Nicht weniger als 2,8 Promille hatte der Beschuldige, als er zur Waffe gegriffen hatte. Was bei Durchschnittsmenschen wohl eine mittlere Alkoholvergiftung hervorgerufen hätte, reichte – laut Zeugenaussagen – beim Verdächtigen gerade mal dafür, dass er eine Fahne hatte. Sonst aber weder schwankte noch lallte. Ja, er war sogar 17 Kilometer mit dem Auto von seinem Haus ins Gericht gefahren. Problemlos, wie er sagt.
Verdächtiger fühlte sich ungerecht behandelt
Tödlich getroffen wurde Silvia Mestnik (42), eine Rechtspflegerin, die an diesem Tag zur falschen Zeit am falschen Ort war. Denn der mutmaßliche Schütze war auf der Suche nach "seiner" Richterin, die ihn seiner Meinung nach "falsch und ungerecht" geschieden hatte. Auf sie wollte er eigentlich schießen, weil er "so einen innerlichen Hass" gehabt hätte. Auf ihre Beine – so wie sie ihm mit ihrem Urteil den Boden unter den Füßen weggezogen hätte. Doch die Richterin verhandelte – was ihm Silvia Mestnik schlicht und einfach nur mitteilte. Und dafür sterben musste.
Im Gespräch mit Gerichtsgutachter Primarius Werner Brosch zeigte sich dann, dass genau diese Richterin auch in einer völlig anderen Sache – es ging um den Streit mit einem Handwerker – Recht sprach. Womit der streitbare vierfach geschiedene Verdächtige ebenfalls nicht einverstanden war. Er fühlte sich dadurch "verfolgt", nannte das Gericht Hollabrunn einen "Weiberstadl".
Beschuldigter: "Habe etwas Schlimmes gemacht"
Bewusst sei ihm aber nun, dass er "dieses Mal berechtigt angeklagt wird", da er "etwas Schlimmes" gemacht habe. Er könne diese unschuldige Frau nicht mehr lebendig machen und das tue ihm sehr leid.
Fazit: Trotz Alkoholkonsum ist der mutmaßliche Todesschütze zurechnungsfähig. Wann es zu dem Prozess kommen wird, steht noch nicht fest.
von Gabriela Gödel, Kronen Zeitung
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