitiert das Portal aus einer internen E-Mail von Firmengründer Stalf. Genutzt hat die Gegenveranstaltung letztlich nichts, laut jüngsten Infos konnte der Wahlvorstand am Donnerstagnachmittag trotz allem erfolgreich gewählt werden.

Ganz allgemein scheint die Gründung eines Betriebsrats bei dem Finanz-Start-up nicht gern gesehen zu werden. In einem internen Schreiben heißt es, ein Betriebsrat verstoße „gegen fast alle Werte, an die wir bei N26 glauben.“ Gründe, die gegen einen Betriebsrat sprechen, gibt es aus Sicht des Managements offenbar viele, in dem Schreiben werden mehrere aufgezählt: „Antrieb: Es verlangsamt uns. Einfachheit: Es macht unsere Zusammenarbeit komplexer und hierarchischer. Integrität: Es untergräbt eine Kultur des Vertrauens und könnte zu einem erhöhten Maß an Konfrontation führen. Exzellenz: Es ist kein zeitgemäßes Instrument des Mitarbeiterengagements und schränkt die persönliche Karriereentwicklung und Wirkung ein.“

Gewerkschaft ortet Versuch, Betriebsratsgründung zu verhindern
Im Ringen um die Gründung einer Arbeitnehmervertretung erhalten die N26-Mitarbeiter Schützenhilfe von der Gewerkschaft Verdi. Dort spricht man angesichts des Verhaltens der N26-Manager von einem „klaren Angriff auf die Bemühungen, einen Betriebsrat zu gründen“. Oliver Hauser von Verdi fügt hinzu, er habe sich vor Ort im für die Mitarbeiterversammlung gewählten Lokal davon überzeugen können, dass das Hygienekonzept ausreichend sei. Er kündigte an, die Gewerkschaft werde die Verfügung anfechten. Letztlich trat dann Verdi anstelle der N26-Mitarbeiter als Veranstalter auf, womit die Geschäftsführung keine Handhabe mehr hatte.

Das Betriebsklima bei N26 scheint aktuell nicht das angenehmste sein: Jene Mitarbeiter, die einen Betriebsrat gründen wollen, haben eigens eine Website für ihr Projekt ins Leben gerufen. Dort berichten sie, dass „Vertrauen und Zuversicht ins Management von N26 als Garanten des Wohlbefindens der Mitarbeiter ein Allzeittief“ erreicht hätten und Mitarbeiterbefragungen ein hohes Maß an Unzufriedenheit zutage gefördert hätten. Um die Situation zu verbessern, brauche man eine Institution, die ohne Druck durch das Management die Probleme diskutieren könne - also einen arbeitsrechtlich besonders geschützten Betriebsrat.

N26-Gründer übersiedelten von Wien nach Berlin
Die beiden N26-Gründer gingen im Jahr 2013 kurz nach Gründung ihres Start-ups von Wien nach Berlin. Anfang 2015 startete die Smartphone-Bank in Deutschland und Österreich, damals noch unter dem Namen Number26 und mit Nutzung der Vollbanklizenz von Wirecard. Mitte 2016 bekam das Unternehmen eine Banklizenz und benannte sich in N26 um. Die beiden Gründer sind noch an der N26-Firmenspitze, Stalf ist CEO und Tayenthal ist CFO der Online-Bank. N26 wächst rasant und hat laut eigenen Angaben derzeit mehr als fünf Millionen Kunden. Für das Geschäftsjahr 2018 meldete das Unternehmen im Februar einen Gewinn von rund 37,7 Millionen Euro.

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