Knapp einen Monat vor der vorgezogenen Parlamentswahl in Großbritannien hat die oppositionelle Labour-Partei kostenloses Breitbandinternet für jeden Haushalt versprochen. Es sei an der Zeit, dass es „in jedem Haus in diesem Land“ einen kostenlosen Glasfaser-Breitbandanschluss gebe, sagte Parteichef Jeremy Corbyn am Freitag. Um das Vorhaben umzusetzen, will Labour einen Teil der britischen Telekom BT verstaatlichen.
„Das Internet ist zu so einem zentralen Teil unseres Lebens geworden. Was einst ein Luxus war, ist jetzt eine wesentliche Notwendigkeit“, sagte Corbyn. Internet per Glasfaser müsse deshalb zur „öffentlichen Dienstleistung“ werden. Kostenloses und schnelles Internet für alle würde das „Land verändern, die Rechnungen der Menschen senken, unsere Wirtschaft voranbringen und die Lebensqualität der Menschen verbessern“, so der Oppositionsführer. Die Einsparungen durch den kostenlosen Dienst für eine Person würden laut Labour durchschnittlich 30,30 Pfund (rund 35,40 Euro) im Monat betragen.
„Fantasie-Plan“
Die regierenden Tories von Premierminister Boris Johnson kritisierten das Wahlversprechen als „Fantasie-Plan“. Digitalminister Nicky Morgan warnte, dass eine „faktische Verstaatlichung“ der Breitbanddienste der BT Milliardenkosten bei „hartarbeitenden Steuerzahlern“ verursachen würden.
Der Branchenverband TechUK nannte die Idee „grundlegend fehlgeleitet“. Eine Teilverstaatlichung der Telekom wäre dem Lobbyverband zufolge eine „Katastrophe“ für die Branche und würde die schnell wachsende Digitalwirtschaft im Vereinigten Königreich empfindlich treffen.
BT: „Sehr, sehr ehrgeizige Pläne“
Laut Labour würde der Breitbandausbau einmalig 20,3 Milliarden Pfund kosten. Die jährlichen Kosten würden sich demnach auf 230 Millionen Pfund belaufen. Zur Finanzierung sollten die Steuern für Internetkonzerne wie Google, Amazon und Facebook angehoben werden. „Das sind sehr, sehr ehrgeizige Pläne“, sagte BT-Chef Philip Jansen der BBC. Auch die Konservativen unter Johnson hätten Pläne zum Ausbau eines landesweiten Glasfasernetzes bis 2025.
BT wurde unter der Regierung der Konservativen Margaret Thatcher 1984 privatisiert. Die Wurzeln des Konzerns gehen auf eine Telegraphen-Firma von 1846 zurück.
Konservative in Umfragen vorn
Labour hat im Wahlkampf bereits die Verstaatlichung zahlreicher Betriebe gefordert, darunter die Eisenbahn und die Post. Zudem fordert die Partei eine Verringerung der Arbeitszeit auf 32 Stunden. Im Gegenzug will sie die Steuern für Reiche anheben. Umfragen sehen allerdings die konservativen Tories vorn. In einer am Dienstag veröffentlichten YouGov-Umfrage kam Johnsons Partei auf 42 Prozent Zustimmung, Labour nur auf 28 Prozent.
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