Finanzreform ist da

Obama: “Nie wieder für Fehler der Wall Street bezahlen”

Ausland
21.07.2010 20:00
US-Präsident Barack Obama hat mit seiner Unterschrift die umfassendste Finanzmarktreform seit mehr als 80 Jahren in Kraft gesetzt. "Die Amerikaner werden nie wieder für die Fehler der Wall Street bezahlen müssen", sagte Obama am Mittwoch kurz vor der Unterzeichnungszeremonie in Washington. Die Reformen seien "die stärksten Schutzmaßnahmen für den Verbraucher" in der US-Geschichte.

Bei den Regelungen stünden die Bürger und nicht die Finanzinstitute im Vordergrund, die Neuerungen seien aber auch "gut für die Wirtschaft".

Vergangene Woche hatte die Neuordnung der US-Finanzmarktaufsicht im Senat die letzte parlamentarische Hürde genommen. Das mehr als 2.300 Seiten umfassende Reformgesetz unterwirft die Finanzbranche in den USA einer schärferen Regulierung und verlangt ihr größere Transparenz ab. Die Reform sieht unter anderem die Einrichtung einer Verbraucherschutzbehörde unter dem Dach der US-Notenbank Fed vor. Zu den wichtigsten Maßnahmen zählt ein Frühwarnsystem zur Vermeidung weiterer Finanzkrisen; vorgeschrieben wird unter anderem eine bessere Kontrolle des Derivate-Handels und eine größere Transparenz und Haftung für Hedgefonds und Hypothekenhändler.

Umsetzung kann sich noch Jahre hinziehen
Viele Experten sehen das unregulierte und hochriskante Geschäftsgebaren an der New Yorker Wall Street als Ursache für die weltweite Finanzkrise. Die Umsetzung der Reform könnte aber noch Monate oder sogar Jahre dauern, weil zahlreiche komplexe Regelungen ausformuliert werden müssen.

"Diese Reformen leiten den umfassendsten Verbraucherschutz unserer Geschichte ein", sagte Obama vor der Unterzeichnung. Das Gesetz solle überdies "den Missbrauch und den Exzess" eindämmen, der beinahe das Finanzsystem habe kollabieren lassen, und zudem für Transparenz sorgen. "Dank des Gesetzes werden die Amerikaner nie wieder die Zeche für die Fehler der Wall Street zahlen müssen", sagte der Präsident. "Von Steuerzahlern finanzierte Rettungen wird es nicht mehr geben. Punkt."

Zweiter innenpolitischer Sieg Obamas nach Gesundheitsreform
Nach der Gesundheitsreform vom Frühjahr gilt die Neuordnung der Geldbranche als zweiter großer innenpolitischer Sieg von Präsident Obama in diesem Jahr. Obama rief die Regulierungsbehörden bei der Ausgestaltung der Reform auf, "wachsam" zu sein. Die Arbeit sei noch nicht vorbei. Es seien auch noch Anpassungen zu erwarten. Die Opposition hatte das Gesetz als "Job-Killer" kritisiert, weil es der Wirtschaft unnötige Lasten aufbürde. "Unternehmen werden hier Wachstumschancen versagt", sagte der republikanische Senator Richard Shelby. Die Obama-Regierung nutze die Krise aus, um die Macht des Staates auszuweiten.

Finanzminister sitzt neuem Regulierungsrat vor
Die Reform sieht einen zehnköpfigen Regulierungsrat unter Vorsitz des US-Finanzministers vor, der über mögliche Risiken für das Finanzsystem wachen soll. Zudem erhält die Regierung neue Vollmachten, zusammenbrechende Finanzinstitutionen zu übernehmen und abzuwickeln. Die Befugnis der Regulierungsbehörden wird gestärkt, große Geldhäuser in kleinere Einheiten aufzuspalten, wenn sie das gesamte Finanzsystem gefährden.

Der hochprofitable, aber risikoreiche Eigenhandel der Banken wird eingeschränkt. Geldhäuser mit staatlich versicherten Spareinlagen dürfen nur sehr begrenzt in Hedge- oder Private-Equity-Fonds investieren. Der Umgang der Banken mit komplexen Finanzinstrumenten wird schärfer reguliert. Für den Handel mit riskanteren Derivaten wie etwa aus dem Rohstoffbereich müssen die Finanzinstitute mit eigenem Kapital ausgestattete Einheiten gründen. Ein Großteil des Geschäfts muss künftig über Börsen oder Clearing-Stellen laufen.

Vorgesehen sind auch neue Regelungen für die Bezahlung von Top-Managern börsennotierter Firmen. Aktionäre sollen ein - allerdings nicht bindendes - Mitspracherecht bei den Gehältern bekommen.

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