Generalstreik

Griechen protestieren gegen Pensionsreform

Ausland
15.07.2010 17:05
In Griechenland haben am Donnerstag Beamte und Staatsangestellte mit Arbeitsniederlegungen gegen die Pensionsreform der sozialistischen Regierung protestiert. Auch der Tourismus war wieder betroffen. Unterdessen einigten sich Gewerkschaften und Arbeitgeber auf eine Nullrunde für die etwa zwei Millionen Beschäftigten in der Privatwirtschaft.

Dutzende Flüge fielen aus und zahlreiche andere verspäteten sich, nachdem auch Fluglotsen vier Stunden lang streikten. Der Luftraum über Griechenland musste vorübergehend geschlossen werden. Auch in Ministerien und anderen Behörden ruhte die Arbeit. Ärzte behandelten in staatlichen Krankenhäusern nur Notfälle.

Die Beamtengewerkschaft ADEDY protestierte damit gegen die Erhöhung des Pensionsantrittsalters von 58 auf 65 Jahre. Zudem richtete sich die Aktion gegen die Gleichstellung der Frauen im Pensionssystem, die künftig ebenfalls mit 65 Jahren in den Ruhestand gehen sollen. Im staatlichen Sektor konnten Frauen in Griechenland bisher oft schon mit 55 Jahren pensioniert werden.

Demo vor Parlament in Athen
Zu Mittag demonstrierten mehrere Hunderte Staatsbedienstete vor dem Parlament. Allerdings protestierten bei Temperaturen von fast 40 Grad weit weniger Menschen, als von den Gewerkschaften angekündigt.

Das Parlament in Athen hatte das entsprechende Gesetz grundsätzlich in der Nacht auf Donnerstag gebilligt. Am Donnerstag wurden auch die Ausführungsbestimmungen von der Volksvertretung verabschiedet. Die regierenden Sozialisten von Ministerpräsident Giorgos Papandreou verfügen über eine bequeme Mehrheit im Parlament. Für den griechischen Staat arbeiten rund 300.000 Beamte und weitere 700.000 andere Beschäftigte.

Die Griechen müssen wegen ihres hohen Budgetdefizits und der drückenden Schuldenlast bis Ende 2012 insgesamt 30 Milliarden Euro sparen. Kontrollore der Europäischen Zentralbank (EZB), der EU-Kommission sowie des Internationalen Währungsfonds (IWF) prüfen in Athen laufend die Bücher. Von ihren Berichten hängt es ab, ob Athen Finanzspritzen erhält. Die nächste Kontrolle ist Ende Juli geplant. Vergangene Woche hatte die Regierung bereits einen späteren Pensionseintritt für die Privatwirtschaft durchgesetzt.

Nullrunde im laufenden Jahr
Unterdessen verständigten sich Industrie und Gewerkschaften im privaten Sektor auf den neuen Tarifvertrag mit Kostenbremse. In den kommenden zwölf Monaten wird es keine Lohnerhöhungen geben. Ab 1. Juli 2011 und danach wieder am 1. Juli 2012 werden Lohnerhöhungen an die Inflationsrate in der Euro-Zone gekoppelt. "Wir sind nach langen Verhandlungen zu einem guten Ergebnis gekommen," erklärte sichtlich erleichtert der Präsident des Verbandes der griechischen Industrie, Dimitris Daskalopoulos. "Es ist ein Zeichen der Hoffnung, dass wir auch in diesen schwierigen Zeiten Lohnerhöhungen durchsetzen können", meinte Verhandlungsführer Vassilis Korkidis von der Gewerkschaft GSEE. Im laufenden Jahr stehe aber die Sicherung von Arbeitsplätzen an erster Stelle, fügte eine GSEE-Sprecherin hinzu.

Die erste Lohnerhöhung für die Arbeitnehmer ist im Juli 2011 zu erwarten und wird auf ungefähr 1,5 Prozent geschätzt. Eine Einigung auf Lohnzurückhaltung gilt als entscheidender Schritt, um die Wettbewerbsfähigkeit der griechischen Wirtschaft zu erhöhen. Sie ist zudem Teil der Vereinbarungen rund um den 110 Milliarden Euro schweren Rettungsschirm von EU und IWF.

Verstärktes Vorgehen gegen Steuersünder
Die schwere Wirtschaftskrise in dem von hohen Schulden geplagten Land fordert immer mehr Jobs. Im April stieg die Arbeitslosenquote auf 11,9 Prozent, das sind 2,5 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr, wie das Statistikamt mitteilte. Nur in Spanien, der Slowakei und Irland ist die Arbeitslosigkeit in der EU noch höher. Besonders schwierig ist die Lage für junge Menschen unter 24 Jahren, wo fast jeder dritte ohne Job ist. Notenbank und Experten gehen davon aus, dass die griechische Wirtschaft im laufenden Jahr um vier Prozent schrumpft.

Die griechische Steuerfahndung konnte unterdessen einen spektakulären Erfolg verbuchen: Knapp 6.000 Steuerhinterzieher wurden "auf frischer Tat" ertappt und zur Kasse gebeten. Die Beamten der Steuerfahndung hatten sich in den vergangenen drei Monaten vor bekannte Nachtclubs gestellt und sich die Kennzeichen von Luxusautos notiert. Bei der Kontrolle wurde festgestellt, dass die Besitzer der Autos in mehreren tausend Fällen Jahreseinkommen von weniger als 10.000 Euro angegeben hatten. Manche kassierten sogar Sozialhilfe.

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