„Nicht nachlassen“

Experte in Italien: „Epidemiekurve steigt weiter“

Ausland
18.03.2020 21:09

Der Höhepunkt der Epidemie ist in Italien noch nicht erreicht - davon ist jedenfalls der Präsident von Italiens Oberstem Gesundheitsinstitut ISS und Berater der Regierung in Sachen Coronavirus, Silvio Brusaferro, überzeugt. „Die Epidemiekurve steigt weiter“, so Brusaferro am Mittwoch. Einige Regionen seien zwar weniger betroffen, man dürfe sich deswegen jedoch nicht Illusionen hingeben. Indessen verzeichnete etwa Russland binnen 24 Stunden 30 Prozent mehr Corona-Fälle, auch in Frankreich und Spanien ist die Zahl der Corona-Fälle weiter deutlich gestiegen. In der Slowakei wurde derweil der erste Todesfall gemeldet. Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel appellierte in einem in ihrer Amtszeit bisher einmaligen Auftritt zur Hauptsendezeit im Fernsehen: Es kommt auf jeden an!

70 Prozent der Todesopfer in Italien sind Männer, das Durchschnittsalter liegt bei 80 Jahren. Die Altersgruppe mit der höchsten Todesrate ist jene zwischen 80 und 89 Jahren. Die meisten Todesopfer waren bereits vor der Infektion von mehreren Krankheiten betroffen, sagte der Experte bei einer Pressekonferenz in Rom.

„Wir dürfen nicht nachlassen“
Es sei wichtig, die Vorsichtsmaßnahmen streng einzuhalten, um die Verbreitung der Epidemie zu bekämpfen. „Es ist noch zu früh, um die positiven Auswirkungen der ergriffenen Maßnahmen zu sehen. Wir dürfen nicht nachlassen. Die Bedingungen zur Aufhebung der rigorosen Maßnahmen zur Epidemiebekämpfung sind jetzt noch nicht erreicht. Wir müssen vor allem die schwächeren Menschen schützen. Das ist die Herausforderung, mit der wir jetzt konfrontiert sind“, sagte Brusaferro.

Es sei wichtig, die sozialen Kontakte stark einzugrenzen. Wenn man den Zuwachs der Infektionsfälle reduziere, sei das Gesundheitswesen besser in der Lage, den Kranken die notwendige Unterstützung zu sichern. Die italienischen Behörden kontrollieren streng die Einhaltung der Vorschriften zur Eindämmung der Coronavirus-Epidemie. In einer Woche wurden 43.000 Personen wegen Verstößen gegen die Quarantäne-Vorschriften angezeigt. Insgesamt wurde über eine Million Personen kontrolliert, teilte das italienische Innenministerium am Mittwoch mit.

30 Prozent mehr Fälle in Russland in 24 Stunden
Russland meldete indessen am Mittwoch 33 Neuinfektionen mit dem Coronavirus - ein Anstieg von knapp 30 Prozent innerhalb eines Tages. Nach Angaben der russischen Gesundheitsbehörde Rospotrebnadsor haben sich damit insgesamt 147 Menschen in Russland mit dem Virus infiziert.

Bei den neuen Fällen handle es sich wahrscheinlich um Russen, die sich in den vergangenen zwei Wochen bei Reisen ins Ausland angesteckt hätten, teilte die Behörde mit. 31 Fälle wurden demnach in Moskau registriert, zwei weitere in Sibirien. Nach Behördenangaben reisten die Infizierten zwischen dem 7. und dem 13. März per Flugzeug aus Frankreich, Italien, Deutschland und Spanien nach Russland ein.

Am Dienstag hatte Präsident Wladimir Putin erklärt, die Situation in Russland sei weitgehend unter Kontrolle. Die seit Februar ergriffenen Maßnahmen hätten eine massive Ausbreitung des neuartigen Coronavirus im Land verhindert. Russland hat seine Grenzen für Ausländer bis zum 1. Mai geschlossen.

