Weihnachten hinter Gittern: Ein 23-jähriger Mühlviertler sitzt in U-Haft – er soll im Vorjahr im Haselgraben absichtlich ein Auto gerammt haben, um den Lenker sterben zu sehen. Er war deswegen bereits wegen eines Fahrlässigkeitsdelikts verurteilt worden. Solche Wiederaufnahmen von abgeschlossenen Verfahren sind sehr selten.
Seit 12. Dezember sitzt ein 23-Jähriger aus Alberndorf (Bezirk Urfahr-Umgebung) in Untersuchungshaft. Gegen ihn wird – wie von uns berichtet – wegen des Verdachts des Mordes und des Mordversuchs ermittelt. Der junge Mühlviertler hatte am 21. Oktober 2024 im Haselgraben den Wagen eines Linzers (58) gerammt. Dieser starb im Krankenhaus, seine Beifahrerin (34) überlebte schwer verletzt. Der junge Unfallverursacher kam zunächst mit einer Geldstrafe wegen fahrlässiger Tötung davon. Doch als er wegen eines Suizidversuchs im Neuromed Campus behandelt wurde, wendete sich das Blatt. Der Verdächtige soll dort gegenüber seiner Therapeutin sowie anderen Personen angegeben haben, den Unfall bewusst verursacht zu haben, weil er einen Menschen sterben sehen wollte.
Massive Gewaltfantasien
Laut Insidern leidet er unter massiven Gewaltfantasien, wird wörtlich als „wandelndes Pulverfass“ beschrieben. Es sei zu befürchten, dass er jederzeit jemandem weiteren Schaden zufügen könne.
Dies wurde der Justiz gemeldet, die nun einschritt. Zunächst stellte das zuständige Bezirksgericht einen formellen Wiederaufnahmeantrag, dem auch stattgegeben wurde.
Bisher schweigt der Beschuldigte zu den Vorwürfen
Der Beschuldigte wurde in Untersuchungshaft genommen, da von einer erhöhten Gefährlichkeit ausgegangen wird. Die Staatsanwaltschaft Linz hat ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag gegeben. Das Ergebnis wird spannend, denn bisher schweigt der Beschuldigte zu den Vorwürfen. Im ersten Verfahren hatte es nur ein Kfz-Gutachten gegeben.
Wiederaufnahmen sind immer schwierig. Im Fall der Tanzlehrerin in Gmunden gab es mehrere Versuche, die aber alle im Sand verliefen.

Rechtsexperte Alois Birklbauer
Bild: Michaela Obereigner
Wiederaufnahme ist eine juristische Rarität
Auch interessant: Dass Verfahren wieder aufgenommen werden, ist eine juristische Rarität, wie Alois Birklbauer, Leiter der Abteilung für Praxis der Strafrechtswissenschaften und Medizinstrafrecht an der Linzer Kepler Uni, erklärt: „Solche Wiederaufnahmeverfahren sind generell sehr selten. Es gibt zwei Varianten: einerseits Verfahren zugunsten der Beschuldigten, wie es beispielsweise bei Tibor Foco der Fall war, der allerdings nie zum Prozess auftauchte.“ Der Linzer Zuhälter Foco war 1987 als Prostituiertenmörder verurteilt worden, das Urteil aber aufgehoben und das Verfahren neu aufgenommen worden.
Ohne neue Anhaltspunkte geht es nicht
Die zweite Variante der Wiederaufnahme ist zulasten des Beschuldigten – wie im aktuellen Fall. „Dazu sind aber völlig neue Anhaltspunkte, sprich Tatsachen, nötig, die im Erstverfahren noch nicht zur Verfügung gestanden sind“, sagt Birklbauer. Und: Für eine Wiederaufnahme muss ein deutlich höherer Strafrahmen vorliegen. Das ist bei dem Mühlviertler so.
Die Entscheidung, ob eine Wiederaufnahme beantragt wird, fällt das Erstgericht – wohl der Grund, warum diese so selten ist.
Ich war ein junger Reporter – das ist zugegebener Maßen schon ein Weilchen her –, da saß ich viele Stunden im Landesgericht Ried im Innkreis. Es ging um ein Wiederaufnahmeverfahren. Der Angeklagte hatte seinen Schwiegervater ins Jenseits befördert, war im ersten Verfahren mit einer Fahrlässigkeit davongekommen. Doch später zerstritt er sich mit seiner Frau, die ihn daraufhin anzeigte. Er habe im Streit zugegeben, ihren Vater ermordet zu haben.
Der Angeklagte bekam damals zwölf Jahre aufgebrummt. Sein Gesichtsausdruck bei der Urteilsverkündung wird mir unvergesslich bleiben.
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