Briten schließen Schulen Ende der Woche
In Großbritannien soll der Schulbetrieb wegen der Coronakrise am Freitag eingestellt werden. Das teilte der britische Premierminister Boris Johnson am Mittwoch in London mit. Zuvor hatten auch die Regionalregierungen in Schottland, Wales und Nordirland Schulschließungen angekündigt. Die britische Regierung hatte sich mit drastischen Maßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus bisher zurückgehalten und war dafür heftig kritisiert worden. Mittlerweile verschärfte sie ihren Kurs.

Fälle in Frankreich auf über 9000 gestiegen
In Frankreich ist die Zahl der Coronavirus-Infektionen indessen erneut massiv gestiegen. Die Zahl der positiv auf SARS-CoV-2 getesteten Menschen liege bei 9134, sagte Gesundheitsdirektor Jerome Salomon am Mittwochabend. Innerhalb von 24 Stunden ist das ein Anstieg um mehr als 1400. Die Zahl der Toten ist um 89 auf 264 gestiegen. Der Zustand von 931 Patientinnen und Patienten sei ernst.

Die Hälfte der Patienten auf Intensivstationen sei jünger als 60 Jahre alt, so Salomon. Unter den Todesopfern seien sieben Prozent jünger als 65. „Jeder von Ihnen, der Masken hat, die er nicht benutzt - zögern Sie nicht, diese an Krankenhäuser, Gesundheitszentren oder Apotheken abzugeben“, sagte Salomon. Um die Ausbreitung der Coronavirus-Pandemie einzudämmen, gilt in Frankreich seit Dienstagmittag eine Ausgangssperre. Die Menschen dürfen nur noch aus dem Haus, wenn es unbedingt notwendig ist.

Fast 14.000 Infektionen in Spanien - 600 Tote
In Spanien ist die Zahl der Coronavirus-Infektionen am Mittwoch um etwa 2000 auf fast 14.000 gestiegen. Innerhalb von 24 Stunden sei die Zahl der Toten von 525 auf 598 gestiegen, teilte das Gesundheitsministerium in Madrid mit. Nach Italien ist Spanien das Land in Europa, das derzeit am stärksten von der Corona-Krise in Mitleidenschaft gezogen wird.

Am stärksten betroffen ist in Spanien die Region Madrid. Dort hatten die Behörden bis Mittwochabend mehr als 5600 Menschen gezählt, die sich mit dem Covid-19-Erreger SARS-CoV-2 infiziert haben. Die Zahl der Toten lag bei 390.

Erster Todesfall in der Slowakei
In der Slowakei ist indessen eine Patientin gestorben, die zuvor positiv auf das neuartige Coronavirus getestet worden war. Die 84 Jahre alte Frau sei aber wegen mehrerer anderer schwerer Erkrankungen behandelt worden, erklärte der sozialdemokratische Regierungschef Peter Pellegrini am Mittwoch in Bratislava.

Er wolle daher noch nicht vom ersten Corona-Opfer der Slowakei sprechen, solange nicht eine Obduktion die tatsächliche Todesursache nachweise. Das 5,4-Millionen-Einwohner-Land Slowakei verzeichnete bis Mittwochabend 105 bestätigte Infektionsfälle. Die Gesundheitsbehörden rechneten aber mit einem raschen Anstieg.

Kroatien macht Grenzen dicht und verhängt Einschränkungen
Kroatien schließt am Mittwoch ab Mitternacht seine Grenzen für Personenverkehr. Den kroatischen Bürgern wird die Heimreise ermöglicht, umgekehrt werden auch EU-Bürger in ihre Länder zurückkehren können, teilte der nationale Stab der Zivilschutzbehörde mit. Für Ausländer wird die Durchreise durch das Land unter Aufsicht möglich sein. Der Güterverkehr wird von der Grenzschließung nicht betroffen. Schon jetzt dürfen Lkw in Korridors unter Polizeibegleitung durch Kroatien fahren.

Ebenfalls ab Mitternacht wird das öffentliche Leben ähnlich wie in anderen EU-Ländern eingeschränkt. Alle öffentlichen Veranstaltungen und Versammlungen werden verboten, Hotels, Restaurants, Freizeit-, Sport- und Kultureinrichtungen geschlossen. Nur Lebensmittelgeschäfte, Apotheken. Drogerien, Bäckereien, Kioske, Tankstellen und Tierhandlungen dürfen offen sein. Die Maßnahmen bleiben voraussichtlich 30 Tage in Kraft.

Dänen sollen bei Verdacht selbst Probe entnehmen können
In Dänemark sollen sich Menschen mit Verdacht auf eine Coronavirus-Infektion künftig selbst zu Hause eine Probe entnehmen können. Menschen mit leichten Infektionen der oberen Atemwege sollten laut Gesundheitsamt nicht zum Arzt gehen, um das Gesundheitssystem nicht zu überlasten.

Um dennoch einen besseren Überblick über die Ausbreitung des Virus zu bekommen, wollen die Behörden demnach ab nächster Woche Testkits für zu Hause anbieten. Die dänischen Behörden testen derzeit täglich 700 bis 800 Menschen pro Tag auf das neuartige Coronavirus. Da die Zahl der Verdachtsfälle zugenommen hat, beschlossen die Behörden vergangene Woche, nur noch Patienten mit schweren Symptomen zu testen.

Ausgangsbeschränkungen in Luxemburg
In Luxemburg sind am Mittwoch eine Reihe von Not-Verordnungen in Kraft getreten. Bei Verstößen gegen strenge Ausgangsbeschränkungen drohten Geldstrafen, kündigte der luxemburgische Regierungschef Xavier Bettel am Mittwochabend an. Cafés oder Restaurants, die in Zukunft noch geöffnet seien, müssten eine Geldstrafe von 4000 Euro zahlen. Im Wiederholungsfall werde sie verdoppelt. Wer auf den Straßen unterwegs sei, ohne dafür einen guten Grund zu haben, werde mit einer Geldbuße von 145 Euro verwarnt.

Griechenland verbietet Versammlung mit mehr als zehn Menschen
In Griechenland sind seit Mittwoch Versammlungen mit mehr als zehn Menschen verboten. Wer sich nicht daran hält, muss bis zu 1000 Euro Geldstrafe zahlen. Das Verbot gilt sowohl für Veranstaltungen in geschlossenen Räumen als auch unter freiem Himmel. Athen bestätigte 31 weitere Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus. Damit stieg die Zahl der Infizierten in Griechenland auf 418. Bisher sind fünf Menschen daran gestorben.

Erster Covid-19-Toter auf Kuba
Auch auf Kuba gab es jetzt einen ersten Todesfall durch eine Covid-19-Erkrankung. Ein 61 Jahre alter Italiener starb in der Nacht auf Mittwoch auf der Intensivstation eines Krankenhauses in der Hauptstadt Havanna, wie das Gesundheitsministerium mitteilte. Der Patient habe auch unter Bronchialasthma gelitten. Er war einer von drei italienischen Touristen, deren Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus am 11. März als erste auf der Karibikinsel bekannt gegeben worden waren. Inzwischen wurden dort zehn Fälle bestätigt. In ganz Lateinamerika hat es bisher mindestens neun bestätigte Todesfälle in insgesamt sieben Ländern gegeben.

Israel schließt seine Grenzen
Israel hat zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie mit sofortiger Wirkung seine Grenzen für Ausländer geschlossen. Bereits seit zwei Wochen durften Ausländer nur noch einreisen, wenn sie nachweisen konnten, dass sie sich in den ersten 14 Tagen privat in Quarantäne begeben konnten. Hotels waren dafür nicht zugelassen. Nun dürfen nur noch Israelis und Ausländer mit ständigem Wohnsitz nach Israel einreisen. Nach Angaben des israelischen Gesundheitsministeriums ist das Virus mittlerweile bei mehr als 400 Menschen in Israel nachgewiesen worden. Todesfälle wurden bisher nicht erfasst.

 krone.at
krone.at
Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele